Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch
Autoren: Marcus Hammerschmitt
Vom Netzwerk:
von denen einige sogar Hakuin zugeschrieben wurden, und die Buddhahalle mit der unvergleichlich schönen Statue des Manjushri-Bodhisattva, die in diesem Schmelzofen vergehen würde wie Papier. Die Mönche schufteten wie wild, um aus dem nahegelegenen Bach das benötigte Wasser zum Löschen herbeizuschaffen. Der Bach lag nicht nahe genug. Er führte zu wenig Wasser. Was die Mönche ins Feuer hineinschütten konnten, machte dem Feuer nichts aus.
    »Löscht, ihr Mönche«, schrie der Roshi, so laut er konnte. »Löscht das Feuer! Zieht die Knochen des Buddhas aus der Glut! Löscht das Feuer!«
    Niemand hörte ihn. Mit einem dumpfen Krachen brach die Decke der Buddhahalle ein, ein Schwall von Funken stob aus den Fenstern und zwang die bestürzten Mönche, noch weiter zurückzuweichen.
    »Löscht das Feuer!« schrie der Roshi noch einmal.
    Einer der Mönche löste sich aus der Kette, er trug einen Eimer in der Hand und begann auf ihn zuzulaufen. Der Roshi erkannte ihn, es war Sato Giei, ein Unsui, der im letzten Jahr zum Kloster vom weißen Berg gekommen war und der dem Roshi wegen seiner Neigung zur Hysterie unangenehm aufgefallen war. Andererseits war ihm klar, daß niemand anders als dieser Hysteriker sein Nachfolger werden würde, denn so hatte er es vor zwei Wochen geträumt. Als Sato Giei bei dem Roshi angekommen war, warf er den Eimer hin und kniete nieder, laut schnaufend. Dann, nachdem er ein wenig zur Ruhe gekommen war, sagte er: »Der Brunnen ist geborsten, das Wasser ist verdunstet. Ich kann das Feuer nicht löschen.« Der Roshi hob ihn mit einem Ruck vom Boden hoch und sah ihm ins Gesicht. »Du hilfst den anderen, das Feuer zu löschen. Verschwinde!« Sato Giei verbeugte sich und zog sich zurück. – Der Roshi stand so lange auf dem kleinen Hügel, bis das Kloster völlig niedergebrannt war. Nur noch Rauch stieg von den Trümmern auf, die völlig erschöpften Mönche waren zu Boden gesunken. Es gab nichts mehr, in das sie ihr ärmliches Wasser hätten hineinschütten können. Der Roshi drehte sich um. Hier war seine Arbeit getan. Als er Sato Giei von sich gestoßen hatte, war in dessen Augen Verstehen aufgeleuchtet wie ein langsamer, sanfter Blitz. Die Streichhölzer warf der Roshi ins Gebüsch.
     
    Alles fiel von ihr ab. Unter den sich sanft, wie Zwiebelschalen ablösenden Schichten ihrer Persönlichkeit erschien etwas anderes, Blankes, Neues, etwas Metallisches, das ihr halb bekannt, halb unbekannt einen Schrecken einjagte, der so groß war, daß sie nicht darauf eingehen konnte. Vorerst bestand sie aus drei Teilen. Sie war erstens die Ann, die mit der Information fertig werden mußte, daß der Bordcomputer auf den Totalausfall zusteuerte, und die als kleines Kind von ihrer Mutter dafür geschlagen worden war, daß sie sich einmal die Haare rot gefärbt hatte. Zweitens war sie die Ann, die mit ihrem Teamkollegen Ron kommunizierte und versuchte, die in jeder Sekunde unhaltbarer werdende Lage der Eagle in den Griff zu bekommen, diese Ann bestand vornehmlich aus wissenschaftlich-technischen Informationen und dem Verbot, in schreiende Panik zu verfallen. Die dritte »Ann«, wenn sie überhaupt etwas mit den anderen beiden Anns zu tun hatte, war etwas dermaßen Fremdes, daß es dafür noch gar keine Worte gab, aber sie war sicher, daß es sich entwickeln würde, ja, daß es sich sogar sehr schnell entwickelte. Michael hatte keinen Kontakt mit ihnen. Der Bordcomputer der Eagle war ausgefallen, die Handsteuerung war extrem träge, als sei auch sie nicht in Ordnung, und es gab Probleme mit den Lagekontrolldüsen. Das Bremstriebwerk arbeitete jetzt schon dreißig Sekunden zu lange. Wenn es das weiterhin tat, würden sie auf den Mondoberfläche zerkrümelt werden wie ein mürber Keks, ganz ähnlich wie Armstrong und Aldrin. Das ist ein Film, dachte die schwächer und schwächer werdende Ann 1, Liebschaften, Schulnoten, der erste Computer wurden wie von einem Staubsauger aus ihrem Kopf gesaugt, und sie konnte nichts davon festhalten, sondern nur noch funktionieren. Ann 3 drängte an die Oberfläche, sauber und geplant, wie etwas künstlich ihr Eingegebenes: ein Programm. Es drängte nach oben wie eine Blase Luft in einem Wassertank, und etwas an diesem Drängen kam ihr furchtbar falsch vor. Es war der falsche Moment.
    »Wir kommen zu schnell herunter«, sagte Ron, »hör auf, hör auf, hör auf, du Miststück!«
    Er meinte das Bremstriebwerk, das überhaupt nicht aufhörte, sondern weiter erstens die Umlaufbahn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher