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Wollust - Roman

Wollust - Roman

Titel: Wollust - Roman
Autoren: Faye Kellerman
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kein Klavier. Er war so in seine Lektüre versunken, dass er nicht hörte, wie sein alter Herr sich räusperte, bis er schließlich richtig verärgert klang. Gabe
blickte auf und setzte sich wieder an den ersten Tisch. »Alles klar?«
    »Besorg mir noch einen Kaffee. Groß.«
    »Klar.«
    Als Gabe mit dem zweiten Becher zurückkam, sortierte Chris gerade die Unterlagen und packte sie wieder in den Umschlag. »Das sieht alles gut aus. Ich nehme die Papiere mit zu meinem Anwalt. Mal schauen, wie wir dann weiter vorgehen.« Chris sah Gabe an. »Weißt du, wo deine Mutter ist?«
    »Müsste ich raten, würd ich wegen des Autobesitzers auf Indien tippen. In ihrem Brief sagt sie auch, sie sei weit weg. Ich hab eine Kopie davon in den Umschlag gelegt.«
    »Das habe ich gesehen. Und ja, sie ist in Indien. In Uttar Pradesh, um genau zu sein.« Chris legte einige Fotos auf den Tisch.
    Gabe ging die Schnappschüsse durch. »Wann hast du sie gefunden?«
    »Vor Monaten.«
    »Und du hast mir nichts gesagt?«
    »Du wusstest, dass sie am Leben war. Welchen Unterschied hätte es gemacht?«
    Das stimmte. Er starrte auf die Fotos. »Mann, sie platzt gleich.«
    »Sie ist bereits geplatzt.« Er zog ein letztes Foto aus der Tasche. »Darf ich dir deine Schwester vorstellen?«
    Das Neugeborene war rund und knuddelig mit einem schwarzen Haarschopf. »Wo hast du das her?«
    »Geht dich nichts an.«
    Gegen seinen Willen musste er lächeln. Babys waren einfach niedlich. Keine Eifersucht, denn seine Mom war für ihn sowieso verloren. »Macht es dir was aus, wenn ich es behalte?«
    »Nur zu. Für mich ist sie bloß ein kleiner Bastard. Dich scheint das alles nicht zu überraschen. Hat sie dir noch einen Brief geschickt?«

    »Wenn ja, hätt ich dich angerufen.« Er sah in die leeren blauen Augen seines Vaters. »Sie hat nur dieses eine Mal mit mir Kontakt aufgenommen. Seitdem hab ich keinen Mucks mehr von ihr gehört.« Gabe rückte seine Brille zurecht. »Decker hat sich zusammengereimt, sie sei wohl schwanger, und dass das der Grund dafür sei, warum sie so schnell abgehauen ist.«
    »Hat sie ihm das erzählt, als sie ihn damals getroffen hat?«
    »Nein. Er hat’s erst später vermutet.«
    »Und du glaubst ihm?«
    »Decker hat sich echt abgestrampelt, um nach Mom zu suchen. Das hätte er nicht getan, wenn er gewusst hätte, dass sie regelrecht verschwinden wollte.«
    Donatti dachte darüber nach und entschied, dass das der Wahrheit entsprach. »Wie ist Decker so?«
    »Es sind nette Leute, und sie sind nett zu mir. Mir geht’s gut, falls du das wissen willst.«
    »Decker hat es sich also zusammengereimt.« Donatti trommelte auf dem Tisch herum. »Deine Mom konnte deine Herkunft als Bastard vor mir verschleiern, aber mit einem indischen Baby war so eine Täuschung kaum möglich.«
    Gabe schnappte nicht nach dem Köder. »Weiß Mom, dass du über sie Bescheid weißt?«
    »Noch nicht.«
    »Was hast du also vor?«
    Donatti zuckte mit den Achseln. »Gabriel, ich habe so ziemlich alles in Erwägung gezogen, von Nichtstun bis ›kill die Schlampe‹.«
    »Und?«
    »Im Endeffekt interessiert es mich nur noch einen Scheiß.« Donatti holte eine Schachtel Zigaretten hervor und zündete sich eine an. »Das stimmt nicht. Es interessiert mich sehr wohl. Aber nicht genug, um mein Leben zu ruinieren, obwohl
ich damit durchkommen könnte. Ich würde sie gerne töten, ich will bloß nicht, dass sie tot ist.«
    »Du hast mich zwar nicht um meine Meinung gebeten, aber ich halte Nichtstun für eine sehr weise Entscheidung.«
    »Außerdem ist meine Rache perfekt. Sie ist in Indien …« Donatti lächelte, und es war kein nettes Lächeln, »… aber du bist hier.«
    »Na und? Sie schert sich einen Scheißdreck um mich.« Er sagte das mehr zu sich selbst als zu seinem Vater. »Wenn’s anders wär, hätte sie mich mitgenommen.«
    »Oh nein, nein, nein, nein.« Donatti wackelte mit dem Finger. »Sie hat es nicht gewagt, dich mitzunehmen. Vielleicht würde ich sie ziehen lassen – es gibt jede Menge Frauen auf dieser Welt –, aber, Bastard hin oder her, du bist immer noch mein einziges Kind. Hätte sie dich mitgenommen, hätte das ihr Todesurteil besiegelt.«
    Er drückte seine Zigarette aus und zündete sich die nächste an.
    »Ich kenne deine Mutter sehr gut. Sie hat sich ein kleines Bastard-Mädchen angeschafft, aber ihr echtes Baby sitzt hier bei mir. Sie leidet furchtbare seelische Qualen, und das wiederum macht mich glücklich.« Er stand auf. »Los
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