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Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman

Titel: Winter der Welt - Die Jahrhundert-Saga Roman
Autoren: Ken Follett
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mit steinerner Miene an. »Ich habe dich im Park gesehen.«
    Ach du Scheiße, dachte Greg.
    »Ich war ein bisschen zu früh dran; deshalb habe ich mich eine Weile dorthin gesetzt. Du hast mich nicht bemerkt. Aber dann kam ich mir vor, als würde ich dich bespitzeln, und bin gegangen.«
    »Dann hast du mein Patenkind gesehen?«, fragte Greg gezwungen fröhlich.
    »Er ist dein Patenkind? Erstaunlich, dass jemand dich als Paten haben will. Du gehst nicht mal in die Kirche.«
    »Ich bin gut für den Jungen!«
    »Wie heißt er?«
    »Georgy. Georgy Jakes.«
    »Du hast ihn nie erwähnt.«
    »Nein?«
    »Nein. Wie alt ist er?«
    »Zwölf.«
    »Dann warst du sechzehn, als er geboren wurde. Das ist reichlich jung, um Pate zu werden.«
    »Das ist es wohl.«
    »Was arbeitet seine Mutter?«
    »Sie ist Kellnerin. Vor Jahren war sie Schauspielerin und nannte sich Jacky Jakes. Ich habe sie kennengelernt, als mein Vater sie unter Vertrag hatte.« Was mehr oder weniger der Wahrheit entspricht, dachte Greg voller Unbehagen.
    »Und sein Vater?«
    Greg schüttelte den Kopf. »Jacky ist alleinstehend.« Ein Kellner kam an ihren Tisch. »Wie wäre es mit einem Cocktail?«, fragte er Nelly. Vielleicht löste das die Spannung. Er bestellte zwei Martinis.
    »Sehr wohl, Sir«, sagte der Kellner.
    Kaum war er fort, fragte Nelly: »Du bist der Vater des Jungen, stimmt’s?«
    »Ich bin sein Patenonkel.«
    »Ach, hör doch auf!«
    »Was macht dich so sicher?«
    »Er mag ja schwarz sein, aber er sieht aus wie du. Er läuft mit offenen Schnürsenkeln herum und kann nicht das Hemd in der Hose behalten – genau wie du. Und das kleine blonde Mädchen hat er schon ganz schön bezirzt. Er ist dein Sohn, mach mir nichts vor.«
    Greg fügte sich in sein Schicksal und seufzte. »Ich wollte es dir sagen.«
    »Wann?«
    »Ich habe auf den richtigen Augenblick gewartet.«
    »Vor deinem Heiratsantrag wäre nicht schlecht gewesen.«
    »Es tut mir leid.« Er war verlegen, aber nicht beschämt; er fand, dass Nelly die Sache unnötig aufbauschte.
    Der Kellner brachte die Speisekarten. »Die Spaghetti Bolognese sind großartig«, sagte Greg.
    »Für mich einen Salat.«
    Die Martinis kamen. Greg hob sein Glas. »Auf die Vergebung in der Ehe.«
    Nelly rührte ihren Martini nicht an. »Ich kann dich nicht heiraten«, sagte sie.
    »Komm schon, Liebling, übertreib es nicht. Ich habe mich doch entschuldigt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du begreifst es nicht.«
    »Was begreife ich nicht?«
    »Die Frau, mit der du auf der Parkbank gesessen hast – sie liebt dich.«
    »Wirklich?« Gestern hätte Greg es noch bestritten; nach dem heutigen Gespräch aber war er sich nicht mehr so sicher.
    »Natürlich. Warum hat sie nicht geheiratet? Sie wäre hübsch genug. Wenn sie es wirklich wollte, hätte sie längst einen Mann gefunden, der bereit ist, einen Stiefsohn aufzunehmen. Aber sie liebt dich, du Ekel.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Und der Junge betet dich an.«
    »Ich bin sein Lieblingsonkel.«
    »Nur bist du es eben nicht.« Nelly schob ihm ihr Glas zu. »Du kannst meinen Drink haben.«
    »Liebling, jetzt beruhige dich doch.«
    »Ich gehe.« Sie stand auf.
    Greg war es nicht gewöhnt, dass Frauen ihn sitzen ließen. Es war beunruhigend. Verlor er seinen Zauber?
    »Ich möchte dich heiraten!«, sagte er. Selbst in seinen eigenen Ohren klang er verzweifelt.
    »Du kannst mich nicht heiraten, Greg.« Nelly zog den Brillantring vom Finger und legte ihn auf das rot karierte Tischtuch. »Du hast schon eine Familie.«
    Damit verließ sie das Restaurant.

    Die weltweite Krise erreichte im Juni ihren Höhepunkt, und Carla und ihre Familie waren mittendrin.
    Der Marshallplan war von Präsident Truman unterzeichnet und in Kraft gesetzt worden, und bald trafen die ersten Hilfslieferungen in Europa ein – sehr zum Ärger des Kreml.
    Am Freitag, dem 18. Februar, verkündeten die Alliierten den Deutschen, sie würden um acht Uhr abends eine wichtige Erklärung abgeben. Carlas Familie versammelte sich um das Radio in derKüche, stellte Radio Frankfurt ein, den Sender der amerikanischen Militärregierung, und wartete gespannt. Der Krieg war nun schon drei Jahre vorbei; trotzdem wussten sie nicht, was die Zukunft für sie bereithielt: Kapitalismus oder Kommunismus, Einheit oder Aufsplitterung, Freiheit oder Diktatur, Wohlstand oder Armut.
    Werner saß neben Carla und dem kleinen Walter, der inzwischen zweieinhalb Jahre alt war. Vor einem Jahr hatten sie in aller Stille
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