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Wissen auf einen Blick - Philosophen

Wissen auf einen Blick - Philosophen

Titel: Wissen auf einen Blick - Philosophen
Autoren: Cornelius Grupen
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Wenn die Physik erkläre, die Farbe Rot sei in Wahrheit nur eine Schwingungsfrequenz des Lichts, entferne sie sich damit von der Sache selbst, anstatt ihr näher zu kommen.
    Die Dinge sind uns nämlich, so Lyotard, niemals direkt, sondern nur in unzähligen Andeutungen und Schattierungen gegeben. Das Sein einer Sache selbst sei das Beständige, das sich wie eine Ablagerung durch alle Variationen erhalte. „Diese Mauer ist rot“ sei trotzdem keine Aussage über die Welt, sondern nur über unser Bewusstsein von ihr.
Erkenntnis ist Stückwerk
    Weil sich eine rote Mauer zum Beispiel bei Tageslicht mitunter als grau entpuppe, gebe es Wahrheit stets nur „bis auf weiteres“. Unser Zugang zur Welt müsse immer vorläufig bleiben. Nie könne unser Wissen im Wortsinn absolut (lat.
absolutus
, abgelöst), also von den Bewusstseinsinhalten getrennt werden. Der einzig absolute Grund der Erkenntnis sei das Bewusstsein selbst. Lyotard will die Wissenschaft von der Notwendigkeit überzeugen, das erkennende Subjekt zu berücksichtigen. Die Bewusstseinsphilosophie soll zum neuen Fundament sicheren Wissens werden, wie es schon René Descartes (1596–1650) gefordert hatte.
    Die Postmoderne
    Mitte des 20. Jahrhunderts stellte Jean-François Lyotard eine gewaltige geistesgeschichtliche Veränderung fest. In der Vergangenheit sei unser Wissen stets durch eine große „Rahmenerzählung“ zusammengehalten worden. Als Beispiel nennt Lyotard die Befreiung des Menschen als Leitmotiv der Aufklärung. Mit dem 20. Jahrhundert aber beginne das Zeitalter mehrerer miteinander konkurrierender Welterklärungserzählungen. Lyotard erkannte in der neuen Vielfalt der Postmoderne eine Chance, während viele die Beliebigkeit als Bedrohung empfinden und sich nach der alten Einheit zurücksehnen
.
Die Phänomenologie
    Sein Hauptwerk „Die Phänomenologie“ machte Lyotard neben Jean-Paul Sartre (1905–1980) in Frankreich zum bedeutendsten Botschafter des Phänomenologen Edmund Husserl, dessen Schlüsselbegriffe „Objekt“ und „Wesensschau“ Lyotard selbst in der französischen Originalversion seiner Texte auf Deutsch stehen lässt. Eine zweite Hauptrolle in der Ideengeschichte spielt Lyotard als Erfinder der Postmoderne. Er hat den Begriff erstmals in seinem Buch „Das postmoderne Wissen“ von 1979 benutzt und eine bis heute andauernde Debatte in Philosophie, Soziologie und Kulturwissenschaft ausgelöst. Sein bleibendes Vermächtnis ist die Erkenntnis, dass uns etwas Entscheidendes entgeht, wenn wir die Erkenntnis vom Erkennenden abzulösen versuchen.

Der französische Philosoph Lyotard in einer Porträtfotografie, entstanden um 1980. Als Philosophieprofessor war Lyotard nach zahlreichen Stationen in Frankreich an den US-Universitäten in Irvine, Atlanta, und an der Yale University tätig
.
    (c) Interfoto, München

Die erfundene Wirklichkeit
Paul Watzlawick (1921–2007)
    Was meinen wir eigentlich, wenn wir behaupten, die Welt sei „in Wirklichkeit“ ganz anders, als wir sie in Träumen, Phantasien, Wahnvorstellungen oder Halluzinationen erleben? Gibt es überhaupt eine objektive Wirklichkeit? Können wir diese zweifelsfrei erfassen? Der österreichische Psychiater Paul Watzlawick kam nicht nur aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Psychotherapeut zu dem Schluss, dass es keine vom menschlichen Bewusstsein unabhängige Wirklichkeit gibt. Paul Watzlawik war neben Ernst von Glasersfeld (*1917) und Heinz von Foerster (1911–2002) einer der bedeutendsten Vertretern des radikalen Konstruktivismus. Im Gegensatz zu anderen konstruktivistischen Richtungen ist mit dem radikalen Konstruktivismus kein wissenschaftliches oder pädagogisches Programm verbunden.
Erkenntnis ist Selbstbetrug
    Wir finden die Wirklichkeit laut Watzlawick nicht, wie ein Leser in der Bibliothek ein neues Buch entdeckt, sondern wir erfinden die Wirklichkeit, wie ein Dichter, der eine Geschichte schreibt. Was wir für wirklich halten, ist laut Watzlawick nicht schon vor uns da, sondern ein Ergebnis unserer Sprache, unserer Erziehung, unserer Gewohnheiten und unserer Kommunikation. Wir sehen, was wir sehen wollen. Ein bekanntes Beispiel für diese Konstruktion der eigenen Realität stammt aus Watzlawicks „Anleitung zum Unglücklichsein“: Ein Mann klatscht alle zehn Sekunden in die Hände. Ein anderer Mann fragt ihn, was dieses seltsame Verhalten zu bedeuten haben. Der Mann erklärt: “Ich klatsche, um die Elefanten zu verscheuchen.“ Als der andere Mann erwidert:
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