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Wir sind verbannt (German Edition)

Wir sind verbannt (German Edition)

Titel: Wir sind verbannt (German Edition)
Autoren: Megan Crewe
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langsam schon das Gefühl, dass vielleicht doch alles in Ordnung war – bis ich den Blick hob und Dads Gesichtsausdruck sah. Er war kreidebleich, und seine Hände lagen reglos im Abwaschwasser.
    »Ihr Vater hat dich angefasst?«, fragte er und klang, als müsste er sich sehr anstrengen, nicht laut zu werden.
    »Nur an der Schulter«, antwortete ich. »Nicht irgendwie unangemessen oder so.«
    »Und Rachel heute«, fuhr er fort. »Sie hat dich umarmt – hattest du den ganzen Tag lang dieselben Sachen an?«
    Meine Wangen wurden ganz heiß, weil ich mir wie ein Idiot vorkam.
    »Nein«, antwortete ich. »Ich hab mich umgezogen, als ich nach Hause kam, und geduscht. Ich dachte irgendwie – wenn das ansteckend ist, was sie hat – ich will es nicht kriegen.«
    Dads Haltung entspannte sich, was dazu führte, dass ich mich wieder total verspannte.
    »Glaubst du, das ist es?«, fragte ich. »Ansteckend?«
    »Es ist immer besser, vorsichtig zu sein, Kae«, antwortete er. »Du solltest heute Abend sämtliche Sachen aus deinem Wäschekorb durch die Waschmaschine jagen. Und Rachel war doch letzte Woche in der Schule, oder? Nachdem du ihrem Vater begegnet bist?«
    Ich nickte, und da sagte er: »Dann solltest du zu Hause bleiben. Wenigstens bis zum Wochenende.«
    »Was?«, fragte ich. Ich hatte Angst davor gehabt, krank zu werden, weil ich dann in der Schule fehlen würde. Ich brauche vielleicht kein Stipendium, aber ich muss trotzdem gute Noten bekommen, um für einen der naturwissenschaftlichen Studiengänge an einer der Spitzenunis angenommen zu werden. Außerdem würde sich zu Hause bleiben nicht mit meinem Die-neue-Kaelyn-Projekt vertragen.
    »Aber diese Woche ist das Probetraining fürs Schwimmteam«, wandte ich ein. »Mrs Reese hat gesagt, dass sie nur Leute aufnimmt, die von Anfang an zeigen, dass sie sich richtig reinhängen.«
    »Ich bitte jemanden im Krankenhaus, dir ein Attest zu schreiben«, antwortete er. »Wir dürfen nichts riskieren, Kae.«
    »Was denn riskieren? Wir wissen ja noch nicht einmal, was überhaupt los ist!«, rief ich.
    Dann hörte ich Mom hinter mir in die Küche kommen. Sie legte ihre Hand auf meinen Rücken und sagte: »Gordon, du solltest es ihr lieber sagen.«
    »Mir was sagen?«, fragte ich, drehte mich zu ihr um und wandte mich dann wieder Dad zu. Anstatt mich anzusehen, blickte er sie an.
    Mom diskutiert nicht gern – sie sagt, die Devise »steter Tropfen höhlt den Stein« sei mehr ihr Ding. Aber wenn ihr etwas wirklich wichtig ist, dann scheut sie nicht davor zurück, auch mal ein Machtwort zu sprechen. Dad wollte Drew nach dem Knutsch-Vorfall seine Sonderrechte fürs Internet und das Telefonieren wegnehmen, doch Mom sagte, das sei lächerlich, und damit hatte sich die Sache.
    »Sie ist erst sechzehn«, sagte Dad, als wäre ich noch ein Kleinkind.
    »Genau«, antwortete Mom. »Und wie alle normalen Sechzehnjährigen wird sie nur auf dich hören, wenn du ihr einen Grund dafür gibst.«
    Dad nahm die Hände aus der Spüle und trocknete sie ab. Dann fuhr er sich mit den Fingern durch die Haare.
    »Was ist los?«, wollte ich wissen. Wenn er mir früher erzählt hätte, was er weiß, wäre ich vielleicht gar nicht erst zu Rachel gegangen. Glaubte er wirklich, diese Geheimniskrämerei würde mich schützen?
    »Rachels Vater ist sehr krank«, sagte er. »Wir wissen nicht genau, was ihm fehlt.«
    »›Wir‹?«, wiederholte ich. »Hast du ihn etwa besucht?« Er lächelte knapp. »Ich bin der einzige Mikrobiologe auf der Insel«, antwortete er. »Die Krankenhausärzte haben erkannt, dass sie die Krankheit, die sie zu behandeln versuchten, nicht identifizieren konnten, also fanden sie es sinnvoll, mich hinzuzuziehen. Letzte Woche sind noch zwei weitere Fischer ins Krankenhaus eingeliefert worden, und heute Morgen noch einer, alle mit ähnlichen Symptomen: Husten, ständiger Juckreiz und Fieber, gefolgt von einer starken Abnahme sozialer Hemmungen. Und am Ende Panikattacken infolge geistiger Umnachtung.«
    »Sie haben Wahnvorstellungen?«, fragte ich und dachte an Mackenzies Theorie. »Wegen dem Fieber?«
    »Wir wissen es nicht genau«, erwiderte er.
    Also im Grunde heißt das, irgend so eine komische Krankheit bringt die Hirne der Leute völlig durcheinander, und kein Mensch hat auch nur die geringste Ahnung, was es ist oder woher es kommt. Wozu gibt es denn Ärzte, wenn sie nicht mal in der Lage sind, so was rauszufinden?
    Mom schlang ihren Arm um mich und rieb meine Schulter. »Wird das mit
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