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Wolfstage (German Edition)

Wolfstage (German Edition)

Titel: Wolfstage (German Edition)
Autoren: Manuela Kuck
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Ungewöhnliches zu
sehen. Flirrende Hochsommerhitze lag immer noch über den Feldern. Johannas
Blick wechselte mehrmals zwischen der Skizze und dem Straßenrand. Sie war keine
Unfallexpertin, aber es machte tatsächlich den Eindruck, als sei Lennart
schlicht zu schnell gefahren und gestürzt.
    War es möglich, dass jemand den Sturz beobachtet und die Gelegenheit
genutzt hatte, den Schwerverletzten auszurauben? Einfach so. Solche Leute gab
es, ohne Zweifel. Wenn ja, warum hatte das niemand mitbekommen? Auf der L290
herrschte zwar außerhalb der Stoßzeiten des Berufsverkehrs kein durchgehender
Hochbetrieb, aber eine abgelegene Landstraße war sie keineswegs.
    Johanna sah auf die Uhr. Höchste Zeit, die Kollegen in Königslutter
aufzusuchen.
    Die beiden Polizisten, die sie wenig später auf der
Polizeidienststelle im Gerichtsweg des idyllisch anmutenden Domstädtchens antraf,
sahen ihr so entgegen, wie sie es seit Ewigkeiten von unbekannten Kollegen und
Kolleginnen gewohnt war – bass erstaunt und bemüht, ihre Verblüffung zu
verbergen. Ich seh halt nicht aus wie Lara Croft, dachte Johanna. Und auch
nicht wie Maria Furtwängler. Sie verzog jedoch keine Miene und verzichtete
darauf, die Bemerkung laut auszusprechen.
    »Haben Sie einen Kaffee für mich? Möglichst schwarz«, fragte sie
stattdessen und lehnte sich an die Kante eines Schreibtischs. Sitzen konnte sie
nicht mehr.
    Dieter Schuster, der jüngere der beiden Polizisten, fasste sich als Erster.
Er stellte seinen Kollegen Heinz Nabold vor und beeilte sich, Johanna eine
Tasse Kaffee zu besorgen, um dann die Akte zur Hand zu nehmen, während Nabold
sitzen blieb und offensichtlich kaum den Blick von Johanna abwenden konnte.
    »Womit möchten Sie beginnen? Mit dem Unfall?«, fragte Schuster
höflich.
    »Ja.«
    »Es scheint ein ganz gewöhnlicher Motorradunfall gewesen zu sein«,
erläuterte der Beamte. »Sofern man das so sagen darf … Ein Bauer aus Almke
hat uns benachrichtigt. Erst als wir die Meldung weitergegeben hatten und die
Kripo sich in null Komma nichts einschaltete, war klar, dass die Umstände …«
    Johanna winkte ab. »Wer hat eigentlich festgestellt, dass das Unfallopfer
ausgeraubt worden ist?«
    »Das haben wir selbst festgestellt«, erwiderte Schuster, und ein Anflug
von Stolz schwang in seiner Stimme mit. »Der Reißverschluss seiner Jacke war
ungewöhnlich weit heruntergezogen, und er hatte lediglich die Fahrzeugpapiere
dabei: Die steckten ganz tief in der Gesäßtasche seiner Jeans. Sonst nichts:
kein Handy, kein Geld, keine Schlüssel.«
    »Und es gibt nach wie vor niemanden, der irgendwas beobachtet hat?«
    »Soweit wir wissen – nein. Der Bauer ist durch das neben dem
Feldweg auf der Seite liegende Motorrad aufmerksam geworden, hat aber sonst
nichts Ungewöhnliches bemerkt. Vielleicht –«
    »Man weiht uns nicht in die Einzelheiten der Ermittlung ein«,
unterbrach Nabold plötzlich seinen Kollegen.
    Er strich sich mit beiden Händen über den kahlen Schädel und
verschränkte die Arme. »Oder besser gesagt: in die Hintergründe. Der Mann –
in den Fahrzeugpapieren ist von einem Jonathan Maybach die Rede – hatte
ein Zimmer in Schöppenstedt, das wurde gründlich durchwühlt, inzwischen ist es
versiegelt. Aber das wissen Sie wohl längst.«
    Johanna nickte. »Der Mann ist ein Kollege aus dem verdeckt arbeitenden
Ermittlerbereich, und die Untersuchungen werden dementsprechend umsichtig
geführt. Verständlicherweise, oder?«
    Heinz Nabold zuckte mit den Achseln. Schuster räusperte sich und
bemühte sich um ein Lächeln. »Mehr gibt es dazu im Moment nicht zu berichten«,
fügte er hinzu. »Nicht von unserer Seite jedenfalls.«
    Johanna trank einen Schluck Kaffee. »Um welche Uhrzeit hat sich das
Ganze eigentlich abgespielt?«
    »Mittags, kurz nach eins sind wir aufgebrochen.«
    »Das heißt, zu dieser Zeit war nicht ganz so viel los«, überlegte Johanna.
»Es wäre zumindest rein theoretisch möglich, dass man Maybach unbemerkt von anderen
Verkehrsteilnehmern von der Fahrbahn abgedrängt hat und einen Unfall
provozierte, um ihn anschließend auszurauben – warum auch immer. Oder er
hat die Kontrolle über sein Motorrad verloren, und jemand, der auf größere Schätze
hoffte, hat ihm eiskalt die Taschen geleert und sich dann aus dem Staub
gemacht.«
    »Unwahrscheinlich, ziemlich unwahrscheinlich. Aber natürlich nicht
völlig ausgeschlossen«, sagte Nabold. Sein Tonfall verriet, dass er die
Vermutung der BKA -Kommissarin für ziemlich
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