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Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen
Autoren: Karin Slaughter
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machen, denn sonst würde man ihn im Zeugenstand in der Luft zerreißen.
    Will formulierte seine Frage von zuvor neu: »Wie ist sie gestorben?«
    »Sie sieht absolut übel aus - das Gesicht wie rohes Hackfleisch, überall Blut. Überrascht mich, dass die Mutter sie überhaupt erkannt hat.« Leo hielt inne, sah aber, dass Will offensichtlich eine konkretere Antwort wollte. »Meine Vermutung? Er hat sie geschlagen und dann erstochen.«
    Wieder schaute Will sich den Toten auf dem Boden an. Seine Handflächen waren mit getrocknetem Blut bedeckt, und das war etwas, das man bei einer geschlossenen Faust, die auf jemanden einschlägt, oder auch einer Hand, die ein Messer hält, nicht erwarten würde. Auch wirkten die Knie seiner schwarzen Jeans dunkel, als hätte er in etwas Feuchtem gekniet. Sein T-Shirt war bis knapp unter die Rippen hochgeschoben. Eine frische Prellung erstreckte sich vom Bauch in den Bund seiner Jeans.
    Will fragte: »Wurde die Mutter verletzt?«
    »Wie schon gesagt, Kratzer auf Handrücken und Armen. Auf der Handfläche hat sie einen tiefen Schnitt von den Scherben auf dem Boden.« Leo zählte weiter auf: »Viele Prellungen und blaue Flecken, eine aufgesprungene Lippe, ein bisschen Blut im Ohr. Hat sich vielleicht einen Knöchel verstaucht. Ich dachte zuerst, er sei gebrochen, aber sie konnte ihn bewegen.« Er rieb sich den Mund, hätte wahrscheinlich gern eine Zigarette zwischen den Lippen. »Ich habe einen Krankenwagen gerufen, aber sie sagte, sie gehe erst weg, wenn ihre Tochter entfernt ist.«
    »Hat sie es so gesagt, >entfernt    Leo fluchte leise, als er sein Spiral-Notizbuch aus der Tasche zog. Er blätterte zur entsprechenden Seite und zeigte sie Will.
    Will runzelte die Stirn, als er das unleserliche Gekritzel sah. »Hast du einem Huhn die Fingerabdrücke abgenommen?«
    Leo drehte das Notizbuch wieder zu sich und las laut vor: »Ich werde meine Tochter nicht liegen lassen. Ich werde dieses Haus erst verlassen, wenn auch Emma es verlässt.«
    Will ließ sich den Namen durch den Kopf gehen, und das Mädchen wurde für ihn zu einer Person, nicht nur zu einem anonymen Opfer. Emma war einmal ein Baby gewesen. Ihre Eltern hatten sie in den Armen gehalten, sie beschützt, ihr einen Namen gegeben. Und jetzt hatten sie sie verloren. Er fragte: »Was sagt die Mutter?«
    Leo klappte das Notizbuch wieder zu. »Nur die nackten Fakten. Ich verwette mein linkes Ei, dass sie Anwältin war, bevor sie sich schwängern ließ und den Beruf für das gute Leben an den Nagel hängte.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Sie ist sehr vorsichtig bei allem, was sie sagt, wie sie es sagt. Viel >Ich hatte den Eindruck< und >Ich hatte die Befürchtung<.«
    Will nickte. Eine Berufung auf Notwehr fußte ausschließlich auf den Einschätzungen der betreffenden Person, dass er oder sie sich zum Zeitpunkt des Angriffs in unmittelbarer Todesgefahr befunden habe. Campano legte offensichtlich bereits jetzt das Fundament dafür, aber Will wusste nicht, ob sie es tat, weil sie gerissen war oder weil sie die Wahrheit sagte. Er schaute noch einmal zu dem toten Mann hinunter, den blutverklebten Handflächen, dem durchnässten T-Shirt. Hinter der Sache steckte mehr, als man auf den ersten Blick sah.
    Leo legte Will die Hand auf die Schulter. »Hör zu, ich muss dich warnen ...«
    Er brach ab, als die Schiebetüren aufgingen. Amanda stand neben einer jungen Frau. Hinter ihnen sah Will eine andere Frau auf einer Couch sitzen. Sie trug einen weißen Tennisdress. Ihr offensichtlich verletzter Fuß ruhte auf dem Couchtisch. Ihre Tennisschuhe standen darunter auf dem Boden.
    »Special Agent Trent«, sagte Amanda und schob die Schiebetüren hinter sich zu. »Das ist Detective Faith Mitchell.« Amanda musterte Leo von oben bis unten wie einen schlechten Fisch und wandte sich dann wieder der Frau zu. »Special Agent Trent steht zu Ihrer Verfügung. Das GBI wird Ihnen mit dem größten Vergnügen jede erdenkliche Hilfe anbieten.« Sie schaute Will mit hochgezogener Augenbraue an, um ihn wissen zu lassen, dass das genaue Gegenteil zutraf. Dann fügte sie, vielleicht weil sie dachte, er sei begriffsstutzig, hinzu: »Ich brauche Sie in einer Stunde wieder im Büro.«
    Obwohl Will genau dies erwartet hatte, traf es ihn dennoch unvorbereitet. Sein Auto stand in der Innenstadt vor der City Hall. Donnelly würde hier am Tatort bleiben müssen, bis er geräumt war, und jeder der Uniformierten würde sich über die Gelegenheit freuen, Will Trent allein auf
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