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Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Wunschkonzert: Roman (German Edition)

Titel: Wunschkonzert: Roman (German Edition)
Autoren: Anne Hertz
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selbst im Weg zu stehen! Und ausgerechnet bei der einen Sache, die ihr so ungeheuer wichtig ist! Du bist doch in Tim verliebt, jetzt hör endlich auf mit dem Gezicke!« Sie starrt mich böse an.
    »Aber Lu–«, beginne ich in einem letzten Versuch, mich aus der Situation herauszuwinden.
    »Du willst doch hier nicht klein beigeben wegen eines Mädchens, dessen Name klingt wie der von einer Comicfigur?«, herrscht Miriam mich an. »Über die kannst du dir Gedanken machen, wenn es so weit ist! Das hab ich dir schon tausendmal gesagt!« Ohne weiteren Widerspruch abzuwarten, greift sie nach meiner Hand und zerrt mich hinter sich her. »So, ich bringe dich widerspenstiges, störrisches Etwas jetzt höchstpersönlich zur Reeperbahn. Ist ja alles nicht zum Aushalten, das!«
     
    Zwanzig Minuten später betreten wir zusammen mit Tobias durch einen Seiteneingang den Club auf der Reeperbahn. Noch bevor ich die Bühne sehe, erkenne ich den Song, den die Jungs gerade spielen.
Gegen die Zeit,
eine meiner Lieblingsnummern. Aber schon nach wenigen Tönen merke ich, dass Tobias recht hat: Tims Stimme klingt irgendwie hohl und abwesend, als wäre er tatsächlich nicht richtig bei der Sache. Es versetzt mir einen kleinen Stich, denn das wird auch dem Publikum auffallen.

    Gegen die Zeit (00:27)
    Audio: Gegen die Zeit (00:27)
     
    Wir gehen durch den Backstagebereich zum rechten Abschnitt vor der Bühne. Hier steht die gesamte World-Records-Truppe versammelt: Hilde, Natascha, Oliver, Robert, Mareike, Oberarsch Martin und meine anderen Ex-Kollegen. Und natürlich David Dressler. Sie alle wirken ziemlich angespannt, in einigen Gesichtern zeichnet sich deutliche Unzufriedenheit ab, Hilde wirkt regelrecht niedergeschmettert. So etwas habe ich bereits mehrfach gesehen – und zwar immer dann, wenn ein neuer Act seine Bewährungsprobe hatte. Und allen relativ schnell klar war, dass er floppen würde.
    »Leute! Seht mal, wer hier ist!«, ruft Tobias laut. Meine Ex-Kollegen drehen sich zu ihm um. Sofort richten sich alle Blicke auf mich, was mir sehr, sehr unangenehm ist. Über einigen Köpfen kann man glatt ein Fragezeichen aufleuchten sehen, Martin Stichler hingegen guckt – wie ich befriedigt feststelle – böse bis entsetzt und stürzt sofort auf Tobias zu, den er mit den Worten »Was soll denn das? Was macht die hier?« beim Arm packt und zur Seite zerrt. Nur Hilde lächelt mich freundlich an. Und David Dressler, der mir mit einer Geste bedeutet, zu ihm direkt vor die Bühne zu kommen. Ich zögere. Miriam gibt mir einen Schubs.
    »Nun geh schon! Oder ich prügele dich eigenhändig dahin!«
    Ich gehorche und gehe zu meinem ehemaligen Boss. In der Zwischenzeit haben die Reeperbahnjungs mit
Fortsetzung folgt
einen neuen Song angestimmt.

    Fortsetzung folgt (00:29)
    Audio: Fortsetzung folgt (00:29)
     
    »Eine schöne Überraschung, dich hier zu sehen«, flüstert David Dressler mir zu, als ich neben ihm stehe. »Läuft ganz okay, aber leider nicht überragend.«
    Ich höre ihm gar nicht richtig zu. Denn als ich direkt vor der Bühne stehe, kann ich nichts anderes tun, als Tim anzustarren, der mit seiner Gitarre um den Hals am Mikrofon steht und singt. Er hat die Augen geschlossen, und wohl zum etwa tausendsten Mal fällt mir auf, wie gut er aussieht. Wie immer in Jeans und kragenlosem Longsleeve, über dem er eine Weste trägt. Wie immer mit Dreitagebart. Seine Haare sind heute verwuschelter als sonst, er hat sie offenbar wachsen lassen, was aber alles andere als schlecht aussieht. Nur sein Gesang – da stimmt wirklich irgendetwas nicht. Er berührt mich nicht, klingt teilnahmslos. Ich schlucke. So hatte ich mir das nicht vorgestellt, so nun wirklich nicht.
    Während ich einen verzweifelten Versuch starte, Tim per Telepathie Mut zuzusprechen, öffnet er mit einem Mal die Augen, sieht mich direkt an – und verhaspelt sich im Text. Ich kann es kaum glauben, und vielleicht liegt es ja auch daran, dass es im Club ziemlich dunkel ist, aber plötzlich scheint er über das gesamte Gesicht zu strahlen. Ein fast erleichternd wirkendes Lächeln spielt um seine Lippen, während er nicht aufhört, mich anzusehen – womit er allerdings aufhört, ist das Singen! Tim gibt der Band ein Zeichen, dass sie den Song abbricht. Die Musik verstummt, ein überraschtes Raunen geht durch den Saal. Nein, eigentlich vermute ich nur, dass es so ist, denn ich höre nichts. Ich sehe auch nichts mehr um mich herum. Ich versinke nur in Tims Blick und er in
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