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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt
Autoren: Kristin Hannah
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Street gestanden hätte. Ihr Leben lang war sie herumgelaufen und hatte die Liebe gesucht, dabei war sie die ganze Zeit über direkt vor ihrer Nase gewesen, auf der anderen Seite der Wiese, und hatte auf sie gewartet. »Stimmt«, flüsterte sie an seinen Lippen. »Es war wirklich Zeit.«
    * * *
    Julia wusste, dass sie Alice viel zu fest hielt, aber sie konnte sie einfach nicht loslassen. Genauso wenig wie sie jemals den Namen Brittany würde benutzen können. Ganz egal womit sie sich beschäftigte - oder zumindest so tat mit einem Auge hatte Julia stets die Uhr im Blick und dachte: Noch nicht. Doch die Zeit schritt unbarmherzig voran und glitt ihr durch die Finger. Jede Sekunde brachte sie dem Moment näher, in dem George Azelle vor dem Haus vorfahren, an die Tür klopfen und seine Tochter einfordern würde.
    »Lesen Alice.« Das Kind klopfte mit dem Finger auf die Seite. Aus irgendeinem Grund wusste sie immer haargenau, wo sie stehen geblieben waren.
    Julia war klar, dass sie eigentlich leise das Buch zuklappen und sagen sollte, jetzt sei es Zeit, über andere Dinge zu sprechen, über Familien, die auseinandergerissen wurden, von Vätern, die zurückkamen, aber sie brachte es nicht über sich. Stattdessen hielt sie ihre kleine Alice im Arm und las weiter vor, als wäre es ein ganz gewöhnlicher verregneter Januartag. »Wochen vergingen«, las sie, »und der kleine Kuschelhase wurde sehr alt und schäbig, aber der Junge hatte ihn immer noch genauso lieb. Er liebte ihn so, dass er sogar die Schnurrhaare wegliebte, dass das Rosa in den Hasenohren grau wurde und dass die braunen Flecken verblassten. Der Kuschelhase begann sogar die Form zu verlieren und sah kaum noch wie ein Hase aus - außer für den Jungen, der ihn lieb hatte.« Julias Stimme versagte. Sie saß da und starrte auf die Seite, während die Worte vor ihren Augen verschwammen.
    »Will Alice echt.«
    Julia berührte die samtweiche Wange des Mädchens. Jedes Mal, wenn sie diese Geschichte gemeinsam lasen, sagte Alice das Gleiche. Aus irgendeinem Grund glaubte sie, nicht echt zu sein. Und nun hatte Julia keine Zeit mehr, ihr das Gegenteil zu beweisen. »Du bist echt, Alice. Und so viele Menschen haben dich lieb.«
    »Lieb.« Alice sagte es wie immer ganz leise, fast ehrfürchtig.
    Julia schloss das Buch, legte es beiseite und setzte Alice so auf ihrem Schoß zurecht, dass sie einander anschauen konnten.
    Sofort schlang Alice die Arme um Julias Hals und gab ihr einen Schmetterlingskuss. Dann kicherte sie.
    Du musst jetzt stark sein , redete Julia sich gut zu.
    »Erinnerst du dich an Mary und den geheimen Garten und den Mann, der sie so geliebt hat? An den Mann, der ihr Vater war? Er war weg gewesen, erinnerst du dich?« Julia musste innehalten, starrte in Alices besorgtes Gesicht und hatte das Gefühl, in den türkisfarbenen Seen ihrer Augen zu versinken. »Dieser Mann, George, der neulich bei uns war - er ist dein Vater. Er möchte dich auch lieb haben.«
    »Alice liebt Dschulie.«
    »Ich versuche dir etwas über deinen Vater zu erzählen, Alice. Brittany. Damit du vorbereitet bist. Er wird bald hier sein. Das musst du verstehen.«
    »Mommy?«
    Fast wäre Julia darauf eingegangen, aber ein Blick zur Uhr erinnerte sie daran, wie wenig Zeit sie hatten. Sie musste es noch einmal versuchen.
    Alice musste begreifen, dass Julia sie nicht im Stich ließ, sondern keine andere Wahl hatte. Sie sah zu dem Koffer hinüber, in den sie am Vorabend sorgfältig alle Kleider und Spielsachen gepackt hatte, die die Einwohner der Stadt für »ihr« Mädchen gesammelt hatten. Dazu kamen Alices Lieblingsbücher und ein paar von Julias eigenen Kindheitsfavoriten, denen sie sich noch nicht hatten widmen können. Außerdem standen da noch die Pakete. Fast alle Einwohner von Rain Valley hatten Abschiedsgeschenke für Alice geschickt.
    Aber wie sollte sie es übers Herz bringen, gleich Alices - Brittanys - Jacke zuzuknöpfen, ihr einen Kuss auf die Wange zu geben und sich von ihr zu verabschieden? Es wird alles gut. Geh einfach mit diesem Mann, den du nicht kennst und der dich auch nicht kennt. Geh und leb in einem großen Haus in einer Straße, die du nicht ohne Hilfe überqueren kannst, in einer Stadt, wo dich niemand je richtig versteht.
    Wie sollte das funktionieren?
    Doch was blieb ihr anderes übrig? Ganz gleich wie sehr sie damit zu kämpfen hatte, sie konnte nicht leugnen, dass George Azelle ebenfalls ein Opfer war. Er hatte seine Tochter verloren und wiedergefunden, entgegen
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