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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht
Autoren: Catherine Coulter
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Frühstück nichts mehr gegessen.«
    »Zahnärztekongress, hm? Also so ist Arlene Sie wieder losgeworden? Diese Frau hat einfach keine Fantasie.«
    »Sie hat sich bemüht. Ich glaube, ich hab ihr Angst gemacht. Aber wieso? Weil ich nicht von hier bin? Weil ich vom FBI bin?«
    »Sie haben’s erfasst. Arlene Hicks will Sie nicht mal in der Nähe ihres feinen Etablissements haben. Sie hat was gegen Bullen.«
    »Hat sich ja schnell rumgesprochen.«
    »Tja. Paul hat Benny Pickle unten im Waffenladen erzählt, dass Sie kommen würden. Mehr brauchte es nicht. Benny ist die größte Klatschbase westlich der Rocky Mountains.«
    »Aber was soll so falsch daran sein, wenn man fürs FBI arbeitet? Ich bin reinlich, höflich und ich spucke nicht aufs Trottoir. Auch würde ich nie abhauen, ohne die Rechnung zu bezahlen.«
    »Arlene sieht nicht mal mich gerne, obwohl ich ein bekanntes Gesicht bin. Sie schon gar nicht. Wahrscheinlich wirft sie Sie mit den Typen vom Finanzamt in einen Topf. Sie sind doch aus Washington, nicht? Sündenpfuhl und Hort der Korruption.«
    »Sie bringen mich da auf einen Gedanken. Vielleicht hat Arlene ja Dreck am Stecken.«
    Das wischte sie mit einer Handbewegung beiseite. »Also gut. Nun sind Sie schon mal hier, Mac, und wollen rausfinden, was mit Jilly passiert ist. Das will ich auch. Da ist es nur vernünftig, wenn wir uns zusammentun, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Ich frage mich nur, sind Sie auch bereit, mit offenen Karten zu spielen?«
    Ich zog eine Augenbraue hoch. »Ans Spielen hab ich dabei überhaupt nicht gedacht. Aber wenn ich spiele, dann gewöhnlich mit offenen Karten. Wieso auch nicht?«
    »Na, Sie sind vom FBI. Sie sind’s gewohnt, den Boss zu markieren und uns kleine Ortspolizisten rumzuscheuchen. Aber ich lass mich nicht rumscheuchen.«
    »Ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass ich rein privat hier bin. Als Jillys Bruder. Wie Sie will auch ich wissen, was passiert ist. Um ganz ehrlich zu sein, bin ich froh, festzustellen, dass Sie die ganze Sache nicht gleich als ver-suchten Selbstmord abgeschrieben und zu den Akten gelegt haben. Klar, ich werde mit offenen Karten spielen. Wissen Sie irgendwas, das ich wissen sollte? Gibt es einen Grund, warum Jilly absichtlich durch die Leitplanke gerast sein könnte? Wie wär’s, wenn wir jetzt gleich ein bisschen Zusammenarbeiten würden?«
    Sie schien sich wieder ein wenig zu entspannen. »Wann und wie haben Sie sich verletzt?«
    »Woher wissen Sie davon? Sehe ich vielleicht immer noch aus wie saurer Haferschleim?«
    Sie legte den Kopf schief und musterte mich. Ich erkannte, dass sie wahrscheinlich jünger war, als ich zunächst angenommen hatte. Es war schwierig, das zu beurteilen, da sie eine von diesen Spiegelglasbrillen trug, mit denen Cops die Normalbürger gerne einschüchtern. Ich sah mich in ihren Brillengläsern. Sie hatte dickes, rotbraunes, ziemlich lockiges Haar, das sie zu einem dicken Zopf geflochten und, zu einem Dutt geschlungen, mit einer totemähnlichen Spange am Oberkopf festgemacht hatte. Sie trug korallenrosa Lippenstift, was auch die Lieblingsfarbe meiner englischen Freundin Caroline gewesen war. Bloß dass Caroline, eine Modedesignerin, längst nicht so gewitzt und selbstbewusst gewirkt hatte wie diese Dame hier.
    Natürlich wusste sie, dass ich sie mir genau ansah und sie ließ mich. Schließlich sagte sie: »Ich hab Haferschleim schon immer gehasst. Glücklicherweise sehen Sie überhaupt nicht danach aus, aber Sie bewegen sich irgendwie mühsam, wissen Sie? Fast wie ein alter Mann. Und dann haben Sie leichte Blutergüsse auf der linken Gesichtshälfte. Und der rechte Arm scheint Ihnen wehzutun. Außerdem gehen Sie ein bisschen vorgebeugt, so als wären Ihre Rippen angeknackst. Aber Haferschleim? Das nicht. Was ist passiert?«
    »Hatte einen kleinen Zusammenstoß mit einer Autobombe.«
    »Hab nichts davon gehört, dass irgendwelche FBI-Agenten in die Luft gepustet worden wären.«
    »Es war in Tunesien. Ein gefährliches Plätzchen, kann ich Ihnen sagen. Man kriegt heißen Sand in die Futterschleuse, wenn man nur kurz den Mund aufmacht. Die Leutchen, mit denen ich’s zu tun hatte, waren nicht gerade das, was man als friedfertige Naturen bezeichnet.« Gerade hatte ich dieser Frau, einer Wildfremden, alles Mögliche erzählt, was niemanden außerhalb des FBI anging, eine kleine Ortspolizistin am allerwenigsten. Nun ja, ich spielte mit offenen Karten, ich war kooperativ, wie man so schön sagt. Ich hasse dieses Wort.
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