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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2
Autoren: Ruth Adelmann
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uns bestimmt.
    „Er sagt dir, wie sehr er dich liebt. Und … er verabschiedet sich. Er nennt dich seine Frau“, flüsterte Valentin in meinen Rücken, ohne näher zu kommen. Jetzt hielt mich nichts mehr. Wenn er in mir seine Frau sah, dann war er mein Mann. So einfach war das: Istvan und Joe, Joe und Istvan. Auch wenn nur einer von uns am Leben sein würde, denn mein Mann starb. Das würde bleiben. Solange ich am Leben war, würden wir wir bleiben.
    Das Murmeln erstarb. Im selben Moment drückte er mir fest die Hand. Sie war eiskalt. Mit dieser letzten Berührung verlor ich ihn.
    Er war … nicht mehr.
    Ich war allein. Ich hatte ihn wirklich verloren.
    Aber ich konnte es nicht zulassen. Ich weigerte mich, es zu glauben. Es brach mir das Herz. Deshalb weigerte ich mich, es zu akzeptieren.
    Er konnte nicht gegangen sein. Er konnte nicht …
     
     

30. Phönix aus der Asche
     
     
    … tot sein …
    Jemand zerrte an mir, immer wieder. Ich wollte nur, dass er wegging, mich mit ihm alleine ließ. Verschwinde doch endlich!
    „Bitte, Joe. Lass los! Du musst ihn endlich loslassen!“, -murmelte dieser Mann immer wieder und hörte einfach nicht auf, an meinem Arm zu zerren. Dem Arm, der mich mit ihm verband. Ja, seine Hand war eiskalt. So kalt. Aber ich hatte doch geschworen, nicht loszulassen. Verstand das denn niemand!
    „Ich flehe dich an. Es sind schon Stunden vergangen. Er hätte das hier nicht gewollt. Lass ihn los!“ Valentin. Es war Valentins Stimme.
    „Nein. Ich habe versprochen, dass ich seine Hand nie loslassen werde. Wenn ich jetzt loslasse, dann verliere ich ihn. Versteh doch!“, herrschte ich ihn schreiend an, während er an mir zog und zog.
    „Joe … er ist längst gegangen. Und das weißt du auch. Ich weiß, wie schwer das ist, aber … das hätte er nicht gewollt“, wiederholte er.
    Ich sah Istvan an. Sein Körper lag bewegungslos da. Etwas in mir brach zusammen. Eine grausame Erkenntnis bahnte sich den Weg in mein Bewusstsein: Ja, ich hielt noch seine Hand. Aber es war nur noch die Hand seines Körpers und nicht mehr die seine, denn er war nicht mehr in ihm. Unwillkürlich lösten sich meine verkrampften Finger und gaben ihn frei. Sein Arm fiel einfach so zu Boden. Ich keuchte auf und stürzte mich in Valentins Umarmung. Hysterisch begann ich zu schreien, als würde ich gepeinigt. Es war alles zu viel.
    Nur Valentins warmer Arm, der über meinen Rücken strich, tröstete mich, bis mir klar wurde, dass Istvan nie wieder so warm sein würde, dass ich ihn nie wieder fühlen, hören oder sehen könnte. Es war zu viel. Ich befreite mich aus Valentins Griff und kroch von ihm weg.
    „Lass mich! Geh weg! Ich will deinen Trost nicht. Du hast keine Ahnung, was ich gerade verloren habe“, beschuldigte ich ihn blind.
    „Das ist nicht wahr“, verteidigte er sich leise.
    „Serena?“, stöhnte ich. „Du hattest ein ganzes Leben mit ihr. Ich hatte bloß ein Jahr. Ein einziges!“, keuchte ich in den Waldboden. Unerwartet brachte Valentin mich auf die Knie. Seine dunklen Augen gruben sich tief in meine.
    „Ja, Joe. Aber was für ein Jahr! Die meisten haben so etwas nie“, sagte er ruhig und ich wusste, er hielt es für die Wahrheit.
    „Wenn du gewusst hättest“, fuhr er fort, „dass du ihn verlieren würdest, hättest du ihn dann etwa lieber nie gehabt?“, wollte er ernsthaft von mir wissen und schüttelte mich dabei. Meine Tränen versiegten. Ich musste nicht eine Sekunde lang nachdenken. Es brach aus mir heraus und war die Wahrheit: „ Doch . Ich hätte ihn immer haben wollen. Immer.“
    Er ließ mich die Augen schließen. Ich war so müde.
    „Ich weiß, es ändert nichts an deinem Schmerz, aber dieses Jahr, die Zeit mit ihm, die kann dir niemand jemals wegnehmen. Daran musst du dich klammern, egal, was noch geschieht.“
    Ich nickte, obwohl ich gar nicht mehr wusste, wobei ich zustimmte.
    „Vertraust du mir?“, fragte er mich auf unheimliche Art. Wieder nickte ich.
    „Dann geh zu diesem Baum da vorn und sieh nicht wieder her, ehe ich es dir sage. Glaub mir, das ist zu deinem Besten.“ Ich hatte keine Kraft mehr, mich zu streiten. Wozu auch. Also ließ ich mich von ihm zu dem Baum führen, setzte mich mitten ins dunkle Nichts und wartete. Blendete jedes Geräusch aus, außer meinem eigenen persönlichen Wimmern, das ich mit den Blättern unter mir teilte.
    Keine Ahnung, wie lange ich so dagelegen hatte und versuchte, vor lauter Kummer mich selbst nicht aufzugeben, was gerade noch irgendwie
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