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Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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über Bord. Danach nehmen Sie Ihre Geldbörse, machen sie leer, wenden sie um, damit ich sehen kann, daß sie wirklich leer ist und werfen sie auch über Bord. Danach treten Sie in den Aufzug zurück, und ich schicke Sie herunter, bis ich alles untersucht habe. Haben Sie diesen Plan verstanden?«
    Der Fremde nickte nur. Er sagte: »Wir müssen uns beeilen.«
    Eddie konnte mit dieser Auskunft nicht sehr viel anfangen. Also beschränkte er seine Antwort auf: »Na dann.«
    Die Prozedur dauerte eine halbe Stunde. Das Ergebnis war folgendes: ein Personalausweis, der besagte, daß es sich bei dem Nackten, der unten in der Aufzugskabine schlotterte, um Hartmut Brauner handelte, 43, wohnhaft in Hamburg, etc. etc. Eine Firmen-ID, die Eddie erklärte, daß Hartmut Brauner leitender Angestellter der Firma Impact Offshore Engineering, Hamburg, war (Abt. Entwicklung). Eddie schaute ein wenig in den blauen Himmel, nachdem er diese Information voll aufgenommen hatte. Er hatte soeben seine Kündigung unterschrieben, plus eine Anwartschaft auf einen gesalzenen Schmerzensgeldprozeß, von dem Strafprozeß wg. Nötigung und all dem anderen Scheiß einmal ganz abgesehen. Wunderbar. Nun ja, vielleicht würden Brauner die zwei weißen Pillen beruhigen, die da auch noch in einem durchsichtigen Röhrchen unter den Kleidern lagen. Entdeckung Nr. 4 brachte Eddie allerdings erst so richtig ins Schwitzen.
     
    So etwas hatte er noch nie gesehen. Als Brauner ganz zuletzt dieses Teil ausgepackt hatte, war Eddie von der Zeremonie schon so ermüdet, daß seine Bequemlichkeit ihn dazu verleitet hatte, das kleine graue Kästchen für eine Zigarettenschachtel zu halten. Jetzt, als er näher hinsah, hätte er sich dafür in den Hintern treten können. Wenn das Zigaretten waren, dann jedenfalls von einer ziemlich exotischen Marke. Die Schachtel war namenlos, die anthrazitfarbene Beschichtung der Oberfläche schimmerte schwach im Sonnenlicht. Wenn man darüber hinfuhr, fühlte sie sich leicht samtig an. Eddie dachte schicksalsergeben, daß dieses Teil für eine Bombe doch eigentlich recht klein war. Er vermutete, daß nur ein nuklearer Sprengsatz in Frage kam, wenn man mit einer Bombe dieser Größe der Plattform ernsten Schaden zufügen wollte. Oder war nur er selbst das Ziel? Aber das machte keinen Sinn. Wenn die Ökos die Plattform hätten killen wollen, hätten sie nachts antauchen, ein paar Kilo Detruol an den Pfeilern festmachen können und auf Wiedersehen Bravo West. Eddie hielt sich selbst nicht für so furchtbar wichtig, daß er einen Anschlag der Ökos auf seine Person höchstselbst fürchtete. Aber wenn es nicht um ihn allein ging, was sollte dann diese Show mit dem Wasserläufer und der ganzen auffälligen Art, die der Auftritt Brauners an sich gehabt hatte? Kein Geld in der Brieftasche, keine Akten in der Aktentasche, nichts außer zwei Ausweisen, einem Tablettenröhrchen und einem kleinen grauen Kästchen. Wenn Eddie es genau bedachte, dann hätte er nur in einem Fall so gehandelt: in dem Fall nämlich, daß er einem potentiell aggressiven und verschreckten Wilden Botschaften von dieser phantastischen neuen Sache, dem Christentum, hätte überbringen wollen. Er fand diesen Gedanken, daß der Fremde ihn offenbar für einen Menschenfresser hielt (vorausgesetzt, er war selber keiner), gleichzeitig beruhigend und empörend. Er beschloß, sich mit seinem neuen Freund zur Klärung des Sachverhalts in Verbindung zu setzen.
    »Also, Arschloch. Ich bin der Idiot. Du hast mir dieses Ei ins Nest gelegt. Was ist das.«
    Brauner schien kaum überrascht.
    »Das ist ein Demonstrationssystem.«
    »Ein Demonstrationssystem. Für was.«
    »Ich würde Ihnen das gerne zeigen.«
    »Und ob du das tun wirst. Ich will nämlich, daß du in nächster Nähe bist, falls das Demonstrationssystem explosiv ist oder irgendwelche komischen Gase ausströmt. Ich hole dich jetzt rauf. Und dann demonstrierst du mir was, klar?«
    »Klar.«
    Irgendwie wirkte der Fremde müde und abgespannt, aber die Angst schien ihn verlassen zu haben.
     
    Brauner ging es schlecht. Er war grau im Gesicht, daran konnte auch die Decke nichts ändern, die Eddie über seine Schultern gelegt hatte, und die er offenbar bloß aus Höflichkeit und Schwäche nicht abschüttelte. In Eddies Kopf herrschte Chaos. Das Wort »Gezeitenmaschine« nahm dort einen unangemessen großen Platz ein, genaugenommen wollte es mehr Platz einnehmen, als Eddies Kopf zu bieten hatte.
    »Hören Sie …«, sagte er, und seine
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