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Wir erklären den Frieden! (German Edition)

Wir erklären den Frieden! (German Edition)

Titel: Wir erklären den Frieden! (German Edition)
Autoren: Stéphane Hessel , Dalai Lama
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für die Umwandlung des Sicherheitsrats in ein Organ, das nicht nur für politische, sondern auch für wirtschaftliche und soziale Sicherheit zuständig ist. Dort sollten die 20 oder 25 aufgrund ihres demografischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gewichts »verantwortungsvollsten« Staaten der Welt vertreten sein. Es gäbe kein Vetorecht. Die Entscheidungen würden mit qualifizierter Mehrheit getroffen, denkbar wäre eine Zweidrittelmehrheit.
    D. L.: Schon seit Jahren wünsche ich mir ein Gremium, das nicht aus Regierungsvertretern besteht, sondern einfach aus integren Persönlichkeiten wie Desmond Tutu 14 oder Sie selbst, Persönlichkeiten, denen allgemein vertraut wird. Ein solches Gremium könnte die Menschen beim Generalsekretariat der Vereinten Nationen viel wirksamer vertreten, insbesondere in Krisenzeiten, wenn bei der Entscheidungsfindung nicht alle Interessen berücksichtigt werden.
    S. H.: Das sehe ich genauso. Wir brauchen ein Komitee von Weisen wie Gorbatschow, die keine Machtposition mehr bekleiden und sich ausschließlich für das Wohl der Menschheit einsetzen. Weise, die den UN-Generalsekretär unverblümt auffordern, das Vetorecht abzuschaffen und für Einigung zu sorgen. Aber wir brauchen auch eine junge Generation, die weltweit auf die Straße geht, ihren Unmut äußert und sich für echte Demokratie starkmacht. Denn wenn die Straßen voller junger Demonstranten sind, werden die Regierungen auf die weisen Alten hören, andernfalls müssten sie die Jugend bekämpfen. Und weil das nicht im Interesse der Regierungen ist, werden sie auf die Weisen hören!
    D. L.: Möglicherweise.
    S. H.: Ja, schließlich hat der Generalsekretär die Aufgabe, Frieden zu stiften und zu wahren. Wenn er erkennt, dass er für seine Arbeit die Unterstützung von Personen braucht, die aufgrund ihres Wissens, ihrer Erfahrung und ihrer vielfältigen kulturellen Herkunft als Fürsprecher der Menschheit ausgewählt wurden – etwa ein Dutzend, mehr nicht, hochangesehene Persönlichkeiten, möglichst mehr Frauen als Männer –, wird er mit ihrer Hilfe die angesichts einer wachsenden Gefährdung des Weltfriedens nötigen Reformen umsetzen können. Natürlich sind die Vereinten Nationen ein intergouvernementales Organ, die Entscheidungen werden von den Regierungen getroffen, aber der Generalsekretär kann gemäß Artikel 99 der Charta den Sicherheitsrat auf dringenden Handlungsbedarf hinweisen. Das ist seine Pflicht.
    D IE H ERAUSGEBER : Ein solches Weisen-Komitee könnte auch die bemerkenswerte Einlassung des Asienkenners und Missionars Pater Ponchaud erörtern, der die Weltöffentlichkeit als Erster über die Gräueltaten der Roten Khmer in Kenntnis setzte: »Auch wenn es manche schockieren mag, bin ich der Meinung, dass das Konzept der Menschenrechte nicht universal, sondern ein Teil des jüdisch-christlichen Erbes ist, auf den ich mich bei meinen humanitären Einsätzen berufe: Jede Person ist eine Tochter oder ein Sohn Gottes! Heilig ist nur der Mensch. Für einen Buddhisten gibt es den Begriff der Person nicht: Der Mensch ist kein Subjekt, sondern bloß ein Bündel Energie, das sich positiv oder negativ auflädt, je nachdem, ob er gut oder schlecht gehandelt hat. Das ergibt sich zwangsläufig. Wir können unseren christlichen Beitrag zur Menschheitsgeschichte nicht anderen Kulturen aufzwingen. Davon abgesehen finde ich es einigermaßen deplatziert, dass der materialistische, überhebliche Westen sich als Verteidiger der Menschenrechte aufspielt.« 15 Was halten Sie davon?
    S. H.: Ich bin ganz anderer Meinung. Natürlich tut Pater Ponchaud gut daran, die Mängel des materialistischen Westens anzuprangern. Doch die Verfasser der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hatten keineswegs den Westen im Sinn, sondern sehr wohl die ganze Menschheit. Zu diesen Verfassern zählten ein Chinese, ein Libanese, mehrere Lateinamerikaner und ein Inder. Nicht ohne Grund hat René Cassin 16 durchsetzen können, dass die Erklärung mit dem Adjektiv »allgemein« versehen wird, was im internationalen Kontext einzigartig ist. Wir dürfen nicht zulassen, dass Diktatoren sich hinter dem Argument verschanzen, die Erklärung sei auf den Westen zugeschnitten, um sich ihren Forderungen zu entziehen. Nicht Gott sorgt für Gerechtigkeit, sondern die Menschen, die aufrechten Demokraten müssen es tun.
    D. L.: Wir Menschen sind im Kern doch alle gleich, egal, aus welchem Land oder Kontinent wir stammen. Wir haben alle die gleichen Wünsche und
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