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Wolfstraeume Roman

Wolfstraeume Roman

Titel: Wolfstraeume Roman
Autoren: Alisa Sheckley
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entgegenkam. Im Gegensatz zu mir schien sie beinahe jeden im Institut zu kennen. »Pia besitzt allerdings keinen Killerinstinkt. Wenn man sie in eine Frau verwandelt, würde sie Knox vermutlich hündisch ergeben sein und überallhin folgen.«
    »Das bringt mich auf eine Idee«, erklärte ich. »Vielleicht sollten wir wirklich die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Mad Mal Wermenschen erschafft. Schau dir nur Ofer und seine Monobraue an. Und was ist mit Sam? Du kannst mir doch nicht weismachen, dass seine DNS rein menschlich ist.« Lilliana lachte. Ich zögerte, bevor ich meine Hand auf ihren Arm legte. »He, Lilli. Tut mir leid, wenn ich dich vorhin beleidigt haben sollte... als ich Knox gefragt habe, warum er dich ausgewählt hat, meine ich.«
    Wir blieben vor der Tür zu Station B stehen. Sie blickte mich an. »Keine Sorge, ich war nicht beleidigt. Ich hab schon verstanden, worauf du hinauswolltest. Aber was
hältst du eigentlich von dieser ganzen Unwolf-Geschichte?«
    »Ich glaube, Mad Mal macht einen auf Genie und Wahnsinn. Seien wir doch ehrlich: Unerwartete Verbindungen herzustellen, zeigt entweder, dass du ein Genie bist – oder dringend ein paar Psychopharmaka bräuchtest. Wenn man wirklich glaubt, dass sich Menschen in Wölfe verwandeln können, dann scheint mir die Tendenz eher in Richtung Wahnsinn zu gehen.« Ich schob den Kartenschlüssel, den ich um den Hals trug, in einen Schlitz neben der Tür zu Station B. Sie ging mit einem Klicken auf. »Meinst du nicht auch, Pia?«
    Die Hündin legte ängstlich die Ohren an und versuchte, so weit wie möglich im hinteren Teil ihres Käfigs zu verschwinden. Pia war das reine Gegenteil davon, wie sich die meisten einen Wolf und somit auch einen Wolfshund vorstellen: gefährlich berechnend und mit einem herausfordernd intelligenten Blick. Unsere Patientin gehörte zu den scheuesten, unterwürfigsten Hunden, die ich je erlebt hatte. Es war schwierig gewesen, sie überhaupt in ihren Käfig zu lenken. Dort kauerte sie jetzt zwischen Brownie, dem Schokolabrador, und dem Bouvier Duncan, der es geschafft hatte, sich eine Gabel in den Lefzen zu rammen, als er sich auf das Steak seines Besitzers stürzen wollte.
    Duncans Käfig war leer. Doch Brownie begrüßte uns mit freundlich wedelndem Schwanz, wie das für Labradore typisch ist. Pia hingegen vergrub ihren langen schmalen Kopf zwischen den Vorderpfoten und beobachtete uns ängstlich aus ihren gelben Augen.
    Ich hatte Yorkshireterrier erlebt, denen mehr Mumm in den Knochen steckte als Pia. Malachy Knox zufolge lag
ihre Schreckhaftigkeit daran, dass die meisten Wölfe keine Alphatiere waren. Holte man ein Wolfsjunges aus einem Wurf heraus, um es einmal mit einem Hund zu kreuzen, so bestand eine recht hohe Wahrscheinlichkeit, dass man ein unterwürfiges Tier auswählte.
    Ich ging vor Pias Käfig in die Hocke und streckte ihr meine Hand hin, um sie daran schnüffeln zu lassen. Ihr Fell stellte sich vor Nervosität auf. »Hallo, Kleine«, sagte ich besänftigend, als sie ihre Zähne fletschte.
    Lilliana kniete sich neben mich. »Das sieht bösartig aus, heißt aber nur, dass du verschwinden sollst – oder?«
    »In ihrer Hundesprache will sie uns damit sagen, dass sie nervös ist. Aber nicht aggressiv. Ganz ruhig, meine Kleine. Ganz ruhig.« Während ich noch überlegte, wie ich vorgehen wollte, hörte ich ein trauriges Bellen von der anderen Seite des Raums. Es klang nach Duncan, der offenbar gerade aus der Narkose erwachte. Pia scharrte sogleich nervös an ihrem Käfig.
    Ich stand auf, trat zu Brownie und öffnete seinen Käfig. Liebevoll streichelte ich über seinen Kopf. »Na, mein Großer«, schmeichelte ich ihm, auch wenn ich mich schämte, seinen vertrauensvoll offenen Blick zu sehen. Um bei einem Hund Knochenmark zu extrahieren, musste man eine Hohlnadel tief in das Rückgrat bohren. Selbst mit einer Lokalanästhesie war das schmerzhaft und alles andere als risikofrei.
    »Wie wäre es«, sagte ich zu Lilliana, »wenn wir Brownie nach nebenan brächten, damit Pia nichts hören kann?«
    Wir legten Brownie eine Leine an und führten ihn in ein kleines Zimmer am anderen Ende des Gangs. Es bedurfte einiger Kraft, um ihn auf den OP-Tisch zu heben. Ich wartete
einen Moment, um wieder zu Atem zu kommen, ehe ich ihm eine Spritze gab und dann mit der Hohlnadel in sein Knochenmark fuhr. Es war ein so großer, kräftiger Hund, dass ich mein ganzes Körpergewicht einsetzen musste, um die Nadel bis an die richtige Stelle zu
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