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Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie
Autoren: Valentin Zahrnt
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leuchtete einmal im Kreis, schaltete die Lampe aus und kehrte um.
    Das Bangen bei jedem Laster war zu viel für Jan, und ebenso die nüchterne Routine, mit der die Männer nach Anna suchten. Er wischte sich den Schweißfilm seiner Hände an der Hose ab und flüsterte, dass er zwei Stockwerke höher warten würde. Thomsen nickte ihm zu, ohne sich bei der Arbeit aufhalten zu lassen.
    Jan stieg hinauf. Die Wache unterhielt sich mit einer hübschen Skandinavierin in gebrochenem Englisch und erschrak, als Jan sich an ihnen vorbeischlängelte.
    Draußen war es kühler und windiger geworden. Jan lehnte sich im Freiluftgang an die Reling. Das Abendlicht vergoldete einige Gutwetterwolken über der Küste. Sein Körper sehnte sich nach Annas Nähe, er schloss die Augen und plötzlich war alles wieder da, der Mantel über dem hubbeligen Farnbett, ihr duftender Körper, ihr erregter Atem ...
    Ein langgezogener Schrei, ein Poltern auf der Treppe hinter ihm.
    Jan drehte sich um.
    Anna schoss über den Gang und stürmte die nächste Treppe hinauf. Ihr verdrecktes Gesicht hatte fast die gleiche Farbe wie ihr brauner Mantel angenommen.
    Jan sah, wie sich die Skandinavierin schreckensbleich an die Wand drückte, hörte die Schmerzensschreie der Wache, die Anna die Treppe hinabgestoßen hatte, erwachte aus seiner Erstarrung und setzte ihr nach.
    Als er das Sonnendeck erreichte, griff sie bereits nach dem Geländer der letzten Treppe.
    „ Warte!“, schrie Jan.
    Sie stürmte hinauf.
    Er folgte ihr, so schnell er konnte.
    Schreie schlugen ihm vom Oberdeck entgegen.
    „ Weg!“, kreischte eine gepflegte Dame und hastete die Treppe hinunter.
    Jan stürmte an ihr vorbei. Anna war bereits an der Radarkugel.
    Die Passagiere drängten zu den Treppen.
    Anna rannte auf den Schornstein zu. Die Treppen waren blockiert. Sie steckte in der Falle.
    Da sah Jan die Leiter, die den Schornstein hinaufführte. Wie riesige Heftklammern aus Stahl ragten die Sprossen in Abständen von einem halben Meter aus der Verschalung. Doch selbst die unterste war so hoch angebracht, dass sich kein unvernünftiger Passagier daran hinaufwagen könnte.
    Anna schien noch einmal zu beschleunigen, sprang, flog auf die Wand zu, schlug dagegen und blieb hängen. Mit einer Hand hielt sie die Sprosse umklammert, schon griff sie auch mit der zweiten zu und zog sich hinauf.
    Jan verlangsamte. „Anna! Ich bin’s, warte auf mich!“
    Sie hielt in der Bewegung inne und blickte über die Schulter zu ihm hinab. Verklebte Haare fielen ihr ins Gesicht, der Verband über ihrem Auge war abgerissen, die Lippe erneut aufgeplatzt.
    „ Komm, Anna!“, schrie er verzweifelt. „Komm zurück!“
    Sie kletterte weiter, schien die Höhe nicht zu fürchten oder von einem inneren Grauen getrieben zu sein, das alle Ängste der Außenwelt betäubte.
    Zwei Uniformierte rannten an Jan vorbei, der eine stieg auf die Schultern des anderen und kletterte Anna hinterher. Sie hatte bereits über die Hälfte der Strecke bewältigt, der Verfolger konnte sie nicht auf der Leiter einholen.
    „ Halt!“, schrie Jan.
    „ Runter!“, befahl Thomsen neben ihm.
    Der Uniformierte hangelte sich wieder herab.
    Thomsen packte Jan an den Schultern und sagte eindringlich: „Bleiben Sie ruhig und sprechen Sie mit ihr“, dann befahl er den Umstehenden: „Räumen Sie die Decks.“
    Anna hatte die Spitze der Schornsteinverschalung erreicht und richtete sich neben den silbrigen Röhren auf. Ihr Gesicht war nicht mehr zu erkennen, sie war nichts als eine dunkle Gestalt gegen den tiefblauen Himmel.
    „ Anna!“, brüllte Jan. „Komm zu mir!“
    Sie stand regungslos auf dem leicht schwankenden Schornstein.
    „ Sprich mit mir!“, brüllte Jan.
    Sie drehte sich zur fernen Küste.
    „ Anna! Schau mich an!“
    Sie rannte über den Schornstein, ihr Mantel wehte auf und verschwand hinter den Röhren.
    Jan hörte seinen Schrei. Er taumelte, jemand stützte ihn und ließ ihn langsam zu Boden sinken.
    Thomsen und die übrigen Männer stürmten die Treppe hinunter, sie schrien sich Anweisungen zu, um die Rettungsboote klarzumachen. Jan wusste, dass das eine sinnlose Pflicht war. Von der Spitze des Schornsteins waren es mindestens dreißig Meter bis zum Wasser, und falls sie nicht beim Aufprall zerschlagen oder in der Schiffsschraube zerfetzt worden war und auch nicht durch den Schock das Bewusstsein verloren hatte, müsste sie in voller Kleidung minutenlang im kalten Meer schwimmen, bis die Rettungsboote sie gefunden hätten.
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