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Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Titel: Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen
Autoren: Juergen Kehrer
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davon nicht begeistert?«
    Van Luydens Augen wanderten durch den Raum. »Nun, er hätte sich gewünscht, dass sie studiert, so wie Wilhelm. Doch gegen Ankes Dickkopf kommt niemand an. Schon früh hat sie sich gegen alles aufgelehnt, was mit ihrer adeligen Herkunft zusammenhing. Deshalb nennt sie sich auch Anke Schwelm.«
    »Das schwarze Schaf der Familie, was?«
    »So weit würde ich nicht gehen, Herr Wilsberg. Der Graf ist ein toleranter Mann, er hat nicht den Stab über sie gebrochen.«
    Ich lächelte verstehend. »Sagen Sie, wer weiß am meisten über Disselburg und seine Bewohner?«
    »Die Polizei, nehme ich an. Und der Pfarrer, natürlich.«
    »Abgesehen von der Polizei und dem Pfarrer.«
    Er dachte nach. »Wir haben ein Anzeigenblatt, das wöchentlich erscheint, das Disselburger Wochenblatt. Es gibt einen Reporter, Max Mehring. Er ist täglich in Disselburg unterwegs und kennt praktisch jeden in der Stadt.«
    »Danke.« Ich stand auf. »Sie haben mir sehr geholfen, Herr van Luyden.«
    Sein schwammiges Kinn zuckte vor Freude.
    »Ach, eine Frage habe ich noch: Gestern Abend, als ich durch den Schlosspark ging, habe ich einen jungen Mann gesehen, der aus dem dicken Turm herauskam ...«
    »Aus dem Bergfried.«
    »Bitte?«
    »Der dicke Turm heißt Bergfried«, erläuterte van Luyden. »Er stammt aus dem zwölften Jahrhundert und gehört zur ursprünglichen Burganlage. Neben dem Bergfried gab es seinerzeit nur einige Holzbauten. Bei Gefahr flohen die Bewohner der Burg in den Bergfried.«
    »Der junge Mann kam also aus dem Bergfried. Jeans, lange Haare und Bart. Wer war das?«
    Van Luydens Augen standen für einen Moment still und bekamen einen glasigen Schimmer. »Mein Sohn Alex. Er ist Künstler, Maler. Sein Atelier befindet sich im obersten Stockwerk des Bergfrieds.«
    Disselburg unterschied sich auf den ersten Blick nicht von anderen münsterländischen Kleinstädten: eine Hauptstraße, durch die sich der Verkehr quälte, eine Kirche, ein Marktplatz und Einheimische, die jeden Auswärtigen mit neugierigen Blicken verfolgten.
    Ich stellte den Wagen auf dem Parkplatz in der Ortsmitte ab und staunte wieder einmal über die niedrigen Parkgebühren auf dem Land. Das, was der Automat für zwei Stunden Parkdauer schluckte, reichte in Münster höchstens für zehn Minuten.
    Die Polizeistation befand sich in einem soliden, roten Backsteingebäude. Ich ging hinein und stand vor einer breiten Theke, die den mit Linoleum ausgelegten Eingangsbereich von einer Gruppe antiquarisch anmutender Schreibtische trennte. Es dauerte etwa fünf Minuten, bis sich ein Beamter aus den hinteren Regionen des Raumes zu mir an die Theke bequemte.
    »Sie wünschen?«
    Ich sagte, dass ich im Auftrag der Versicherung die Schadensfälle im Schloss Disselburg untersuchen würde und mich über den Ermittlungsstand der Polizei informieren wollte.
    »Da müssen Sie mit dem Chef reden«, brummte der Polizist.
    »Und wo finde ich den Chef?«
    »Die Treppe rauf, erste Tür rechts.«
    Neben der Tür hing ein kleines Schildchen mit der Aufschrift OK Fahlenbusch. Ich klopfte.
    Oberkommissar Fahlenbusch studierte eine Sammlung umweltgrauer Papiere, deren Mitteilungen ihm nicht zu gefallen schienen.
    »Ja?«
    Ich wiederholte meinen Spruch.
    »Sind Sie Versicherungsagent?«
    »Nein. Privatdetektiv.«
    »Ein Privatschnüffler!«
    »Ich bevorzuge die Bezeichnung Detektiv.«
    »So Leute wie Sie brauchen wir hier nicht.«
    »Heißt das, Sie sind den Tätern auf der Spur?«
    »Ich glaube nicht, dass ich Ihnen darüber Auskunft erteilen muss.«
    Obwohl er mich nicht dazu aufgefordert hatte, setzte ich mich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
    »Die Versicherung und natürlich auch die gräfliche Familie sind sehr besorgt wegen der Anschläge.« Ich tat so, als würde ich seine feindselige Haltung nicht zur Kenntnis nehmen. »Warum arbeiten wir nicht einfach zusammen, zum Wohl der Geschädigten? Sie sagen mir, was Sie herausgefunden haben, und ich revanchiere mich mit meinen Erkenntnissen.«
    Fahlenbusch ordnete die umweltgrauen Papiere zu einem akkuraten Stoß und legte sie zur Seite.
    »Sehen Sie, Herr ...«
    »Wilsberg.« Ich legte meine Karte auf den Schreibtisch. »Zurzeit erreichen Sie mich im Schlosshotel.«
    Er beachtete die Karte nicht. »Erstens bin ich gar nicht befugt, Sie über den polizeilichen Ermittlungsstand zu informieren, und zweitens interessieren mich Ihre sogenannten Erkenntnisse nicht. Wir werden die Täter dingfest machen, früher oder
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