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Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)

Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)

Titel: Wolfsangriffe. Fakt oder Fiktion? (German Edition)
Autoren: Elli H. Radinger
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Großjagden auf das Tier – teilweise mit über 20.000 Bauern und Soldaten – führten zu keinem Ergebnis. Dann wurde im März 1765 ein riesiger Wolf erlegt, der zahlreiche Narben und Kampfspuren aufwies. Überlebenden identifizierten ihn als den Gévaudan-Wolf. Mitte Oktober desselben Jahres wurde noch einmal eine Wölfin mit zwei Jungen getötet. Danach gab es eine kurze Ruhepause. Aber bereits ein halbes Jahr später kam es zu neuen Opfern. Erst als im Juni 1767 ein weiterer sehr großer Wolf getötet wurde, trat Ruhe ein. Auch dieser Wolf wurde beschuldigt, der Gévaudan-Wolf zu sein: In seinem Mageninhalt fand man menschliche Überreste. Einbalsamiert schickte man das Tier zum Hof nach Versailles. Sein Körper hatte sich aber bei seiner Ankunft bereits so zersetzt, dass eine weitere Untersuchung nicht möglich war – und der Jäger die ausgesetzte Belohnung nicht erhielt. Zwischen 1740 und 1767 wurden in Südfrankreich bei dem Versuch, die »Bestie« zu erlegen, 2.000 Wölfe getötet.
    Über den Gévaudan-Wolf wird auch heute noch spekuliert. Es stellen sich zwei Fragen: War das Tier wirklich ein Wolf, und wurden die Menschen vom selben Tier getötet oder von verschiedenen Tieren?
    Die offensichtliche Größe und Fellfarbe der getöteten Tiere ließen die Annahme zu, dass es sich um Wolfsmischlinge (der heute wissenschaftlich gebräuchliche Begriff ist »Hybriden«) gehandelt haben könnte, um Wölfe, die mit den Hunden der Schäfer gekreuzt worden waren. Weitere Theorien gehen von einer aus dem Zoo ausgebrochenen Hyäne aus oder in einigen Fällen sogar von einem Serienmörder. Im Laufe der Jahre sind die meisten untersuchenden Wissenschaftler jedoch zu der Überzeugung gekommen, dass die beiden Wölfe tatsächlich Hybriden waren, und dass einer oder mehrere von ihnen die Menschen getötet haben.
     
    Finnlands Wolfsjahre
    In der Fachliteratur immer wieder zitiert werden die »Wolfsjahre 1879 und 1882« in Finnland, in denen Wölfe in der relativ dicht besiedelten Gegend um Ǻbo 35 Kinder im Alter von zwei bis neun Jahren getötet haben sollen. Wieder einmal gab es groß angelegte Jagden, um die verantwortlichen Tiere zu töten. Im Januar 1882 wurde eine alte Wölfin mit schlechten Zähnen erschossen und zwölf Tage später ein erwachsener Wolf vergiftet. Danach kam es zu keinen weiteren Angriffen mehr.
     
    Russland
    Viele ehemalige russische Kriegsgefangene erzählen immer wieder von hungrigen Wölfen, die um ihre Lager in Sibirien geschlichen sein sollen. Diese Geschichten ähneln sehr der Erzählung von der russischen Troika. Es gibt jedoch keine Berichte, dass Wölfe tatsächlich auch Lager angegriffen haben.
    1994 präsentierte Ilmar Rootsi von der Estnischen Naturkundlichen Gesellschaft auf einer Konferenz in Polen eine Studie mit dem Titel »Menschenfressende Wölfe im 19. Jahrhundert in Estland«. Darin wird von 108 Kindern und drei Erwachsenen berichtet, die von 1804 bis 1853 in Estland von Wölfen getötet worden sein sollen. Bei den Tätern soll es sich nicht um tollwütige, sondern um zahme Wölfe und Hybriden gehandelt haben.
    Ob und in welchem Ausmaß Wölfe in der früheren UdSSR Menschen angegriffen haben, ist umstritten. Mivart berichtet, dass allein im Jahr 1875 in Russland insgesamt 161 Kinder von Wölfen getötet worden seien.
    In seinem Buch »Wilk«, veröffentlicht 1990, widmet Michail Pawlow ein komplettes Kapitel der Gefahr, die Wölfe für Menschen darstellen können. Er beschreibt das Geschehen in Kirow, wo zwischen 1944 und 1950 22 Kinder im Alter von drei bis siebzehn Jahren von den wilden Kaniden getötet wurden. Pawlow hat die Theorie entwickelt, dass sich in manchen Rudeln einzelne, besonders aggressive Tiere befänden, die nach ersten gelungenen Angriffsversuchen auf die Zweibeiner, Menschen als leichte Beute erkennen und sich in Folge auf ihr Töten spezialisieren würden. Daher seien Wölfe überall dort gefährlich, wo sie hohe Aggressivität zeigten, wo ihre Population hoch sei und es wenig Beutetiere gebe. Diese Theorie ist äußerst umstritten. Die Verfasser des Linnell-Reports weisen darauf hin, dass Pawlow weniger Wissenschaftler als vielmehr Jäger und Wildhüter war, dass seine Aussagen daher nicht unvoreingenommen sein können. Pawlow habe sich auf einem »persönlichen Feldzug« gegen den Wolf befunden, um jedem zu zeigen, wie gefährlich diese Spezies sei.
    Dennoch muss die außergewöhnliche und schwierige Situation in Russland nach dem Zweiten Weltkrieg in
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