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Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
Autoren: Pippa Wright
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lassen.
    »Bryan glaubt, wir sollten die Hände heben und die Lüge gestehen, weil wir keine Wahl haben. Also geben wir alles zu, dann basteln wir eine neue Story für den Post-Entzugs-Randy.« Camilla stöhnt ermattet.
    »Eher Post-Post-Entzug«, werfe ich taktlos ein.
    »Danke, dass du mich dran erinnerst. Okay, fangen wir an. Schließ die Tür und bleib bei der Kein-Kommentar-Taktik, bis du etwas anderes von mir hörst.«
    Wieder an meinem Schreibtisch, sehe ich den Anrufbeantworter blinken. Vier neue Nachrichten.
    Nachricht eins: »Was ist mit Randy Jones los?«
    Nachricht zwei: »Würde Camilla mich bitte sofort zurückrufen? Es geht um Randy Jones.«
    Nachricht drei: »Ich muss mit jemandem über Randy Jones reden.«
    Nachricht vier: »Schatz? Schatz! Hier ist Mum! Warum ist dein Telefon ständig besetzt, Schatz? Ich rufe später noch mal an. Küsschen.«
    So sehr ich meine Mutter auch liebe, aber sie scheint eine Art mütterliches Sonargerät zu besitzen, das sie veranlasst, immer in besonders ungünstigen, stressigen Momenten anzurufen. Obwohl sie gerade in einem Aschram im Himalaja ihren alljährlichen Meditationsurlaub verbringt, hat sie über schneebedeckte Berge hinweg meine Panikstimmung aufgespürt. Es ist ein schwacher Trost, dass ich nicht da war, um ihren Anruf entgegenzunehmen. Sonst hätte ich mir jetzt einen halbstündigen Monolog darüber anhören müssen, wie tiefe Atemzüge mein Leben verändern können ...
    Das Telefon läutet wieder, und eine Männerstimme brüllt: »Ich will mit jemandem über Randy Jones reden, auf der Stelle, und ich lasse mich nicht mit Ihrem beschissenen ›Kein Kommentar‹ abspeisen.«
    Das wird ganz sicher ein schrecklicher Tag.

3
    Um sieben fällt die Bürotür hinter mir ins Schloss. Ich atme ein paarmal tief durch und spüre, wie meine Schultern hinabsinken, unter meine Ohren, wo sie sich an diesem Tag die meiste Zeit befunden haben. Mum wäre stolz auf diese Atemzüge.
    Ich bemühe mich, nun mit diesem grausigen Tag abzuschließen und den Abend frischen Mutes zu beginnen.
    Ausnahmsweise hilft mir der britische Sommer. Während ich zur French Bar in der Dean Street wandere, genieße ich einen dieser schönen frühen Sommerabende. Der Sonnenschein verlangsamt das Soho-Tempo, die Leute lassen sich Zeit dabei, ihr Ziel zu erreichen. Auf den Gehsteigen, normalerweise nur von missgelaunten Rauchern bevölkert, stehen kleine Tische mit flackernden Teelichtern und Leinenservietten. An solchen Abenden sind sämtliche Londoner furchtbar nett; die bildhübschen Jungs, die auf der Old Compton Street Händchen halten, der verschrumpelte alte Mann, der vor der italienischen Weinhandlung auf einem Stuhl sitzt, die Frau, die einfach nur so aus einem Fenster in einem oberen Stockwerk singt.
    Die ganze Welt fühlt sich jung an, faszinierend und voller Möglichkeiten, als könnte jetzt alles geschehen.
    Aber was tatsächlich geschieht, ist, dass ich, wie an jedem Mittwochabend, meine beste Freundin Lulu treffe.
    Vor über zwanzig Jahren haben wir uns am Rand eines verregneten Rugby-Platzes angefreundet, während wir von unseren Eltern gezwungen wurden, unsere Loser-Brüder zu beobachten, die jeden Sonntag durch den Schlamm gestolpert sind. Nachdem ich an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen verstohlene Blicke auf Lulus ständig wechselnde Stulpen geworfen hatte (ich besaß nur ein einziges schmutzig braunes Paar, danke, Dad!), trottete ich tapfer zu ihr und versuchte, die damals formidable Kluft von meinen flachbrüstigen zwölf Lebensjahren und ihren wahnsinnig niveauvollen vierzehn zu überbrücken. Schüchtern bewunderte ich die rosa Strähnchen in ihrem Haar. So begann unsere Freundschaft. Bisher überlebte sie die Universität (gilt für mich) und die Friseurschule (für sie), eine missratene Wohngemeinschaft in den späten Neunzigerjahren (Lulus Respekt vor persönlichem Eigentum orientiert sich an dem Motto »Was dir gehört, gehört auch mir«) und viele, viele feuchtfröhliche Abende im einst legendären Club der alten Jungfern. Die Mitgliederzahl des besagten Clubs wurde in den letzten Jahren unglücklicherweise durch den verräterischen Ausstieg von vier Frauen reduziert, die zur dunklen Seite liebevoller Beziehungen überliefen, und drei davon bekamen auch noch Babys. Nicht dass Lulu und ich etwas gegen Babys hätten. Gibt es überhaupt jemanden, der Babys nicht mag? Klar, man mag sie, vor allem die Babys der besten Freundinnen. Aber, wie Lulu zu bemerken pflegt, bevor
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