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Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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Beispiel Nastassja Jerenska, deren Filme Milliarden einspielten, oder Sylvia M., die immer maskiert auftrat. Fürs erste war es gar nicht so schlecht, jeden Donnerstag in den Tunnel einzusteigen, sich von den Sensoren abtasten zu lassen und in 3D den Wichsern dieser Welt in die Wohnung übermittelt zu werden, direkt vor ihre Schwänze. Oder in die Recheneinheiten der Realanzüge, was allerdings erheblich teurer war. Einar hatte Kim einmal zum Spaß seinen Realanzug überziehen lassen, und sie schüttelte sich immer noch, wenn sie daran dachte. »Es ist besser als in echt«, hatte er gesagt, aber sie war aus einem Alptraum aufgewacht, in dem sie sich selbst die Möse geleckt hatte. Sie hatte ihren eigenen Geschmack nicht leiden können. Aber es gab welche, die erlebten nur noch so etwas, vollgepumpt mit Vitalin und eingewickelt in einen Realanzug, der mit dem elektronischen Double von ihr oder von einem anderen der Starlets gefüttert war. Die Realtime Corporation, die am anderen Ende der Station eine ihrer automatischen Fabriken hatte, stellte diese Anzüge her, hauptsächlich für das Militär und die Pornoindustrie. Venus machte eine kleine Bahnkorrektur, und Kim fühlte den Boden unter ihren Füßen beben, als die Plasmatriebwerke zündeten. Ihr wurde wie immer leicht übel davon, nach zwei Jahren im Orbit hatte sie sich noch nicht ganz an die Schwankungen der künstlichen Schwerkraft gewöhnt, die das Leben auf der Station manchmal mit sich brachte. Aber das waren kleinere Widrigkeiten. Auf der Erde hatte sie als Animiermädchen in einem Fast-food-Restaurant gejobbt, oben ohne, für zwei S-Credits die Stunde. Jetzt verdiente sie das Zehnfache in der Minute. Sicher, das Leben auf Venus war teuer, die Mieten waren hoch in Love City, aber wer weiß, vielleicht würde sie einmal so gut verdienen, daß sie sich wieder grüne Augen kaufen konnte. Früher waren ihre Augen grün gewesen, und sie hatte sie sehr gemocht. Aber der Talentsucher von »Just for fun« hatte zu ihr gesagt: »Größere Titten und andere Augen: dann bist du dabei.« Deswegen waren ihre Augen jetzt vage asiatisch. Sie sah in den Spiegel und sagte: »Wichser aller Länder, entscheidet euch. Für mich.« Vielleicht würden ihre Augen einmal wieder grün sein. Möglich war alles.
     
    »Und das sagen Sie mir jetzt?« fragte Reinhardt, nicht einmal besonders wütend.
    Darauf wußte John nichts zu antworten. Ein Sonnenuntergang wie von der Postkarte abgekupfert. Palmen und Sand, blauer Himmel, blaues Meer, unauffällige Security all over the place. Reinhardts Ferienparadies. Seine eigene Insel.
    »Unsere Maschine hat einen Fehler?«
    »Ja, Sir«, sagte John, und er fühlte sich schwitzen. »Die kolloidale Polymerstruktur der CPU zeigt unter bestimmten, sehr seltenen Bedingungen einen bedauerlichen Rückkopplungseffekt, der ein Enzym, das für den Schaltvorgang notwendig ist, zum Überschwappen bringt.«
    »Aha. Und was heißt das in diesem Fall, überschwappen?«
    John mußte sich räuspern. Einer der Leibwächter, der in etwa zwanzig Metern Entfernung lässig an einer Palme lehnte, wechselte das Standbein.
    »Totalausfall, Sir. Die CPU frißt sich selber auf.«
    Reinhardt atmete aus, und sein Kinn sank auf seine Brust. Er war in lächerliche Bermudashorts und ein noch übleres Hawaiihemd gekleidet, wahrscheinlich echte Antiquitäten aus dem letzten Jahrhundert, das war so seine Art Humor. Auch er schwitzte.
    »Ich dachte, mein Chefentwickler macht Witze. Unser Flaggschiff, die Anima-5C, hat einen Fehler. John …«, er hob seinen Kopf und sah John direkt in die Augen. »Wissen Sie, was uns das gekostet hat, den Auftrag für die Apollo-Elektronik an Land zu ziehen? Ich werde Ihnen nicht verraten, wieviel genau, aber es war sehr viel Geld. Die Entwicklungskosten für die Maschine selbst kennen Sie am besten. Die Werbung…« Er saugte an einem Glas mit roter Flüssigkeit. Er beugte sich vor: »Ich sage Ihnen jetzt mehrere Dinge im Vertrauen. Im Frühjahr ist hier, ganz nahe bei meinem Bungalow, eine Rakete eingeschlagen. War verdammt knapp, John. Das Haus mußte abgerissen werden.«
    Vor sechs Monaten war Reinhardt eine Zeitlang unabkömmlich gewesen, wie John sich erinnerte. Und danach hatte er irgendwie jünger ausgesehen. Nicht so, daß es geradezu ins Auge gesprungen wäre: zweifellos sehr teure Chirurgenarbeit. Als er Reinhardt von seinem »Haus« reden hörte, mußte John beinahe lachen. Ein Fünfzigzimmerschloß im Maharadjastil mit eigenem
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