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Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
Autoren: Pippa Wright
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Aber er ist da freiwillig hingegangen. Deshalb kann er jederzeit wieder raus.« Ich trinke mein zweites Glas leer und knalle es auf den Tisch. Interessant, dass einem der Alkohol noch besser hilft als ein paar tiefe Atemzüge. Darüber muss ich irgendwann mit Mum diskutieren. »Ich wette, in einer Woche ist er draußen.«
    »Dann warte ich auf ihn, wenn du mir seine Adresse gibst.« Lulu winkt dem Kellner und bestellt noch eine Flasche Wein. »Abgesehen von seinen klitzekleinen Problemen mit irgendwelchen Substanzen ist er doch der pure Sex auf zwei Beinen. Das musst du zugeben.«
    »Igitt, also wirklich, Lulu.« Ich erschauere. »Man müsste
ihn erstmal gründlich waschen. Was ist denn sexy an einem Kerl, der ständig nach Kippen und Schweiß stinkt?«
    »Klar ist er verdreckt. Und du bist viel zu verklemmt, Harrison.« Sie starrt in die Ferne, und ich weiß nicht, ob sie ihre neuen Locken in einem anderen Spiegel bewundert oder von einer heißen Nummer mit Randy Jones träumt.
    »Hör mal, Lulu, man ist nicht verklemmt, wenn man von einem Mann erwartet, dass er gelegentlich duscht. Insbesondere, wenn dieser Mann monatelang dieselben hautengen Jeans trägt. Ohne Slip.«
    Sogar in meinen eigenen Ohren klingt das prüde. Aber ehrlich gesagt, in Fleisch und Blut ist Randy Jones, der Schwarm mehrerer Millionen, ziemlich unattraktiv. Vor allem, weil er so felsenfest von seinen unwiderstehlichen Reizen überzeugt ist. Wenn ihn ein Hund auf der Straße anschaut, glaubt er, der wäre in ihn verknallt. Er postiert sich gern ein bisschen zu nahe neben jeder Frau unter siebzig (so pervers, dass er auf alte Ladys steht, ist er nicht), um sie mit der Power seiner Persönlichkeit zu betören. Leider registriere ich immer nur die Power seiner Achselhöhlen. Man sollte meinen, wenn jemand so besessen von seiner äußeren Erscheinung ist (Randy wird häufig bei den Make-up-Auslagen in Parfümerien gesehen), müsste er sich öfter waschen. Stattdessen verdeckt er seinen Körpergeruch wie ein elisabethanischer Höfling mit diversen Düften, statt seine Gesundheit in der Badewanne zu riskieren. Manchmal glaube ich, sein Bestreben, wie ein Bauarbeiter nach einem anstrengenden Tag auf dem Gerüst zu riechen, ist ein beabsichtigter Kontrast zu seinem affektierten Getue. Als würde der Gestank seiner Achselhöhlen
seine Vorliebe für High Heels und Eyeliner irgendwie ausgleichen. Allerdings lässt er sich niemals ohne ein weibliches Model blicken, das an seinem Arm hängt – was ein ausreichender Beweis sein müsste, falls jemals Zweifel an seiner Heterosexualität aufkämen. Solche schicken Models ersetzt er ab und zu durch vollbusige Blondinen.
    Lulu seufzt wehmütig. »Trotzdem stehe ich auf ihn. Trotz schmutziger Jeans und stinkender Achselhöhlen.«
    »Ja, und denk mal an die Trinkgelder, die du für diese Infos aus erster Hand einheimsen wirst. Wahrscheinlich reichen die nach deiner Affäre mit Randy sogar fürs Krankenhaus, damit du dann gleich deinen Tripper behandeln lassen kannst.« Ich kichere in mein Weinglas.
    »Großer Gott. Harrison, musst du alles ins Lächerliche ziehen? Darf ich mir nicht einmal ein bisschen Spaß im Bett vorstellen, ohne dass du gleich behauptest, ich würde eine Geschlechtskrankheit kriegen? Lass deinen lebenslangen Sexfrust nicht an mir aus!«
    Autsch. Das war unter der Gürtellinie. Der dunkelhaarige Mann, mit dem wir den Tisch teilen, blickt auf und zieht die Brauen hoch. Dann sieht er mein wütendes Gesicht und vertieft sich sofort wieder in seine Zeitung ( Le Monde, naturellement, sicher wieder einer, der auf Franzose macht).
    »Nicht lebenslang, Lulu«, zische ich. »Nur zwei Jahre. Seit es mit Joe vorbei ist. Wenn du deine heilige Trennungsgleichung betrachtest – meinst du nicht, dass das akzeptabel ist?«
    Lulu behauptet steif und fest, man dürfe einer Beziehung nur halb so lange nachtrauern, wie sie gedauert hat. Das ist eine nützliche Gleichung, denn sie zwingt einen,
sich zusammenzureißen. Besonders empfehlenswert ist sie, wenn man, so wie Lulu, nur kurz mit jemandem zusammen ist. Aber meine fünf Jahre mit Joe gestatten mir eine Trauerzeit von zwei Jahren und sechs Monaten, nicht wahr?
    »Süße, es geht ums Maximum, nicht ums Minimum. Zwei Jahre. Du bist praktisch eine wiedergeborene Jungfrau.«
    »So lang sind zwei Jahre nicht, nach allgemeinem Maßstab«, fauche ich.
    »Nach welchem Maßstab?«, ruft Lulu. »Nach dem Maßstab eines Klosters oder eines Menschen, der an Platzangst
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