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Wir neuen Großvaeter

Wir neuen Großvaeter

Titel: Wir neuen Großvaeter
Autoren: Rainer Holbe
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Gesellschaft sich allmählich von ihren alten Geschlechterbildern zu lösen beginnt.
    Männer als Betreuer sind jedoch nicht nur für ihre kleine Klientel ideal, sondern auch für jene Kinder, die ohne Vater aufwachsen. Doch ebenso ist es für Väter wichtig, mal mit einem Erzieher sprechen zu können, von Mann zu Mann, und auch darüber, dass sich Väter viel zu selten in solchen Einrichtungen sehen lassen.
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    Auf pädagogische Konzepte von Kindergärten und zu Fragen der Bildungspolitik kann und will ich hier nicht eingehen, empfehle jedoch bei Bedarf das Buch von Antje Bostelmann und Benjamin Bell Kindergarten statt Kummergarten! – So geht’s: Wie Kinder, Eltern und Erzieher froh werden und warum unsere Gesellschaft davon profitiert .
    Eines scheint mir aus meiner Großvaterposition heraus jedoch sicher: Kinder brauchen Ansprache, haben ein Anrecht auf Antworten und wollen auch mal in den Arm genommen werden.
    Mag sein, dass dies Binsenweisheiten sind. Aber manchmal geht es halt nicht ohne. Kinder werden schlau, wenn ihnen ihr Mut und ihre Neugier nicht abtrainiert werden. Setzt man an
die Stelle der Neugier ein von Erwachsenen gesetztes Ziel, wird ein Kind mutlos und uninteressiert. Der Kindertherapeut Wolfgang Bergmann bringt es in einem Artikel in der Frankfurter Rundschau (Nr. 294/2010) auf den Punkt: »Unsere Kinder sollen keine kleinen Genies werden, sondern einfach nur glücklich, soweit es möglich ist – dann werden sie auch schlau!«

Die Cheopspyramide im Wohnzimmer
    Schon Dreijährige verfügen über die Fähigkeit, gezielt Fragen zu stellen
    Großeltern prägen die Persönlichkeit der Enkel
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    Â»Bildung trennt die Erfolgreichen von den Erfolglosen«, meint knallhart Vince Ebert, Wissenschaftskabarettist und Deutschlands lustigster Physiker. Wer bei Wer wird Millionär weiß, wie alt eine Honigbiene wird, ist nicht unbedingt intelligent. Als Leos Vater einmal bei einer solchen Quizsendung hängenblieb und es gerade um eine halbe Million ging, wurde der Vierjährige aufmerksam: »Wie heißt das Gefäß, in dem die alten Ägypter die Organe adliger Verstorbener aufbewahrten? « Noch ehe auf dem Bildschirm die vier Alternativen genannt wurden, antwortete Leo im Vorübergehen: »Kanopen!« Hätte er in diesem Augenblick auf dem heißen Stuhl im Fernsehstudio gesessen, wäre er wohl der erste Vierjährige der Welt mit einer Viertelmillion im Sack geworden.
    Ist Leo also ein Genie? Ich vermute, eher nein. Doch er kennt sich gut im alten Ägypten aus. Lieblings-Pharao ist Ramses II., weil der mit einem gezähmten Löwen gegen die Hethiter ins Feld zog, so als hätte er einen Pudel an der Leine. Auch von Tutenchamun ist Leo begeistert, schon wegen der beeindruckenden Goldmaske. Leo vermutet übrigens, dass der
Pharao in jungen Jahren vergiftet wurde. Das Interesse an dem Land am Nil begann, als sich Leo vom deutschen Mittelalter gelangweilt abwandte. An den Ritterburgen interessiert ihn nur noch das frei über der Festungsmauer angebrachte Klosett. Ein Lieblingsbuch bleibt freilich Rüstungen und Kriegsgerät der Ritter und Landsknechte – 15. bis 16. Jahrhundert . Da kennt er jede Hellebarde. Die Playmobil-Priester tragen Anubis-Masken und der Pharao als Zeichen seiner Würde Bart und Uräus-Schlange.
    Seit eine maßstabsgerechte Mini-Cheopspyramide bei uns im Wohnzimmer steht, finden auch Max und Ferdinand Gefallen an der ägyptischen Hochkultur. Sie öffnen Sarkophage, entblößen Mumien bis auf die bleichen Knochen, inspizieren die Hütten der Grabräuber und gondeln mit einem Papyrusboot über den Nil.
    Zu den Grundbedürfnissen unserer Enkel gehört das Recht auf Bildung. Es war eine gute Idee, als im Sommer 2002 die Tübinger Uni damit begann, ein Semester für Kinder einzurichten. Jeden Dienstag strömten Kinder im Alter zwischen sieben bis zwölf Jahren in die Neue Aula, zückten ihre Studentenausweise, bekamen die Vorlesungsstempel und besetzten den größten Hörsaal. Inzwischen sind andere Universitäten dem Tübinger Beispiel gefolgt. Trotz bestem Badewetter waren in den vergangenen Jahren auch die Hörsäle in Frankfurt mit Kindern überfüllt, als echte Professoren darüber referierten, warum Vulkane Feuer speien, die Dinosaurier ausgestorben sind und wir über Witze lachen. Die Kinder dürfen während der
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