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Wir kommen von der Presse

Wir kommen von der Presse

Titel: Wir kommen von der Presse
Autoren: Walter Gronemann
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bewundernd an. Ute war wirklich das mutigste Mädchen, das er kannte.
    Sogar Schmuddel war verblüfft. Eine Weile blickte er seine Gefangenen an, als ob er ihre Gedanken lesen wolle. »Ich schätze«, sagte er dann langsam, »ihr Holzköpfe habt tatsächlich keine Ahnung. Dabei steht alle paar Wochen was über uns in der Zeitung. Noch nie gelesen, was? Und ihr wollt Zeitungsreporter sein? Ha, lächerlich!« Und er befahl seinen Leuten: »Laßt die komischen Figuren laufen!«
    Die Jungen gehorchten nur widerwillig und machten enttäuschte Gesichter. Zugleich aber staunten sie darüber, daß Ute und Klaus nicht gleich davonrannten, sondern einfach stehen blieben.
    »Worauf wartet ihr noch?« fragte Schmuddel.
    »Wir warten auf eure Antwort«, sagte Klaus. »Ute hat vorhin was gefragt. Und das interessiert uns wirklich. Glaubt ihr uns etwa nicht? Wir wollten zwar nur den Pförtner von der Maschinenfabrik besuchen, aber jetzt möchten wir unbedingt alles über eure Kolonie erfahren. Ganz genau.«
    Schmuddel schien ihnen zu glauben. Es hatte ihn wohl gewaltig beeindruckt, daß die beiden nicht feige fortgerannt waren. »Kommt mit«, sagte er. »Wir werden euch einiges zeigen.«
    Die Jungen streiften mit Klaus und Ute kreuz und quer durch die Kolonie. Vor mehreren Häusern sahen sie Leute, die Gartenbeete umgruben, harkten, pflanzten oder säten. Manche standen auch nur an den niedrigen Hecken, die die Gärten trennten, und unterhielten sich miteinander.
    Doch das war es nicht, was die Jungen Klaus und Ute zeigen wollten. Sie führten die beiden in hinter dichten Büschen verborgene Gartenwinkel, in Schuppen, Keller und auf dunkle, geheimnisvolle Dachböden, wo man nur geduckt gehen konnte, weil man sich sonst an den niedrigen Dachbalken den Kopf stieß.
    In den Schuppen und Gartenwinkeln zeigten sie ihnen mehrere Ställe mit Kaninchen und Meerschweinchen. Auch einen winzigen Teich mit Goldfischen gab es in einem der Gärten. Schmuddel wies auf einen besonders dicken Fisch. »Der heißt August-Wilhelm. Ich hab’ ihn von meinem Opa, der heißt auch so.«
    In einem Keller fauchte sie eine Katze an, die in einer mit Stroh ausgepolsterten Ecke fünf Katzenkinder bewachte. Auf einem Dachboden öffnete Schmuddel die Luke zu einem Verschlag.
    »Wollt ihr mal sehen?« fragte er. »Das ist der Taubenschlag von meinem Paps. Brieftauben sind das. Manche von ihnen sind schon durch halb Europa geflogen.« Während Ute und Klaus die ein- und ausfliegenden Tauben beobachteten, erzählte Schmuddel ihnen einiges über die Kolonie. »Sie wollen hier alles abreißen und neu bauen, einen Supermarkt oder eine Fabrik. Genau wissen sie es wohl selber noch nicht, die Verantwortlichen’! Auf jeden Fall wollen sie etwas bauen, das mehr Mietgeld einbringt als unsere alten Häuser. Das ist der Grund«, sagte er zu Ute. »Und außerdem die Antwort auf deine Frage.«
    Ute überlegte. »Aber dann könntet ihr doch sicherlich in größere und modernere Wohnungen ziehen, mit Balkon und so.«
    »Na und? Was ist schon ein Balkon gegen unsere Kolonie?« erwiderte Schmuddel. »In modernen Häusern ist doch alles verboten, was Spaß macht. Oder darf man da etwa Kaninchen halten, oder Katzen oder Brieftauben? Da gibt’s auch keine alten Bäume, auf die man klettern kann. Und denk bloß mal an unsere Dachböden hier. Jeder von uns hat da seine Geheimverstecke und heimlichen Schlupfwinkel. Gibt’s so was etwa auch in diesen acht- oder zehnstöckigen neuen Häusern? — Nee, siehste! Da gibt’s bloß gekachelte Badezimmer und so ‘n Käse. Na ja, ‘ne gekachelte Dusche haben wir auch. Hat mein Paps selber gebaut. Im Keller.«
    Ute sah ihn nachdenklich an. Jetzt hatte sie begriffen, warum die Jungen lieber in ihrer Kolonie bleiben wollten. »Ich glaube, an eurer Stelle würde ich auch lieber hier wohnen bleiben.«
    »Ich hab’ ja gleich gesagt«, meinte Klaus, »daß ich es nicht gut finde, wenn die hübschen alten Häuser abgerissen werden.«
    »Dann ist ja alles in Ordnung«, sagte Schmuddel, und seine Leute waren der gleichen Meinung. »Jetzt halten wir euch auch nicht mehr für Schnüffler und Spione.« Doch dann fügte er noch lachend hinzu: »Aber auch nicht für Zeitungsreporter.«
    »Reden wir nicht mehr davon«, sagte Klaus. »Seid ihr einverstanden, wenn ich hier in der Kolonie noch ein paar Aufnahmen mache? Ich würde euch auch gern vor euren Kaninchenställen knipsen.«
    Sie waren einverstanden.
    »So, und jetzt zeigen wir euch, wo Herr Neubert
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