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Wir sind verbannt (German Edition)

Wir sind verbannt (German Edition)

Titel: Wir sind verbannt (German Edition)
Autoren: Megan Crewe
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verlassen hat. Aber er meinte, er würde sicher spätestens um sieben zu Hause sein.«
    Dann drückte sie sich noch ewig an der Tür rum, während ich meine Schulbücher aus dem Rucksack nahm. Ich fing schon langsam an, mir Gedanken zu machen, was los sein könnte, da fragte sie mich schließlich: »Wie geht es dir, Kaelyn?«
    »Mir geht’s gut«, antwortete ich.
    »Ich weiß, es war nicht leicht für dich, erst nach Toronto zu ziehen und dann noch einmal komplett entwurzelt zu werden«, sagte sie. »Wenn du mal das Bedürfnis hast zu reden, hör ich dir gerne zu, das weißt du, nicht wahr? Dazu bin ich ja da.«
    Ihre Augen wurden ganz feucht, wahrscheinlich dachte sie an Nana – daran, dass sie einen Schlaganfall bekommen hatte und gestorben war, während Mom fort war.
    Doch was könnte sie schon groß tun, wenn ich ihr von unserem Streit erzählte, oder davon, wie einsam ich in Toronto war und wie fehl am Platz ich mir jetzt hier vorkam? Nicht viel. Also antwortete ich: »Ich weiß, Mom. Es ist alles in Ordnung, ehrlich.«
    »Dann ist es gut«, sagte sie. Dabei sah sie aus, als wollte sie noch etwas hinzufügen, aber schließlich ging sie einfach.
    Ich hoffe, Dad kommt bald nach Hause. Es ist schon fast sieben, und ich sterbe vor Hunger.

5. September
    Was für ein seltsamer Tag.
    Mrs Harnett verteilt in Geschichte jetzt schon Gruppenreferate, aber wenigstens lässt sie uns unsere Partner dafür selbst aussuchen. Ich arbeite mit Rachel zusammen, weil Mackenzie nicht in unserem Kurs ist. Das ist mir auch ganz recht so, denn Mackenzie würde wahrscheinlich die ganze Zeit über irgendwelche Filmstars quasseln, die sie mal getroffen hat, und sich die Nägel lackieren, während ich die ganze Arbeit mache. Rachel interessiert sich wenigstens wirklich für ihre Noten.
    Wir beschlossen, bei Rachel zu Hause mit der Arbeit anzufangen, weil sie näher an der Schule wohnt. Nach dem Unterricht gingen wir zu Drew in den Computerraum, wo er gerade ein paar anderen Zwölftklässlern zeigte, wie man sich in die geschützten Ordner der Lehrer hacken kann, und ich bat ihn, Mom zu sagen, wo ich war. Rachel sagte »Hi« und fing plötzlich an, ganz verlegen zu lächeln. Drew tat natürlich so, als würde er absolut nichts merken. Wenn mich sein Privatleben etwas anginge, würde ich Rachel sagen, dass es zwecklos ist, mit ihm zu flirten, aber es geht mich ja nichts an.
    Ich fing allerdings an, darüber nachzudenken, ob ich selbst Rachel vielleicht keine echte Chance gegeben habe. Ich meine, ich verbringe immer meine Zeit mit ihr, weil sie dauernd mit Mackenzie zusammen ist, doch als Mackenzie den ganzen August über in L.A. war, habe ich sie kein einziges Mal angerufen. Sie mich allerdings auch nicht. Dabei habe ich anscheinend mit ihr mehr gemeinsam als mit Mackenzie. Ich sollte versuchen, netter zu ihr zu sein. Mein neues Ich würde das jedenfalls tun.
    »Wie geht’s deinem Dad?«, erkundigte ich mich, als wir auf dem Weg zu ihr nach Hause waren.
    »Ganz gut, glaube ich«, antwortete sie. »Lass uns jetzt lieber das Thema für unser Referat aussuchen.«
    »Es sollte auf jeden Fall was Interessantes sein«, sagte ich. Kanadische Meeresgeschichte haben wir schon in so ziemlich jeder Jahrgangsstufe behandelt, und ich habe absolut keine Lust, dasselbe immer wieder durchzukauen und zuzusehen, wie die Klasse dabei einschläft.
    »Lass’ uns die Akadier nehmen«, sagte Rachel, und ich verzog das Gesicht.
    »Das machen doch alle«, erwiderte ich. »Ich hab gehört, wie sie sich darüber unterhalten haben.«
    »Klar«, erwiderte Rachel, »weil es darüber mehr Material gibt als über sonst irgendwas. Ich will schließlich eine gute Note kriegen.«
    »Aber vielleicht fände Mrs Harnett was Originelleres auch ganz gut«, wandte ich ein. »Wir könnten was über die Mi’kmaq-Indianer machen oder über die schottischen Einwanderer oder die Fischindustrie – dazu könnten wir sicher eine Menge rausfinden.«
    Ich wollte wirklich keinen Streit vom Zaun brechen – schließlich will ich auch eine gute Note haben. Aber Rachel blickte mich kühl an und sagte: »Für Fische interessiert sich doch kein Mensch. Wenn du keine Lust hast, das Referat mit mir zu machen, kannst du dir ja jemand anderen suchen.«
    Woher zum Teufel kam das bloß? Ich bin die Unterhaltung im Kopf noch ein Dutzend Mal durchgegangen und glaube immer noch nicht, dass ich irgendwas gesagt habe, was sie dermaßen hätte aufregen müssen.
    Ich wünschte, Menschen wären
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