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Wilhelm Storitz' Geheimnis

Wilhelm Storitz' Geheimnis

Titel: Wilhelm Storitz' Geheimnis
Autoren: Jules Verne
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warteten in fieberhafter Erregung das Kommende.
    Es standen nur mehr die vier rauchgeschwärzten Mauern, um dieselben lagen Steine, halbverkohlte Balken des Dachstuhles, geschmolzene Eisenstangen, Asche und zertrümmerte Möbelstücke.
    Wir betrachteten diesen Schutthaufen.
    Ach! hätten doch die Flammen diesen schrecklichen Menschen mitsamt seinem Hause verzehrt und mit ihm das Geheimnis dieser fluchbeladenen Erfindung!
    Der Leutnant und ich ließen unsere Blicke unausgesetzt über den ganzen Platz schweifen; da zuckten wir plötzlich zusammen. Kaum dreißig Schritte vor uns lag Hauptmann Haralan auf der Lauer, wie wir am Rande des Dickichts. Unser Gefährte hatte sich zum Beobachtungsposten jene Stelle ausgesucht, wo das Gehölz sich durch eine harmonische Wendung der Ecke des Hauses näherte, von dem es nur durch eine etwa sechs Meter breite Allee getrennt war. An dieser ihm ganz nahe liegenden Hausecke hafteten die Blicke des Hauptmannes. Er lag vollkommen bewegungslos da, man sah ihm an, wie alle seine Gedanken auf den einen Punkt konzentriert waren; sprungbereit, mit gespannten Muskeln, glich er einem wilden Tier auf der Lauer.
    Wir folgten der Richtung seiner Blicke und wußten nun, was sie fesselte. Ein seltsames Phänomen zeigte sich uns. Die Schutteile wurden wie von Geisterhänden in Bewegung gesetzt. Langsam, vorsichtig, als ob die unsichtbaren Arbeiter jedes Geräusch vermeiden wollten, wurden die Steine, die Eisenteile, die tausend verschiedenen an diesem Platze aufgehäuften Trümmer beiseite geschoben, entfernt, an einer anderen Stelle angehäuft.
    Starren Blickes, wie gelähmt von geheimem Entsetzen, sahen wir den Vorgang an. Die Wirklichkeit blendete uns. Wilhelm Storitz war da! Und wenn auch die Arbeiter unsichtbar waren, ihre Tätigkeit war zu erkennen….
    Plötzlich erscholl ein Zornesruf…. Wir sahen von unserem Verstecke aus, wie Haralan in einem einzigen Sprunge die Allee überflog…. Bei dem erwähnten Trümmerhaufen kam er wieder auf seine Füße zu stehen und schien mit einem unbekannten Hindernis zusammen zu stoßen…. Bald wich er vor, bald zurück, öffnete und schloß die Arme, beugte sich und richtete sich auf, es war wie ein Ringen Leib an Leib….
     

    »Zu mir! Ich hatte ihn!. (S. 192.)
     
    »Zu mir! rief Hauptmann Haralan. Ich halte ihn!« Leutnant Armgard und ich stürzten zu seiner Unterstützung herbei.
    »Ich halte den Elenden…. Jetzt entkommt er mir nicht mehr…, wiederholte er. Herbei, Vidal!… Hilf, Armgard!…«
    Plötzlich fühlte ich mich durch einen kräftigen Arm zurückgestoßen und verspürte den heißen Atem eines Menschen dicht vor meinem Gesicht.
    Und setzt beginnt ein Ringkampf auf Leben und Tod. Wir halten es, das unsichtbare Wesen, ob Wilhelm Storitz oder einen seiner Verbündeten…. Wer es auch sei, unsere Hände fassen ihn, wir werden ihn nicht mehr loslassen und ihn zwingen, uns über Myras Verbleib Auskunft zu erteilen.
    Es hatte ja schon Herr Stepark bestätigt, daß der materielle Teil seines Körpers fortbesteht, wenn er ihn auch unsichtbar machen kann. Das ist kein Gespenst, sondern ein wirklicher Körper, den wir mit dem Aufgebote all unserer Kraft festzuhalten und zu meistern trachten.
    Es gelingt uns endlich. Ich halte den unsichtbaren Gegner bei einem Arme. Leutnant Armgard hat den anderen gefaßt.
    »Wo ist Myra?… Wo ist Myra?…« fragt Hauptmann Haralan in fieberhafter Erregung.
    Keine Antwort. Der Bösewicht trachtet sich loszuringen und zu entfliehen. Wir haben es mit einem sehr kräftigen Manne zu tun, welcher heftig um sich schlägt und uns zu entkommen trachtet. Wenn es ihm gelingen sollte, durch den Garten oder über die Trümmerhaufen den Wall zu gewinnen, mußte alle Hoffnung aufgegeben werden, ihn jemals zu erreichen.
    »Sage mir augenblicklich, wo Myra ist…« wiederholte Hauptmann Haralan in höchster Wut.
    Endlich eine Antwort, zwei Worte:
    »Niemals…. Niemals!…«
    Soweit man die keuchende Stimme erkennen konnte, war es Wilhelm Storitz selbst, welcher sprach.
    Der Kampf mußte ein Ende nehmen; wir waren drei gegen einen und wenn letzterer auch über ungewöhnliche Kräfte verfügte, lange konnte er uns nicht mehr widerstehen. Da mit einem Male wird Leutnant Armgard zurückgerissen und fällt auf den Rasen nieder. Fast gleichzeitig fühle ich mich am Bein gepackt. Ich überschlage mich regelrecht und werde dadurch gezwungen, meine Beute loszulassen.
    Hauptmann Haralan erhält einen furchtbaren Fausthieb ins Gesicht.
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