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Wir - die Unsterblichen

Wir - die Unsterblichen

Titel: Wir - die Unsterblichen
Autoren: Clark Darlton
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Bernstein hat auch eine Narbe unter dem linken Ohr, und die sieht genauso aus wie die von Montelli. Glaubst du mir nun?«
    »Das kann Zufall sein.«
    Ben Miller schüttelte den Kopf, dann griff er in die Brusttasche, schob den kurzläufigen Revolver im Schulterhalfter zur Seite, und zog eine Zeitung hervor. Er warf sie Kel Dave aufs Bett.
    »Jetzt bin ich es leid, Kel. Sieh dir das Foto an, und dann sage mir, was du denkst. Ich habe es mir bis zuletzt aufgespart, als Hauptargument. Wurde gestern bei dem Vortrag gemacht …«
    Dave nahm die Zeitung und hielt sie hoch. Er fand das Bild sofort, und kaum hatte er den Mann darauf erkannt, da verlor er seine bisherige Ruhe. Er setzte sich hin und starrte fassungslos auf das Bild des noch relativ jungen Mannes mit den grauen Haaren, der hinter einem Rednerpult stand und mit einem Zeigestock auf eine Tafel deutete, die an der Wand hing. Er war deutlich im Profil zu sehen, von der linken Seite her. Die grauen Schläfenhaare verdeckten die Narbe nicht.
    Kel Dave ließ die Zeitung sinken.
    »Verdammt, ich fresse meine Schuhe, wenn das nicht Montelli ist!«
    Miller streckte gemütlich die Beine aus.
    »Sage ich ja die ganze Zeit. Und was gedenkst du nun zu tun …?«
     
    Nachdem das Experiment geglückt war, ließ sich der neue Dr. Bernstein längere Zeit nicht in der Öffentlichkeit sehen. Auch machte sich seine bisherige Pressescheu bezahlt, denn nur seine engsten Mitarbeiter und Freunde kannten ihn dem Aussehen nach. Obwohl sein Name in der gesamten Fachwelt nur mit Respekt genannt wurde, hatten ihn die wenigsten Kollegen jemals zu Gesicht bekommen.
    Es fiel ihm schwer, sich an seinen neuen Körper zu gewöhnen. Untersuchungen hatten bestätigt, daß es sich um einen ungewöhnlich gesunden und widerstandsfähigen Körper handelte. Alle Organe befanden sich in bester Verfassung. Die Lebenserwartung betrug noch gut fünfzig Jahre.
    Und wenn der Körper gesund war, machte auch das ältere Gehirn mit.
    Die ersten Wochen verbrachte Dr. Bernstein im Institut unter der ständigen Aufsicht Dr. Blacks und Dr. Kolovs. Die Narbe am Haaransatz war längst verheilt und verdeckt. Bernstein fühlte sich als Bernstein, und er hatte es auch nicht anders erwartet.
    Als er dann später Montelli in seiner Anstaltszelle besuchte, betrachtete er das, was einstmals er gewesen war, mit einer Mischung aus Interesse und Abscheu. Sein Körper, der hatte sich nicht geändert. Aber in ihm wohnte nun ein anderer, ein Bankräuber und Doppelmörder.
    »Soll ich vielleicht ewig in diesem Loch bleiben?« fragte Montelli mit Bernsteins Stimme. »Ich stehe Ihnen übrigens gut. Ihr ehemaliges Klappergestell hingegen gefällt mir überhaupt nicht.«
    »Sie haben hier alles, was Sie zum Leben benötigen, Montelli. Daß wir Sie nicht laufenlassen können, wußten Sie auch. Der Bundesgerichtshof hat inzwischen Ihr Urteil in lebenslänglich umgewandelt. Wir könnten Sie also ins Zuchthaus einliefern, aber wir stehen zu unserer Abmachung. Sie bleiben hier. Ein Fluchtversuch annulliert den Vertrag.«
    »Möchte wissen, wie ich mit diesem sensiblen Gerüst fliehen soll. Der Geist ist willig … aber das kennen Sie ja.«
    Dr. Bernstein nahm einen Anlauf und sagte:
    »Man erwartet von Ihnen, daß Sie das Versteck des von Ihnen geraubten Geldes angeben, damit die Hinterbliebenen der beiden ermordeten Polizisten ausreichend versorgt werden können.«
    Montelli begann schallend zu lachen. Er konnte sich kaum noch beruhigen. Endlich ächzte er:
    »Mann, Sie machen mir Spaß. Als ob die bedauernswerten Witwen etwas von dem Geld erhielten, das der Bank gehört! Keinen Cent sehen die davon, ob ich es herausrücke oder nicht. Also behalte ich es auch.«
    »Sie haben nichts mehr davon.«
    »Sie auch nicht.«
    Dr. Bernstein seufzte.
    »Sie zeigen keinen Funken von Reue oder Dankbarkeit. Schließlich habe ich Ihnen das Leben gerettet. Gut, Sie haben der Wissenschaft einen Dienst erwiesen – und mir auch. Aber vorher haben Sie zwei Leben ausgelöscht. Das wären zwei gegen eins. Zumindest für einen Mord müssen Sie noch sühnen. Leben Sie wohl. Ich frage in einigen Wochen noch einmal nach. Vielleicht ändern Sie Ihre Meinung.«
    Montelli gab keine Antwort. Er sah hinter Dr. Bernstein her, bis sich die Tür geschlossen hatte. Dann wurde sein Gesicht plötzlich sehr nachdenklich.
    Wenn er es geschickt anstellte, waren die 200 000 Dollar der Schlüssel zu der Tür, die in die Freiheit führte …
     
    Der Vortrag, den Dr. Bernstein
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