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Wir sind verbannt (German Edition)

Wir sind verbannt (German Edition)

Titel: Wir sind verbannt (German Edition)
Autoren: Megan Crewe
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mich. Ich erinnere mich noch genau an diese dunkelgelben Augen.
    Mittlerweile ist es eine schöne Erinnerung, doch damals erschrak ich total. Ich drehte mich um und brüllte nach Mom, da zuckte der Kojote zusammen, machte auf der Stelle kehrt und rannte davon.
    »Aber warum hatte der Kojote denn Angst?«, fragte Meredith.
    »Weil die Menschen den Tieren viel mehr Leid zufügen als sie uns«, antwortete ich. »Wir meinen immer, wir wüssten alles über sie, dass einige von ihnen böse sind, zum Beispiel; doch wenn man genau hinsieht, dann merkt man, dass sie nichts anderes tun, als auf sich aufzupassen, genau wie wir.«
    Als wir nach Hause kamen, hörte Meredith gar nicht mehr auf, von den Kojoten zu erzählen, als wäre sie zu sehen das Tollste gewesen, was sie je erlebt hatte. Ich hatte keine Ahnung, dass Dad deswegen sauer war, bis Onkel Emmett sie abgeholt hatte. Dann zitierte er mich ins Wohnzimmer und setzte diesen strengen Gesichtsausdruck auf, den Drew und ich immer sein Wissenschaftler-Face nennen.
    »Du solltest Meredith in Zukunft besser nicht mehr mit zu den Kojoten nehmen.«
    »Was?«, fragte ich. Nachdem ich gesehen hatte, wie glücklich sie war, konnte ich gar nicht glauben, was ich da hörte.
    »Sie ist neun Jahre jünger als du«, fuhr er fort. »Sie versteht noch nicht, wie wichtig es ist, in der Nähe von Wildtieren vorsichtig zu sein. Du weißt, es hat schon Berichte über Kojoten gegeben, die anderswo Kinder angegriffen haben.«
    »Die waren alle viel jünger als Meredith«, erwiderte ich. »Ich habe ihr gezeigt, wie man aufpasst. Sie ist …«
    Er schnitt mir das Wort ab. »Über dieses Thema diskutieren wir nicht länger«, sagte er, als hätten wir das vorher getan. »Es gibt eine Menge andere Dinge, die ihr zwei zusammen unternehmen könnt.«
    Und dann verschwand er in seinem Arbeitszimmer.
    Du kennst meinen Dad – er hat es immer unterstützt, dass ich die Tiere beobachte. Und ich habe schon angefangen, ganz alleine rauszugehen und den Kojoten zuzuschauen, als ich kaum älter als Meredith war. Ich kapier nicht, warum er sich jetzt solche Sorgen macht.
    Vielleicht ist er ja gar nicht wegen der Kojoten so verärgert, sondern bloß genervt wegen irgendetwas anderem. Ich muss wohl später noch mal mit ihm reden, wenn er in besserer Stimmung ist.

9. September
    Letzte Nacht ist Rachels Dad mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht worden. Ich habe davon gehört, als ich heute Morgen in die Schule kam. Ein ganzer Pulk Leute redete schon über ihn – im Flüsterton, aber doch laut genug, dass ich verstehen konnte, wie Shauna, die in der Klasse hinter mir sitzt, »Psycho« und »Krankenwagen« sagte, nachdem sie Rachels Namen genannt hatte.
    Normalerweise hätte ich auf Mackenzie gewartet, damit sie mich auf den neuesten Stand bringt. Shauna hat schon, als wir noch klein waren, immer die Nase gerümpft, wenn ich Kaulquappen mitbrachte, um sie in der Klasse herumzuzeigen, und angefangen zu kichern, wenn ich mit Grasresten an den Klamotten in der Schule aufgekreuzt bin, was nicht selten vorkam. Doch ich fand, die neue Kaelyn würde sich von so ein paar Gemeinheiten, die auch noch Jahre zurücklagen, nicht davon abhalten lassen, sich danach zu erkundigen, was passiert war. Also drehte ich mich auf meinem Stuhl um und fragte: »Was ist denn los?«
    Shauna musste zweimal hinsehen, als könnte sie überhaupt nicht glauben, dass wirklich ich mit ihr sprach. Ihre Brauen formten sich zu perfekten Bögen. »Willst du damit sagen, du weißt es nicht?«, fragte sie. Wahrscheinlich dachte sie, ich müsste längst auf dem Laufenden sein, weil ich öfter mit Rachel zusammen bin.
    Ich machte den Mund auf, brachte aber nichts heraus, und ein paar von Shaunas Freundinnen begannen zu kichern. Doch das spielte eigentlich keine Rolle mehr, denn in diesem Augenblick glitt Mackenzie auf ihren Platz neben mir. Ich drehte mich zu ihr um und hoffte, mein Gesicht wäre nicht so dunkel angelaufen, dass es auffiel.
    »Ziemlich abgefahren, oder?«, sagte Mackenzie.
    »Was denn?«, fragte ich. »Ich hab noch gar nichts gehört.«
    »Rachels Dad«, erklärte sie mir und senkte die Stimme. »Er ist gestern Nacht total durchgedreht. Hat um zwei Uhr morgens hinten im Hof gegen den Zaun gebollert und rumgeschrien und die ganze Straße aufgeweckt.«
    »Was hat er denn geschrien?«, erkundigte ich mich. Ich musste daran denken, wie er sich letzte Woche benommen hatte, und mir lief ein kalter Schauer über den Rücken.
    »Das
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