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Wind & Der zweite Versuch

Wind & Der zweite Versuch

Titel: Wind & Der zweite Versuch
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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damals, als er von der Windanlage in dem geschlossenen Haus gefallen war. Auch beim Sturz vom Turm hatte er das Bewußtsein nicht verloren, und selbst nicht, als er mit diesem häßlichen Geräusch auf dem Boden aufgeknallt war (fünfzig nasse Pappkartons, in die ein Telegrafenmast hineinfällt, plus Knochengeknack von innen). Er hatte nur vergessen, wer von den dreien ihn von dort oben heruntergeworfen hatte, und deswegen hatte er keine Rache nehmen können nach seiner Gesundung, er hatte Jahre gebraucht, damit zurechtzukommen, daß sein rechter Arm schlecht war, während ein anderer rechter Arm noch tadellos funktionierte. Unten angekommen hörte er noch deutlich, wie ein Fuß in seinem Bauch vergraben wurde, aber sein Geist hatte sich bereits vom Körper getrennt, wie damals, als er still und sicher und zerbrochen auf dem Boden gelegen war, und auf seine Rettung gehofft hatte. Eddies Geist schwebte über den Wassern. Es waren zwei Angreifer. Einer davon sah dem langhaarigen Bleichdepp von vorhin sehr ähnlich. Eddies Geist gestattete sich einen kurzen Ausflug hoch in den Tanzpalast, DRL faselte immer noch. »Der Technoschamane übt sein elektronisches Voodoo …« und so weiter und so fort. Eddies Geist sah Tina über die Schulter, er strengte sich sehr an, ihr nicht in den Ausschnitt zu sehen. Tina wirkte beunruhigt. Sie stellte jetzt ihr Glas auf den Tresen, an dem sie die ganze Zeit gelehnt hatte, verließ den Saal unter vielfachem Zischen und nahm die Treppe hinab zu den Toiletten. Eddies Geist folgte ihr. Er versuchte an ihrem Pullover zu zupfen, um sie daran zu hindern, dort hinunterzugehen, er versuchte sie mit seinen luftigen Armen zurückzuhalten, aber sie ließ sich nicht irritieren und lief weiter. Eddies Geist wunderte sich, wie selbstverständlich Tina in die Männertoilette eindrang. Er sah ihr über die Schulter, als sie Eddie entdeckte, der wie ein zusammengeschissenes Bündel, am Kopf blutend und mit offener Hose, auf dem Boden der Toilette lag. Für einen Augenblick hoffte Eddies Geist, daß der Angriff nur ihm gegolten hatte, daß zwei Arschlöcher sich einen Spaß hatten machen wollen, daß es nur um ihn ging, aber dann kam der Schlag doch, und auch Tina stürzte nieder. Langhaarbleichdepp und sein Freund griffen Eddie und Tina unter die Achselhöhlen und schleiften sie unter leisem Fluchen und Keuchen zu einem Seiteneingang hinaus, auf einen Parkplatz, und dort in einen großen Wagen von heller Farbe (Eddies Geist konnte nicht erkennen, welche Farbe genau). Dort war noch eine dritte Person. Die Person zückte einen Gegenstand, während die Türen zuknallten. Eddies Geist sah, wie Tina und Eddie jeweils kurz eine Nadel in den Unterarm gesenkt wurde, und dann wurde Eddies Geist schwarz vor Augen.
     
    Eddie fuhr Rad. Es war völlig dunkel, und die Pedale waren sehr schwergängig. Eddie dachte, das sei unfair, ihn mit einem mangelhaften Rad in völliger Dunkelheit auszusetzen. Er fuhr auf eine Person zu, die weder Arme noch Beine hatte und die nach Art einer Vogelscheuche auf einen Pfahl aufgesteckt war, dahinten, im dunklen Feld. Es gab auch noch einen roten Luftballon, das war der Mond. Und es war noch jemand anwesend, den er nicht identifizieren konnte. Dann fiel Eddie in die Wirklichkeit. Seine verklebten Augen ließen sich nur schwer öffnen. Sein Kopf brummte wie von Hummeln. Er stank nach Pisse, und als er beim Versuch aufzuwachen seinen Kopf an der Wand rieb, an der er offenbar lehnte, schoß ein Schauer von Schmerzpfeilen durch eine verpappte Stelle in seiner Kopfhaut und gleich darauf begann etwas Warmes in seinen Hemdkragen zu laufen. Mit einem Anflug von Ironie stellte Eddie fest, daß der Aufdruck »Rastapunks unite« auf seinem T-Shirt mittlerweile völlig angemessen war. So viel Punk hatte er schon seit seiner Zeit in dem geschlossenen Haus nicht mehr mitbekommen, es fehlte nur die Musik bei dem Ganzen.
    »… und jetzt habt ihr also diese Sache, die uns gehört, an euch genommen, und ihr solltet sie uns wieder zurückgeben«, sagte einer, und als Eddie sich bemühte, die verschiedenen Bilder in seiner Sehrinde zu einem einzigen zusammenzurechnen, konnte er ihn auch erkennen. Sah beinah aus wie Brauner. Etwas größer, etwas durchtrainierter, aber ansonsten das Aktentaschenarschloch par excellence. Bleichdepp war auch da. Er hatte eine Kanone und grinste, offenbar eine seiner Hauptbeschäftigungen. Sein Kumpel von vorhin? gestern nacht? stand bei einem Bündel, das von der Decke
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