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Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Titel: Wo die toten Kinder leben (German Edition)
Autoren: Roxann Hill
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Heinze. „Sie begann aber, abends wegzugehen. Sie machte nur vage Angaben, wohin. Und wir wollten auch nicht nachfragen.“
    Herr Heinze ergriff erneut das Wort. „Wir wollten ihr zeigen, dass wir ihr vertrauen. Wenn sie uns nicht sagen wollte, wohin sie ging, dann hatte sie ihre Gründe. Wir respektierten das. Und wenn sie soweit gewesen wäre, mit uns zu reden, dann hätte sie sich uns anvertraut. Darauf haben wir gewartet. Das hielten wir für das Beste.“
    „Sonst ist Ihnen nichts aufgefallen an ihr? Trug sie andere Kleidung? Bekam Sie Anrufe?“
    Frau Heinze sah mich an – ratlos und verzweifelt. „Nein. Nur von ihren Freundinnen… Aber auch zu denen verlor sie in den letzten Monaten immer mehr Kontakt. Sie zog sich einfach zurück.“
    „Es wäre mir wichtig, eine Adressliste von Cornelias Freundinnen zu erhalten“, bat ich und Frau Heinze nickte.
    „Cornelia ging abends weg“, setzte ich nochmals nach. „Gab es da besondere Tage?“
    „Ja“, sagte Frau Heinze. „Donnerstags und freitags. Sonst blieb sie immer hier, nicht wahr, Robert?“
    „Das stimmt. Donnerstag und Freitag. Aber wohin sie ging…“, Herr Heinze machte eine vage Bewegung mit seinen Schultern.
    „Sie haben keine Ahnung, was sie da machte? Wen sie besuchte? Wen sie sah?“
    Herr Heinze schüttelte den Kopf. „Wir haben ihr nicht nachspioniert.“
    „An dem Tag, an dem sie… „ ich räusperte mich, „ich meine, an dem sie starb, …gab es da etwas Besonderes?“
    „Es war ein Samstag. Wir sind in die Stadt zum Einkaufen gefahren. Wie jeden Samstag. Es war ein schöner Tag. Als wir zurückkamen, wartete schon die Polizei vor unserem Haus...“ Die Stimme von Herrn Heinze versagte.
    Ich erhob mich. „Ich denke, ich habe keine weiteren Fragen mehr.“ Ich zögerte und überlegte: „ Oder doch: …Dürfte ich einmal Cornelias Zimmer sehen?“
    „Dort gibt es nichts zu finden. Dort können Sie nichts finden“, sagte Herr Heinze mit aufgebrachter Stimme. „ Die Polizei war schon hier. Sie hat alles durchsucht. Alles durchwühlt. Aber nichts, nicht der kleinste Hinweis auf ein Motiv.“
    „Es geht mir jetzt auch nicht darum, etwas zu finden, Herr Heinze“, beschwichtigte ich. „Ich möchte lediglich einen Eindruck gewinnen, was für ein Mensch Ihre Tochter war.“
    „Ich kann dort nicht mehr hinein“, flüsterte Herr Heinze.
    „Ich…, ich begleite Sie“ Frau Heinze erhob sich schwer, ging an uns vorbei und führte uns über eine breite Treppe in den ersten Stock. Dort mündeten sechs Türen in einem großzügigen Vorplatz.
    „Da ist das Zimmer unserer Tochter.“ Frau Heinze deutete nach links.
    „Und die anderen Türen?“, fragte ich.
    „Die führen zu unserem Schlafzimmer, zu dem Gäste- bzw. Arbeitszimmer und zu unserem und Cornelias Bad“, antwortete Frau Heinze.
    Ich öffnete das, was einmal Cornelias Reich gewesen war. Ein geräumiger, lichtdurchfluteter Raum erwartete mich. In einem Regal standen zahlreiche Bücher. Die Möbel waren aus naturbelassener Pinie gefertigt. Der Boden bestand aus gehobelten hellen Holzdielen. Alles wirkte sehr sauber.
    Über eine Tür auf der linken Seite erreichte ich das angrenzende Bad. Auch hier war alles absolut rein, fast schon steril. Ich öffnete den verspiegelten Badschrank. Makellos aufgeräumt präsentierte er mir Bürste, Kamm, Haargummis, Schminkutensilien aus Naturstoffen, Zahnseide und einige braune Medikamentenfläschchen.
    Ich holte eines der Fläschchen heraus und betrachtete es gegen das Licht. Kleine Kügelchen waren darin zu erkennen.
    „Das sind Globuli“, meinte Frau Heinze leise. „Homöopathische Mittel. Cornelia nimmt sie gegen ihr Asthma. Ich meine... sie nahm …“ Frau Heinze brach ab, griff sich mit ihrer Hand an den Mund und schluchzte auf. Abrupt drehte sie sich um, öffnete die zweite Tür des Badezimmers, die in den Flur führte, und wir hörten, wie sie die Treppe ins Erdgeschoss hinunterrannte.

3
     
    W ir hatten die kleine Ortschaft hinter uns gelassen, waren über die Landstraße gefahren und befanden uns auf der Autobahn. Keiner von uns sprach ein Wort. Die Erinnerung an das soeben Erlebte wirkte noch nach.
    Nichts ergab einen rechten Sinn. Eine junge Frau, die überhaupt keine Probleme machte, die mit den Eltern gut auskam – und plötzlich zog sie sich von allem zurück, fing an, sich zu verändern. Die Eltern hatten keine Ahnung, was dahintersteckte – das erschien mir wenig plausibel.
    Ich wollte gerade mit Wagner darüber
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