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Wildes Herz

Wildes Herz

Titel: Wildes Herz
Autoren: Leonie Britt Harper
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Kutsche, die sich auf sein Klopfzeichen augenblicklich wieder in Bewegung setzte.
    Éanna blieb auf der Straße stehen – inmitten des Lärms der großen Stadt, die sie schon jetzt mit Staunen erfüllte, und sah dem Wagen nach. »Gott segne Euch, Patrick O’Brien!«, flüsterte sie. Und plötzlich hatte sie Tränen in den Augen, als ihr einmal mehr an diesem Tag bewusst wurde, welches Wunder ihr widerfahren war.
    Sie dachte an Catherine und das, was sie wohl dazu gesagt hätte, wenn sie wüsste, auf welch verschlungenen Wegen es ihre Tochter doch noch geschafft hatte, nach Dublin zu kommen. Sie wäre stolz auf sie gewesen, das wusste Éanna genau.
    Und es war dieses Hochgefühl, dass sie sicher sein ließ, dass sie auch Brendan in der Stadt finden würde.

Fünfunddreißigstes Kapitel
    Noch am Nachmittag ihrer Ankunft machte sich Éanna auf die Suche nach Brendan. Sie nahm sich gerade genug Zeit, um sich von der wahrlich resoluten Mrs Skeffington scharf in Augenschein nehmen, sich ihre Kammer zeigen und sich von ihr erklären zu lassen, welches Betragen Mrs Skeffington von ihren Hausgästen erwartete.
    Dass ihre Suche am Tag ihres Eintreffens und auch am folgenden ergebnislos verlief, entmutigte sie nicht. Mit so viel Glück hatte sie erst gar nicht gerechnet. Sie war realistisch genug, um zu wissen, dass ihre Suche nach Brendan in einer so großen Stadt wie Dublin fast der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen glich. Allein sich in dieser Großstadt am Fluss Liffey einigermaßen zurechtzufinden und in Erfahrung zu bringen, wo sich die Wohnbezirke der Armen und einfachen Tagelöhner befanden, kostete viel Fragerei und Stunden des Herumirrens.
    Caitlin hatte für Éannas Entschlossenheit, nach Brendan in diesem unglaublichen Menschengewimmel an den Docks und in dem Labyrinth der Elendsviertel von Dublin zu suchen, nicht das geringste Verständnis.
    »Ich weiß wirklich nicht, was so Besonderes an deinem Herzchen Brendan Flynn sein soll«, sagte sie schon am zweiten Tag mit einer Mischung aus Gehässigkeit und Belustigung. »Warum vergisst du diesen Burschen nicht? Der hat dir doch nichts zu bieten. Dagegen scheint dieser Dandy O’Brien ja wohl eine Schwäche für dich zu haben. Der Himmel mag wissen wieso, aber dass er an dir einen Narren gefressen hat, liegt wohl auf der Hand. Also wenn du schlau bist, hältst du dich an den. Aus dem naiven Weichling ist ordentlich was rauszuholen, wenn man es nur geschickt anfängt.«
    Am liebsten hätte Éanna ihr daraufhin eine schallende Ohrfeige verpasst. Aber sie zog es vor, Caitlins Sticheleien zu ignorieren. Dass Caitlin an ihrer Stelle alles daran gesetzt hätte, Patrick O’Briens Großherzigkeit mit allen Tricks auszunutzen, verwunderte sie nicht.
    In Ballymore Eustace hatte sie sich gegenüber Éanna nur mühsam ein paar knappe Worte des Dankes abgerungen. Und sogar die hatten einen bissigen Unterton gehabt. Fast schien es ihr lieber gewesen zu sein, wenn Patrick O’Brien nicht gekommen wäre und sie mit ihren Vermutungen recht behalten hätte.
    Und so war Éanna fast erleichtert, als sich Caitlin schon am zweiten Tag ohne ein Wort des Abschieds davonmachte. Wie ihnen Mrs Skeffington mit kühler Entrüstung berichtete, hatte sie dreist darauf bestanden, sich das Geld ausbezahlen zu lassen, das Mr O’Brien für die zwei Wochen vorgestreckt hatte. Sie hatte keine Ruhe gegeben, bis sie ihren Willen bekommen hatte.
    »Seien wir froh, dass sie weg ist und uns nicht länger mit ihrem gehässigen Gerede in den Ohren liegt«, sagte Emily trocken, als sie davon erfuhren. »Sie wird uns bestimmt nicht fehlen.«
    Éanna pflichtete ihr bei. Es kümmerte sie wenig, wie undankbar sich Caitlin verhalten hatte. Sie hatte einzig und allein ihre Suche nach Brendan im Sinn, und diese Suche stellte sie über alles andere.
    Doch als sie auch nach drei Tagen noch immer keinen Hinweis auf sein Verbleiben in Erfahrung gebracht hatte, begann sie, unruhig zu werden. Konnte es sein, dass er sich vielleicht doch nicht nach Dublin durchgeschlagen hatte? Hatte er ein anderes Ziel im Kopf gehabt, nachdem er Éanna für tot gehalten hatte?
    Sie erinnerte sich daran zurück, was er über Dublin gesagt hatte. War es nicht allein seine Verzweiflung an jenem schrecklichen Tag in der Nähe von Carlow gewesen, die ihn zu seinem Stimmungswandel getrieben hatte?
    In der Nacht zum Samstag kam die Wende. Éanna hatte sich schlaflos in ihrem Bett hin- und hergewälzt. Nach den vielen Nächten auf dem Boden
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