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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
Autoren: Brockhaus
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Mitte einen Hof einschlossen. In überdachten Galerien waren die teureren Plätze untergebracht. Eine etwa 80 Quadratmeter große Bühne schob sich in den Zuschauerraum hinein. Im Hof gab es die billigen Stehplätze, dort wurden während der Vorstellung Äpfel, Getränke und Ähnliches verkauft. Es gab keine Kulissen und keinen Vorhang; die Schauspieler trugen nach beendeter Szene die Requisiten selbst hinaus. Entsprechend spartanisch fielen diese aus: Ein Bäumchen stand für einen Wald, ein Stein für eine Felswand, und um der Fantasie der Zuschauer nachzuhelfen, zeigte ein Zettel den Ort der Handlung an.
    Die Komödien gingen witzig und lässig mit der Sprache und der Dramaturgie um. Aus ganz anderem Holz hingegen waren die Tragödien geschnitzt: Die Zahl der Leichen war in diesen Schauerdramen meist höher als die Zahl der Schauspieler, sodass sich diese in mehreren Rollen umbringen lassen mussten. Die Veranstalter von Bärenhatzen und Hahnenkämpfen – auch recht blutrünstige Ereignisse – beschwerten sich über die lästige Konkurrenz.
    In diesem Umfeld begann William Shakespeare mit 27 oder 28 Jahren, selbst Stücke zu schreiben. Sein erstes bekanntes Stück ist das Königsdrama »Heinrich VI.«, das 1589 bis 1591 entstand. Shakespeare hat für dieses Stück unbedenklich bei den zeitgenössischen Autoren Marlowe, Greene und Chapman abgeschrieben. Robert Greene schimpfte damals empört: »Er ist eine aufstrebende Krähe, die sich mit unseren Federn schmückt …« Das Stück schildert die Begebenheiten um Jeanne d’Arc, das Leben des gutmütigen, unglücklichen und leicht geistesgestörten Königs Heinrich VI. sowie den Ausbruch und die ersten Schlachten der Rosenkriege. Die Karikatur der Jeanne d’Arc ist derart plump, dass man zu Shakespeares Gunsten annimmt, er habe sie aus einer Vorlage übernommen. Gespenster erscheinen im Stück und es wird unbekümmert gemordet. Dieses frühe Drama steht also noch ganz in der Tradition der Zeit. Ein weiteres Stück dieser frühen Schaffensperiode – »Titus Andronicus« – zeigt ganz ähnliche Züge.
    1593 widmete Shakespeare sein Versepos »Venus und Adonis« Henry Wriothesley, dem Grafen von Southampton. Southampton war ein Mäzen, dem auch die zeitgenössischen Poeten Markham, Barnes und Daniel ihre Werke widmeten. Sein Bibliothekar Giovanni Florio sammelte italienische Novellen, die Shakespeare als Vorlage für seine Stücke verwendete, worüber Florio recht erbost war. Tatsächlich benutzte Shakespeare für seine Stücke meistens irgendwelche Vorlagen, die er aber stark veränderte. Die Vorlage für »Romeo und Julia« beispielsweise war ein episches Gedicht von Arthur Brooke. Bei Brooke ist die Handlung langatmig und bürgerlich-puritanisch dargestellt und zieht sich über vier Monate hin. Shakespeare lässt sie auf fünf Tage zusammenschrumpfen und gibt ihr die Dynamik, die bei Brooke fehlt.
    William Shakespeare machte in London schnell Karriere. Er war Mitglied der Schauspielertruppe »The Lord Chamberlain’s Men«, schrieb Stücke und wurde wohlhabend. 1596 konnte er den Rang eines Gentleman und ein Wappen für seinen Vater erwerben, 1597 kaufte er sich New Place, das stattlichste Haus in Stratford. Die frühen Stücke Shakespeares, die in dieser Zeit zwischen etwa 1589 und 1596 entstanden, lassen noch literarische Vorbilder erkennen (Marlowe, Lyly, Greene) und die Figuren sind noch nicht genug in den Gang der Handlung eingebunden.
    Trotzdem ist bereits in diesen Arbeiten die Meisterschaft Shakespeares unverkennbar. In den Dramen der Renaissancezeit gab es keine charakterisierten individuellen Personen, sondern viel eher immer wiederkehrende, schematisierte Charaktere, wie beispielsweise den intriganten Höfling oder den Über-alles-Verliebten. Shakespeares Charaktere dagegen sind von Anfang an erkennbare Individuen, auch wenn er es noch nicht vermag, sie ganz so komplex darzustellen wie in seinen späteren Werken. Zu den frühen Werken gehören die Komödien: »Die Komödie der Irrungen«, »Die beiden Veroneser«, »Der Widerspenstigen Zähmung«, »Verlorene Liebesmüh« und »Ein Sommernachtstraum«. Zugleich entstanden die Historiendramen »Heinrich VI.«, »Richard III.«, »König Johann« und »Richard II.« sowie die Tragödien »Titus Andronicus« und »Romeo und Julia«.
    DIE ZWEITE SCHAFFENSPHASE
    Während in den frühen Stücken Shakespeares die Spannung durch die äußerliche Handlung erzeugt wurde, kommt sie jetzt aus den inneren
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