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Wo die Wasser sich finden australien2

Wo die Wasser sich finden australien2

Titel: Wo die Wasser sich finden australien2
Autoren: treasure
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und die Zäune und Gatter waren Jahr für Jahr tiefer im Dreck versunken. Sein stiller Groll, wenn Frankie arbeiten fuhr, verwandelte sich im Lauf der Zeit in brodelnden Zorn, den er an den Tieren ausließ, von
denen er lebte. Harrys Adern wölbten sich wütend in seinem Hals, wenn eine Kuh im Fixierstand in die Knie ging; immer wieder drangsalierte er sie mit dem Elektroschocker, bis ihr tiefes Brüllen von den Hängen widerhallte. Schafe, die im Laufgatter stecken blieben, taumelten schließlich mit blutigen Nasen, wacklig und geprügelt durch das Sortiertor. Harrys dürre Hunde spürten die Knochen seiner Fäuste in ihren Flanken. Mit seinem Kontostand schmolz auch seine Liebe dahin. Nur in seinen Söhnen konnte er noch Hoffnung finden, während die Frauen in seiner Familie die ganze Schuld zu tragen hatten. Rebecca konnte es spüren. Sie spürte, wie sein Hass und seine Schuldzuweisungen wuchsen.
    Sie erinnerte sich noch an den Tag, an dem er es ausgesprochen hatte. Damals hatte er mit hochgekrempelten Ärmeln am Ofen gestanden und eine Orange geschält. »Wir haben dich im Ladies’ College angemeldet.«
    »Sehr witzig«, hatte sie geantwortet und im nächsten Moment gespürt, wie ihr Ohr nach dem Schlag seiner mächtigen Pranke zu glühen begann. Ein leichter Orangenduft blieb in ihren Haaren hängen.
    Als sie dann ins Internat abfuhr, verabschiedeten sich ihre Brüder von ihr.
    »Bis dann, Kurze«, hatte Mick, der ältere Bruder, sie geneckt. Dann hatte er seine riesige Faust geballt und ihr verspielt gegen die Schulter geschlagen. »Ich hoffe, du kommst als foine Lai-dy heim.«
    Tom, der nur elf Monate älter als Rebecca war, ließ den Kopf hängen und hatte die Hände tief in den Taschen seiner ausgebeulten Jeans vergraben. Sie wuschelte ihm durchs sandfarbene Haar, bis er sie ansah. Seine Augen waren ernst und braun. Bec fand, dass sie aussahen wie Collie-Augen. Still und sanft. Er umarmte sie verlegen und sagte nur: »Bis dann, Schwester.«
    Tom hatte sich gewünscht, dass Bec mit ihm auf die örtliche
Highschool ginge. Er war schüchtern. Die Lehrer hatten ihn mit dem Etikett »künstlerisch begabt« bedacht, doch als die anderen Jungs Toms Andersartigkeit zu spüren begannen, hatte er schnell gelernt, seine Talente zu verbergen. In der Grundschule war Rebecca immer wieder für ihn in die Bresche gesprungen. Hatte ihn vor Micks Frotzeleien und den Schlägen der anderen Jungs beschützt.
    »Mach dir keine Sorgen, Tommy«, hatte ihm die sommersprossige Rebecca versichert. »Ich hau ihnen in den Bauch. Die tun dir nichts.« Rebecca und Tom waren in der winzigen Landschule in dieselbe Klasse gegangen. Sie hatte neben ihm gesessen und die größeren Jungs mit finsteren Blicken eingeschüchtert.
    Als Tom mit der Grundschule fertig war, hatte sein Vater verlangt, dass beide Jungs in der Nähe blieben, damit sie ihm auf der Farm helfen konnten, und so waren sie mit dem Bus in die örtliche Highschool gefahren.
    Als Bec ins Internat geschickt wurde, trug sie im Herzen einen stillen Schmerz, weil sie von Tom getrennt wurde. In der Sandgrube, im Fluss oder abends auf dem dunklen Dachboden hatten sich die beiden ihre Träume anvertraut. Hatten sich flüsternd Geschichten über Waters Meeting erzählt. Träume von der Farm oder den Tieren, die sie eines Tages besitzen würden, wenn sie erst erwachsen waren. Dabei hatte immer Bec den Ton angegeben. Ohne sie versank Tom in Schweigen. Bec wusste, dass er nicht weniger leiden würde als sie, wenn sich das Schuljahr endlos hinzog.
    Aus dem Auto heraus hatte Bec beobachtet, wie die Silhouetten ihrer winkend vor dem Haus stehenden Brüder mit zunehmender Entfernung immer kleiner wurden.
    »Warum hast du dich nicht für mich eingesetzt, Mum? Warum hast du Dad nicht gesagt, dass ich nicht ins Internat soll? Warum?«
    Ihre Mutter schüttelte schweigend den Kopf.

    »Wir können uns das doch gar nicht leisten, Mum … Das weiß ich. Warum kannst du dich nicht für mich einsetzen, verflucht noch mal?«
    »Das kann ich im Augenblick nicht, Rebecca. Ich kann es einfach nicht. Eines Tages wirst du das verstehen.« Ihre Mutter hatte stocksteif geradeaus gestarrt, so als könnte ein einziger Blick auf ihre Tochter ihre Seele zerspringen lassen.
    Bec hätte am liebsten geschrien: »Warum hast du ihn überhaupt geheiratet? Warum?« Doch stattdessen hatte sie aus dem Autofenster geschaut und auf die rauschenden Eukalyptusbäume geblickt, während sie sich immer weiter von Waters Meeting
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