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Wo geht's hier nach Arabien

Titel: Wo geht's hier nach Arabien
Autoren: Christian Springer
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Nachbarschaft zu sehen in James Bond 007 – Der Hauch des Todes, 7 Jahre in Tibet, Kundun, Die Mumie oder in Die letzte Versuchung Christi. Kulissen, die nicht mehr gebraucht werden, stehen zur Verschönerung im gegenüberliegenden Hotel. Manch einer, der das echte, unverfälschte Südmarokko erleben wollte, nächtigt jetzt eben in einem Bett, neben dem tibetische Pappmachédrachen aus der Dalai-Lama-Filmwohnung auf ihren Zerfall harren. Der Frühstücksraum wird beherrscht von den strengen Blicken von Kleopatras meterhohen Palastwachen, von denen inzwischen der gipserne Lendenschurz in den Minztee der Gäste bröselt.
    In Warzazate dreht sich alles um internationale Produktionen. Marokkanische Filme werden dort nicht gedreht. Dazu hätte niemand das Geld. Filme aus Marokko drehen sich auch nicht um päpstliche Intrigen des neunten Jahrhunderts, sondern häufig um die echten Probleme der Menschen, allen voran die Armut oder die Hürden der Bürokratie oder die Tatsache, dass die marokkanische Gesellschaft zur großen Mehrheit aus arbeitslosen Jugendlichen besteht. So etwas hört und sieht der amtierende König gar nicht gerne, deswegen wird auch nicht in teuren Studios gedreht, sondern in den schmutzigen Gassen der Armenviertel. Das ist erlaubt, weil diese Filme sowieso niemand anschaut außer den Beteiligten. Verirrt sich aber doch eine dieser Marokko-Produktionen in die sogenannte westliche Welt, muss sie auf Festivals gezeigt werden oder in jenen Off-Kinos, die jeden dritten Dienstag im Monat, aus wirtschaftlichen Gründen leider erst um 3 Uhr früh, stolz die Reihe » Neuer marokkanischer Film« präsentieren. Der Samstagsabend, an dem wir in Deutschland bevorzugt ins Kino gehen, ist reserviert für 007, Gladiator und Päpstin. Diese Art der Kinounterhaltung geht wiederum am gemeinen Marokkaner vorbei, weil er es sich nicht leisten kann. Das Geld ist zu knapp. Und Kino kann man nicht essen.
    Nicht nur Marokko, auch Tunesien diente schon als Filmkulisse. In der Nähe von Touzeur, einer Stadt im Süden, kann man heute den Planeten Tatooine besichtigen, ein Schauplatz aus Krieg der Sterne. Wer in Nordafrika die Schnauze voll hat von ursprünglichen Berbermärkten, den unvergesslichen Kasbahs aus Stampflehm oder den unglaublichen Landschaftsformationen der Salzwüsten kann sich einbuchen in die Führungen durch die Filmstädte. Hier schlagen Sie Couscous und Disney World mit einer Klappe.
    Wer gut aufpasst, entdeckt sogar noch Drehorte für Kara ben Nemsi Efendi, der Karl-May-Verfilmung mit Karl-Michael Vogler, oder trifft auf Komparsen, die Manfred Krug als bärbeißiger Trucker Franz Meersdonk in Auf Achse schon angeschnauzt hat. Die Stars von Sönke Wortmanns Päpstin sind da einfacher zu handhaben. Die sind froh um ein bisschen Schatten und reisen ab, wenn die Dreharbeiten beendet sind. Manfred Krug dagegen beendete die Dreharbeiten, wenn seine mitgebrachten Stullen aufgegessen waren. Eine dieser für das Filmmilieu typischen Legenden besagt, dass er einheimische Kost niemals angerührt und, sobald seine Essenkiste leer war, sich für den nächsten Flug nach Hause ein Ticket besorgt hat.
    Sönke Wortmann dreht für seinen Film auch in Sachsen-Anhalt und in der Eifel und etlichen anderen sogenannten » Locations«, die sogenannte » Location-Scouts« als sogenannte » Set-Locations« ausgescoutet haben. Zusammengesetzt wird der Film zu Hause. Das kennt man auch vom Amateurfilmer, der bis spät nachts am Computer sitzt und sich mit der Software herumärgert, an die er seine Kamera mit den Urlaubserinnerungen aus Agadir gehängt hat. Schließlich muss er für die anstehende Filmvorführung diese Passage herausschneiden, in der er zu lange auf die wippenden Oberweiten der Beachvolleyballerinnen draufhielt, was der Zoom hergab. Dies ginge über die harmlose Urlaubserinnerung wohl weit hinaus und fiele der Zensur der Ehefrau sowieso zum Opfer. Das wird also als Kurzfilm exportiert und kommt auf der Festplatte an einen nicht leicht zu findenden Platz.
    Ach ja, lieber Sönke, wir beide haben auch einmal zusammen gedreht. Keinen Spielfilm in der Wüste, sondern Werbung für Müller-Milch. Das war hoch oben in den Ötztaler Alpen, und Trappatoni wurde extra dazu mit dem Helikopter eingeflogen. Das war politisch völlig unkorrekt, hat aber höllisch Spaß gemacht. Das Drehen in den echten
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