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Wissen auf einen Blick - Philosophen

Wissen auf einen Blick - Philosophen

Titel: Wissen auf einen Blick - Philosophen
Autoren: Cornelius Grupen
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Passenderweise heißt das griechische Wort
arche
nicht nur Urstoff, sondern auch Anfang. Die archaischen Denker stehen mit ihrer Suche nach der ersten Materie schließlich selbst am Anfang der Philosophie. Andere nennen sie nach ihrem Wirkungskreis an der ionischen Küste südlich des heutigen türkischen Izmir die ionischen Philosophen. Gemeinsam mit den Eleaten des fünften und den Atomisten des vierten Jahrhunderts sind sie als Vorsokratiker in die Geistesgeschichte eingegangen.
Am Anfang war das Wasser
    Thales von Milet, der den meisten aus der Geometrie bekannt ist, hat sich als Erster zu Wort gemeldet. Milet, eine Küstenstadt südöstlich der Insel Samos, erlebte zu Thales’ Zeit eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Dank Seefahrt und Seehandel hatte es der Stadtstaat zu großem Wohlstand gebracht. Aus diesem Grund ist es auch nicht verwunderlich, dass Thales als Bürger der vom Meer so begünstigten Hafenstadt das Wasser zum Urstoff erkor: eine Feuchtigkeit, die alles nähre und aus der zugleich alles hervorgegangen sei, womöglich sogar alles bestehe. Thales nahm an, dass alles Lebende aus dem Feuchten stamme und sich beim Vergehen verflüssige. Da Thales einen Kreislauf des Werdens und Vergehens vermutete, musste der Urstoff etwas Wandelbares und zugleich Verbreitetes sein. Auch die Tatsache, dass alle Lebewesen Wasser benötigen, spricht laut Thales für dessen Ursprünglichkeit. Die Theorie vom Wasser als Urstoff aller Dinge ist jedoch nicht rein materiell zu verstehen, denn Thales stellt sich alle Dinge als von Göttern belebt vor. Aus dem Magnetismus der metallischen Gegenstände schloss er, nicht das Sichtbare sei das Wesen der Dinge, sondern das Innere. Ein ihm zugeschriebener Satz lautet „In allem sind die Götter“.
    Die Sieben Weisen
    Neben Thales werden unter anderem der Gesetzgeber Solon (um 640–560 v. Chr.) und der Richter Bias von Priene (um 590–530 v. Chr.) zu den Sieben Weisen gerechnet. Einst kamen sie im Apollon-Heiligtum von Delphi zusammen. Jeder der Weisen sollte sich dort mit einem kurzen Spruch verewigen. Thales schrieb „Erkenne Dich selbst!“, seither gleichsam der Leitspruch der Philosophie insgesamt. Solon mahnte mit „Nichts zu viel!“ zur Mäßigung. Bias wollte der Überlieferung nach anfangs gar nichts schreiben, rang sich nach langem Zureden seiner Kollegen aber doch noch einen Spruch ab: „Die meisten sind schlecht.“

Der italienische Bildhauer Antonio Canova (1757–1822) fängt auf dem 1798 entstandenen Temperabild (Museo Canova in Possagno) ein Gespräch des Thales mit der Muse Urania ein. Das Motiv ist nicht zufällig gewählt. Thales schaut gebannt der Schutzgöttin der Astronomie beim Zeichnen auf dem Himmelsglobus zu – gilt er doch als erster Astronom der Weltgeschichte
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    (c) Interfoto, München

Der Weg ist alles
Laotse (6. Jahrhundert v. Chr.)
    Der Legende nach war Laotse Bibliothekar der Könige der bedeutenden chinesischen Zhou-Dynastie, deren Machteinfluss im 6. Jahrhundert vor Christus aber bereits abgenommen hatte. Als die Lage für den Königshof immer instabiler wurde, verließ Laotse das Land und reiste Richtung Südwesten. An einem Grenzpass nahe der heutigen Stadt Xi’an nötigte ihn ein Wächter, ihm die Perlen seiner Weisheit mitzuteilen, und Laotse diktierte dem Mann in einer einzigen Nacht das Buch „Daodejing“. Tatsächlich dürfte das Daodejing erst rund 200 Jahre später entstanden sein, und Laotse – was übersetzt „Alter Meister“ heißt – hat vermutlich nie gelebt. Das ändert aber nichts daran, dass das Daodejing eines der wichtigsten Bücher der Weltliteratur ist, auf das sich die Philosophie des Daoismus gründet.
Das Dao
    Dao heißt übersetzt „Weg“ oder „Prinzip“, und Daodejing kann man in etwa mit „Leitfaden über das Prinzip und seine Wirkkraft“ übersetzen. Die Formulierung „in etwa“ ist wichtig, denn keiner der beiden Begriffe kann wirklich übertragen werden. Daher gibt es auch höchst unterschiedliche Ausgaben des Daodejing. Das Problem liegt jedoch nicht nur in der fremden Sprache: Der Autor des Daodejing – ob er nun Laotse hieß oder anders – erklärt, dass er den Gegenstand seines Buches nur behelfsweise „Dao“ nennt, dieser aber im Grunde nicht zu benennen sei. Denn das Dao sei das Grundprinzip von allem. Um es zu beschreiben, greift das Daodejing zu negativen Formulierungen. Es ist nichts, weil alles erst durch das Dao entsteht. Es ist formlos, weil es alle Form erst
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