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Wo die Wuerfel fallen

Titel: Wo die Wuerfel fallen
Autoren: Wolfgang Seidel
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Bagdad. Die Stadt wurde ab 1899 von dem deutschen Archäologen Robert |12| Koldewey ausgegraben, wobei auch die Zikkurat zum Vorschein kam (s. o.).
    Babylonische Sprachverwirrung
    Babel
ist die hebräische Version von »Babylon«, die wir auch aus der Bibel kennen. Im Hebräischen gibt es außerdem das Wort
bâlal
, das »überfließen, vermischen, verwirren« bedeutet. So reimten sich wiederum die Hebräer den Wortsinn des Städtenamens zusammen. Für die an ein archaisches Landleben gewöhnten, teilweise noch nomadischen Juden war die »Multikulti-Metropole« Babel das sprichwörtliche Sündenbabel. In dieser internationalen Reichshauptstadt wurden mehr als ein oder zwei Sprachen gesprochen. Hier kreuzten sich die Wege vieler Völker, und sicher gab es, wie überall im Alten Orient bis ins alte Rom, eine Vielzahl von Kulten. Das war dem auf seinen einen Gott eingeschworenen jüdischen Nomadenvolk mit seinen rigorosen Moralvorstellungen natürlich zu viel.
    Die Bibel stellt die historische Tatsache der Sprachvielfalt natürlich anders dar, ja sie behauptet glatt das Gegenteil (1. Mose 11,1): »Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache.« Genau an dieser Stelle wird auch die (falsche) hebräische Wortgeschichte von
Babel
in dem eben skizzierten Sinn erklärt: Jahwe fand es nämlich gar nicht gut, dass die Bewohner Babels den himmelstürmenden Turm gebaut hatten. Deshalb stieg er hinab und »zerstreute sie … von dort in alle Länder, dass sie aufhören mussten, die Stadt zu bauen. Daher heißt ihr Name Babel, weil der Herr daselbst verwirrt hat aller Länder Sprache« (1. Mose 11,8 und 9).
    Hure Babylon
    Die Rede von der »großen Hure Babylon« geht zurück auf die Offenbarung (Apokalypse) des Evangelisten Johannes im Neuen Testament. Hier wird sehr fantasievoll und ausführlich ein aufgeputztes Weib beschrieben, das auf einem grauenhaften, siebenköpfigen Tier reitet. Diese Frau wird ausdrücklich mit Babylon gleichgesetzt, und Johannes hat auch ziemlich konkrete Vorstellungen davon, was den Reichtum von Babylon ausmacht, wenn er sagt: »Weh, weh, du große Stadt, von deren Überfluss alle reich geworden sind, die Schiffe auf dem Meere hatten« (Offenbarung 18, |13| 19). Schon recht früh wurde die Rede von der »Hure Babylon« auf das heidnische römische Weltreich gemünzt und dann vor allem von den Reformatoren Martin Luther und dem Schotten John Knox ironischerweise auf das Papsttum bezogen. Es war in der Renaissancezeit in der Tat dermaßen verweltlicht und korrupt, dass der Vorwurf zumindest aus einer sittenstrengen Warte nicht ganz abwegig war.
    Ein großer Jäger vor dem Herrn
    »Ein großer Jäger vor dem Herrn« (oder je nach Bibelausgabe ein »gewaltiger«) und gleichzeitig »der Erste, der Macht gewann auf Erden«, war laut 1. Mose 10, 8 und 9 der legendäre König Nimrod. Er ist eine Gestalt aus der Zeit nach der Sintflut, die sowohl in der Bibel als auch im Koran vorkommt. Falls es ein historisches Vorbild für Nimrod gibt, könnte es der erste namentlich bekannte akkadische Großkönig Sargon oder dessen Enkel Naram-Sin (um 2200 v. Chr.) sein. Aus Darstellungen weiß man, dass Nimrod sich mit Hörnerkrone göttergleich verehren ließ. Er gilt als Begründer Ninives und Herrscher Babels. Man schrieb ihm die Erfindung der Magie, Astrologie und Pharmazie zu, weil man wusste, dass diese Praktiken aus dem mesopotamischen Osten kamen. Da er eine biblische Figur ist, wurde Nimrod auch in der christlichen Kunst dargestellt. Die biblische Namensversion Nimrod bedeutet in etwa »Rebell«.
    Auge um Auge
    Das »Auge-um-Auge-Prinzip« stammt aus dem sogenannten Codex Hammurapi. Dabei handelt es sich um die einzige vollständig erhaltene Gesetzessammlung der Alt-Antike, die der babylonische König Hammurapi im 18. Jahrhundert vor Christus zusammengestellt hatte. Sozusagen die »Erstausgabe« des Codex ist in eine Steinstele gemeißelt, die erst 1902 gefunden wurde und heute im Louvre zu besichtigen ist (eine Kopie befindet sich im Pergamon-Museum in Berlin).
    Die Rechtssammlung gibt nicht nur Aufschluss über die damalige Gesellschaft, sie ist auch von literarischem Interesse, weil es sich teilweise um ein hymnisches Werk handelt. Sie enthält viele strenge Strafandrohungen. So stand auf bestimmte Eigentumsdelikte zum Beispiel die Todesstrafe. Das »Auge-um-Auge-Prinzip« ist eigentlich |14| schon ein Rechtsfortschritt, da man vorher für ein zerstörtes Auge mindestens drei andere zerstörte.

Mythische
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