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Wuensch dir was

Wuensch dir was

Titel: Wuensch dir was
Autoren: Adena Halpern Ursula C Sturm
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da so zusammengesunken auf dem Tisch lag, aber ich war so geschockt von dem Anblick, dass ich eine Sekunde lang dachte: Vielleicht schmeckt ihm ja der Krautsalat so gut … Keine Ahnung, wie ich darauf kam, obwohl der Krautsalat in der Tat sehr lecker war. Dann sprang ich auf und schrie aus voller Kehle:

    »HOWARD!«
    Sämtliche Anwesenden verstummten. Am Nebentisch saßen zwei sympathisch aussehende Männer um die dreißig in T-Shirts und beigefarbenen Hosen, die zum Glück blitzschnell reagierten. Sie waren mir schon vorher aufgefallen, weil sie beide recht attraktiv waren, so dass ich mich unwillkürlich gefragt hatte, ob sie wohl Filmschauspieler waren. Nun richtete der eine Howard auf und bettete ihn auf die Sitzbank (zum Glück hatte Howard darauf bestanden, in einer der Boxen zu sitzen, sonst hätte man ihn bestimmt auf den schmutzigen Boden gelegt). Der andere junge Mann rief derweil den Notarzt, während ich mich an die Kellnerin klammerte und das Gesicht an ihrer Brust vergrub, obwohl ich sie überhaupt nicht kannte. Ich hätte ihr eine Dankeskarte schicken oder ihr zumindest ein ordentliches Trinkgeld dalassen sollen. Jedenfalls war der arme Howard, als der Notarzt eintraf, bereits dahingeschieden, und ich musste mir überlegen, wie er zurück nach Philadelphia transportiert werden sollte. Sie können sich nicht vorstellen, wie kompliziert es ist, eine Leiche zu überführen, vor allem, wenn man ohnehin völlig von der Rolle ist. Auf dem Rückflug stand der Sarg im Bauch der Maschine, und ich saß oben und hatte meine Handtasche auf den Platz gestellt, auf dem Howard hätte sitzen sollen. Ich fragte mich, ob das womöglich pietätlos war; ob ich den Platz zum Gedenken an Howard lieber hätte leer lassen sollen, aber ich brauchte meine Handtasche, damit
ich die Taschentücher griffbereit hatte, weil ich nicht aufhören konnte zu weinen.
    Ich weinte nicht nur, weil gerade mein Ehemann gestorben war, den ich geliebt hatte, obwohl er gar nicht der Richtige für mich gewesen war, sondern auch, weil sich Howard immer um alles gekümmert hatte. Ich hatte ihn sämtliche organisatorische Angelegenheiten regeln lassen, wie ich es von meiner Mutter gelernt hatte. Ich hatte mich entspannt zurückgelehnt, während er hinter der Bühne dafür gesorgt hatte, dass alles seinen geregelten Lauf nahm. Wie sollte ich ohne ihn klarkommen? In diesem Augenblick bereute ich mein Leben zum ersten Mal so richtig, und bei dem Gedanken an meine Hilflosigkeit flossen die Tränen jedes Mal erneut in Strömen. Zum Glück hatte ich Barbara und Danny. Barbara war so geistesgegenwärtig, ein Bestattungsunternehmen anzurufen, das sich um Howards Rückführung kümmerte. Ich war heilfroh, dass Barbara für mich da war, wenn ich sie brauchte, was ich ihr gegenüber jedoch nie und nimmer zugegeben hätte. Barbara gehörte nämlich zu den Menschen, die in der Lage waren, solche Komplimente später als Waffe einzusetzen.
    Howard fehlte mir wirklich sehr. Mehr als ich gedacht hatte (aber bitte nicht weitersagen, ja?). Wir waren über fünfzig Jahre verheiratet gewesen. Dabei hatten wir nicht das Geringste gemeinsam, als wir heirateten, aber damals ging es einfach darum, einen Menschen zu finden, mit dem man eine Existenz
gründen konnte. Und das taten wir. Unser Leben war nicht perfekt, aber was ist schon perfekt? Wenn mich allerdings jemand gefragt hätte, ob Howard meine große Liebe war, dann hätte ich ehrlicherweise antworten müssen: nein. Wer war meine große Liebe? Es war leider zu spät, das herauszufinden. Barbara fand, ich sollte mich wieder mit Männern verabreden. Mit wem denn, bitte schön? Hershel Neal machte mir schöne Augen, seit ich hier eingezogen war. Er lud mich ständig zu sich ein, damit wir uns gemeinsam seine Chopin-Platten anhörten, aber ich gab ihm immer einen Korb. Was sollte ich mit noch einem gesundheitlich angeschlagenen Mann, der jederzeit tot umfallen könnte? Nein, danke, einmal reichte mir.
    Howard hatte hart gearbeitet, aber er erlaubte sich dafür auch einiges. Er hatte so manche Affäre in all den Jahren. Er muss mich für ziemlich dumm gehalten haben, wenn er wirklich dachte, es würde mir nicht auffallen, dass seine Hemden nach Parfüm rochen. Nahm er etwa ernsthaft an, ich würde ihm glauben, wenn er behauptete, er müsste am Freitagabend länger arbeiten?
    Als Danny und Barbara noch klein waren, wollte ich ihn deswegen verlassen. Ich hätte am liebsten meine Sachen gepackt und wäre mit den Kindern
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