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Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Wimsey 09 - Mord braucht Reklame

Titel: Wimsey 09 - Mord braucht Reklame
Autoren: Dorothy L. Sayers
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auch ein halbes Pfund geben.»
    «O nein», sagte Miss Rossiter. «Sie sind furchtbar lieb, aber das wäre nicht gerecht.»
    «Das ist durchaus gerecht», sagte Wimsey. «Ich habe ausgezeichnete Gründe, für Mr. Willis' Hochzeitsgeschenk ein bißchen tiefer in die Tasche zu greifen.»
    «So? Ich dachte immer, Sie kämen nicht besonders gut mit ihm aus. Aber das war wohl wieder taktlos von mir, wie immer. Wenn Sie also wirklich – ach Gott, das hatte ich vergessen, wie dumm von mir! Natürlich, wenn Sie Lord Peter Wimsey sind, müssen Sie ja furchtbar reich sein, nicht?»
    «Es geht», räumte Wimsey ein. «Es könnte gerade noch für einen Kuchen zum Tee reichen.»

    Er sprach mit Miss Meteyard unter vier Augen.
    «Wissen Sie, es tut mir leid», sagte er.
    Sie hob die eckigen Schultern.
    «Es ist nicht Ihre Schuld. Die Dinge müssen ihren Lauf nehmen. Sie sind einer von denen, die dafür sorgen, daß sie ihren Lauf nehmen. Ich halte mich lieber heraus. Es muß beide Sorten geben.»
    «Vielleicht ist Ihre Einstellung weiser und barmherziger.»
    «Nein. Ich drücke mich nur um die Verantwortung. Ich lasse alles geschehen, wie es geschieht. Ich mache es nicht zu meiner Aufgabe, einzugreifen. Aber ich mache denen keinen Vorwurf, die es tun. Im Grunde bewundere ich Sie sogar. Sie tun wenigstens etwas, auch wenn Sie nur Schaden anrichten. Unsereiner tut gar nichts. Wir nutzen anderer Leute Dummheit aus, streichen das Geld ein und machen uns über die Dummen lustig. Daran ist nichts zu bewundern. Na ja, tut nichts. Sie sollten jetzt lieber weitergehen. Ich muß eine neue Serie für Sopo entwerfen. ‹Sopo-Tag ist Kino-Tag.› – ‹Lassen Sie Ihre Wäsche sich selbst ruinieren, während Sie vor der Leinwand verblöden!› Mist ist das! Rauschgift? Und für so was gibt man mir 10 Pfund die Woche. Und trotzdem, wenn wir das nicht täten, was würde aus der Wirtschaft unseres Landes? Werbung muß sein.»
    Mr. Hankin kam ihnen auf dem Korridor entgegengetrippelt.
    «Sie wollen uns also verlassen, Mr. Bredon? Überhaupt, soviel ich höre, hatten wir hier einen Kuckuck im Nest.»
    «Ganz so schlimm war's nicht, Sir. Ich habe noch ein paar von den ursprünglichen Nestbewohnern daringelassen.»
    Miss Meteyard machte sich still davon, und Mr. Hankin fuhr fort:
    «Eine traurige Geschichte. Mr. Pym ist Ihnen sehr dankbar für die Diskretion, die Sie gezeigt haben. Ich hoffe, Sie gehen eines Tages mit mir essen. Ja, Mr. Smayle?»
    «Entschuldigung, Sir – es ist wegen dieses Schaufensterplakats für Grüne Aue.»
    Wimsey strebte dem Ausgang zu, mechanisch Hände schüttelnd und Abschiedsworte sprechend. Vor dem Aufzug in der unteren Eingangshalle traf er Rotfuchs-Joe, die Arme voller Päckchen.
    «Nun, Rotfuchs», sagte Wimsey, «ich bin fort.»
    «Oh, Sir!»
    «Übrigens, ich habe noch immer deine Schleuder.»
    «Ich möchte, daß Sie die behalten, Sir. Sehen Sie, Sir –» Rotfuchs kämpfte mit den widerstrebendsten Emotionen – «wenn ich die Schleuder behalte, erzähle ich am Ende noch den anderen Jungen was davon und will es gar nicht. Ich meine, sie ist ja nun eigentlich historisch, nicht wahr, Sir?»
    «So ist es.» Wimsey verstand die Versuchung sehr gut. Nicht jedes Jungen Schleuder wurde schon einmal zum Zwecke eines Mordes entwendet. «Gut, dann behalte ich sie, und vielen Dank für deine große Hilfe. Ich will dir was sagen – ich gebe dir etwas anderes dafür. Was wäre dir lieber, ein Modellflugzeug oder die Schere, womit der Steward der Nancy Belle den Kapitän und den Proviantmeister erstochen hat?»
    «Uih, Sir! Sind auf der Schere noch die Spuren drauf?»
    «Ja, Rotfuchs. Die echten Original-Blutflecken.»
    «Dann möchte ich bitte die Schere haben, Sir.»
    «Du sollst sie bekommen.»
    «Vielen, vielen Dank, Sir.»
    «Und du wirst zu niemandem ein Wort sagen – du weißt schon worüber?»
    «Und wenn Sie mich lebendig braten, Sir!»
    «So ist's recht; leb wohl, Rotfuchs.»
    «Leben Sie wohl, Sir.»
    Wimsey ging hinaus auf die Southampton Row. Von gegenüber starrte ihn eine lange Plakatwand an. Mitten darauf klebte ein riesenhaftes, kaleidoskopisches Plakat:

    NUTRAX FÜR DIE NERVEN

    Nebenan entfaltete ein Arbeiter mit Quaste und Leimtopf soeben ein noch größeres, knalligeres Plakat in Blau und Gelb:
         SIND SIE EIN WHIFFLER?
    WENN NICHT, WARUM NICHT?

    Ein Omnibus fuhr vorbei; er hatte ein langes Spruchband an der Seitenwand:

    WIR WHIFFELN DURCH DAS GANZE LAND!

    Die große Kampagne hatte begonnen.
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