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Wirrnis des Herzens

Titel: Wirrnis des Herzens
Autoren: Catherine Coulter
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wenn man ihn einmal dazu gebracht hatte, etwas zu tun, dann tat er es schnell und gewissenhaft. Sein großer, würdevoller Wallach wartete gesattelt vor dem Stall.
    Langsam galoppierte Lord Beecham durch den Park. Die angenehm kühle Frühlingsluft in seinem Gesicht war genau das, was er brauchte. Er grüßte Freunde, unterhielt sich mit einigen Damen, die ihm aus ihrem Landauer zuwinkten, und entdeckte dann Pfarrer Older. Beide zügelten ihre Pferde und ritten eine Weile nebeneinander her. Pfarrer Older war ein hervorragender und allseits beliebter Geistlicher, ein exzellenter Redner, ein großer Exzentriker und ein fanatischer Liebhaber von Pferderennen. Man munkelte sogar, er würde das Geld der Kollekte als Wetteinsatz missbrauchen. Pfarrer Older allerdings hatte den Verleumder einen dreckigen Lügner genannt und ihm die Nase blutig geschlagen.
    »Ich spiele mit dem Gedanken, nächste Woche zum McCaulty Rennplatz zu fahren«, sagte Pfarrer Older. »Natürlich nicht am Sonntag. Da habe ich keine Zeit.«
    »Das kann ich mir denken«, erwiderte Lord Beecham und bemühte sich, seinem Pferd nicht direkt in die kastanienbraunen Ohren zu lachen. Würde das jetzt immer so weitergehen? Würde hinter jedem Busch ein Lachanfall lauem? Er begann schon, sich daran zu gewöhnen. »Ich wusste gar nicht, dass Sie auch an Katzenrennen interessiert sind.«
    »Diese kleinen Biester sind schneller als der Wind. Die Schwierigkeit ist, sie auf das Ziel zu konzentrieren, sie lassen sich unheimlich leicht ablenken. Waren Sie schon einmal bei einem Katzenrennen?«
    Lord Beecham schüttelte den Kopf. »Bisher nicht, aber mein Freund, Rohan Carrington, der Baron von Mountvale, ist einer der wichtigsten Schirmherren.«
    »In der Tat. Seine Katzen gewinnen regelmäßig. Außerdem arbeiten zwei der hervorragendsten Katzentrainer als Gärtner auf Mountvales Anwesen - und bestimmt nicht zu seinem Nachteil.«
    Lord Beecham konnte die Begeisterung, die manche Leute für solche Rennen aufbrachten, nicht nachvollziehen. Ein einziges Mal war er bei einem Pferderennen in York gewesen - und hatte sich zu Tode gelangweilt. Er hatte damals sogar hundert Pfund gewonnen, weil er erfolgreich auf ein Pferd gesetzt hatte, dessen gemeines Aussehen ihn an seine Großtante Honoria erinnerte.
    Sie ritten noch eine Weile nebeneinander her. Dann zog Pfarrer Older plötzlich die Zügel an und rief: »O Gott, beinah hätte ich es vergessen. Die werten Damen vom Montpellier Platz haben mich für heute zum Tee eingeladen. Ich muss sofort umkehren. Ich darf sie auf keinen Fall enttäuschen. Immerhin denke ich daran, eine von ihnen zu heiraten.«
    Das war ein Schock. Pfarrer Older war natürlich kein stadtbekannter Verführer, wie Lord Beecham es war, aber immerhin hatte er sich mit den Jahren zu einem erfahrenen Charmeur entwickelt.
    »Welche von ihnen ist denn die Glückliche, Sir?«
    »Natürlich Lilac Murcheson, die Herzogin von Chomley. Sie können sich sicherlich noch an ihren Gatten erinnern. Er war ein dummes Großmaul. Gott sei Dank ist er verstorben, bevor er Gelegenheit hatte, sein Vermögen hinauszuschleudern. Soviel ich weiß, hat er mitten in der Kirche eine fremde Frau angefasst. Daraufhin musste deren Gatte den Herzog von Chomley vor die Tür bitten und ihm eine Kugel durch die Stirn jagen. Der Sohn der Herzogin hat ihr ein nettes kleines Gestüt in Wessex geschenkt. Wenn ich einmal nicht mehr predigen kann, könnte ich mich dorthin zurückziehen und noch ein paar Jahre lang Pferde züchten.«
    Kopfschüttelnd sah Lord Beecham Pfarrer Older nach, wie er wegritt. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Pfarrer einmal damit aufhören würde, auf der Kanzel zu stehen und Sündiger zu verdammen, und im nächsten Moment laut zu lachen, weil der Chorleiter über sein Gewand stolpernd auf den Organisten prallte, dem daraufhin wiederum ein derartig ohrenbetäubender Akkord entfuhr, dass sich die versammelten Kirchgänger die Ohren zuhielten.
    Es war ihm rätselhaft, dass sein Vater mit Pfarrer Older befreundet gewesen war. Pfarrer Older war exzentrisch und vielleicht etwas wettsüchtig, aber er schien ein ehrenwerter Mann zu sein. Im Gegensatz zu Gilbert Heatherington, Lord Beechams Erzeuger.
    Er seufzte und lenkte sein Pferd vom Weg ab und in einen weniger bevölkerten Ausläufer des Parks, wo er die Möglichkeit hatte, schnell zu galoppieren. »Auf geht's«, flüsterte er dem Pferd ins Ohr. »Mach, was du willst.«
    Augenblicklich streckte das Tier den Hals,
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