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Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Titel: Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten
Autoren: Lori Handeland
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nicht grau, sondern eine faszinierende Mischung aus diesen drei Farben.
    „He!“ Ich zerrte an meinen Händen.
    Er gab sie nicht frei; wortlos ließ er den Blick über mein Gesicht gleiten. Ich leistete Widerstand, ich konnte nicht anders. Seit mein ältester Bruder, George, mich einmal festgehalten hatte, während Greg mein Gesicht mit Ahornsirup bestrich, werde ich ziemlich nervös, wenn ich in der Falle sitze.
    Ich wehrte mich weiter. Er ignorierte es weiter. Die Reibung, die ich durch mein Gezappel erzeugte, begann sich besser anzufühlen, als sie sollte. Meine Brustwarzen reagierten, obwohl sie durch einen gepolsterten BH geschützt waren, was meine Atemfrequenz und damit die Reibung zusätzlich steigerte.
    Ich erwog, ihm ans Schienbein zu treten, aber seinem kraftvollen Griff als auch seiner Miene nach würde er mich trotzdem weiter festhalten.
    „Schleichen Sie sich oft in fremde Häuser und bedrohen die Leute mit einer Schusswaffe?“, fragte er.
    „Nur, wenn ich einen verwaisten Laden mit einer offenen Tür sehe und sich dann jemand von hinten an mich heranschleicht. Sie fordern Ärger heraus.“
    „Das höre ich oft.“
    „Sie werden mehr als das zu hören bekommen, wenn Sie mich nicht loslassen. Nämlich einprägsame Begriffe wie ‚Tätlichkeit gegen eine Polizeibeamtin‘ und ‚Haft ohne Kaution‘.“
    Seine einzige Antwort bestand in einem Lächeln, bei dem seine leicht schiefen, aber sehr weißen Zähne aufblitzten. Nichtsdestotrotz ließ er von mir ab. Ich wich zurück und rieb mir geistesabwesend erst das eine, dann das andere Handgelenk.
    Mein Blick blieb an der Adlerfeder hängen. Nach Tradition der Cherokee wagten es nur große Krieger, sich mit den Federn des heiligen Vogels zu schmücken. War ihm das bekannt? Interessierte es ihn überhaupt?
    „Was macht Ihr Kopf?“
    „Er fühlt sich an, als würde er gleich explodieren.“
    „Eigentlich sollte er inzwischen nicht mehr so stark schmerzen.“
    Der Mann kam so schnell auf mich zu, dass mir nicht die Zeit blieb, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn zu fliehen; er zog mich an sich, sodass meine Nase über sein Hemd rieb, und untersuchte meinen Schädel.
    „Au!“ Ich stieß ihn weg, obwohl er wirklich gut roch, ein bisschen, als hätte er sich mit Minzblättern abgerieben.
    Er starrte mich halb belustigt, halb besorgt an.
    „Meinem Kopf fehlt nichts“, behauptete ich. „Warum haben Sie sich an mich rangeschlichen?“
    „Ich habe mich nicht rangeschlichen.“
    „Ich habe Sie nicht kommen hören.“
    „Ich war schon immer sehr leise.“
    Er war viel mehr als das. Ich war leise. Mein Vater hatte mir beigebracht, Menschen wie Tieren vollkommen lautlos zu folgen, aber dieser Mann hatte den Spieß umgedreht. Da war etwas an ihm, das meine Instinkte in Alarmbereitschaft versetzte – oder war es am Ende nur meine Libido?
    „Wer sind Sie?“, fragte ich.
    „Das sagte ich Ihnen bereits letzte Nacht, erinnern Sie sich nicht?“
    „Sie behaupteten, Arzt zu sein, aber jetzt ertappe ich Sie dabei, wie Sie in einem leer stehenden Laden herumschleichen und fremde Frauen misshandeln.“
    Ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Es hat Ihnen nichts ausgemacht.“
    Könnte ich erröten, wäre ich knallrot angelaufen. Stattdessen stieg mein Blutdruck so abrupt an, dass mein Puls schmerzhaft hinter meinen blau geschlagenen Augen pochte.
    „Ich sollte Sie wegen Inbesitznahme eines leer stehenden Hauses festnehmen.“
    „Sehe ich für Sie wie ein Hausbesetzer aus?“
    Ich nutzte die Gelegenheit, ihn einer genaueren Musterung zu unterziehen. Im Kontrast zu seinem teuren Maßanzug trug er Sandalen. An seinem rechten Ringfinger funkelte im Sonnenlicht der goldene Ring, der mir schon letzte Nacht aufgefallen war. Es hätte ein Ehering sein können, nur trug er ihn an der falschen Hand.
    „Officer?“, drängte er, als ich meine Begutachtung fortsetzte.
    Er war nicht im klassischen Sinn hübsch. Dafür waren die Knochen in seinem Gesicht zu markant. Aber mit seinen dunklen Haaren, den hellen Augen und der leicht gebräunten Haut prägte er sich dem Gedächtnis ein.
    „Sheriff“, korrigierte ich ihn.
    Sein Blick glitt zu meiner Brust, und mein Puls beschleunigte sich von neuem. „Sheriff McDaniel“, las er von meinem Namensschild ab. „Ich bin Ian Walker. Aus Oklahoma.“
    Was den Akzent erklärte – nicht Süden, nicht Norden, sondern Westen, wo die meisten Cherokee schon vor langer Zeit verschwunden waren.
    „Was führt Sie
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