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Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein
Autoren: Heinz G. Konsalik
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war der deutliche Vorwurf gegen die Polizei, daß sich dieselbe von einer Mitverantwortung für das, was geschehen war, nicht lossprechen könnte. Hätte sie nämlich für jenen Führerscheinentzug gesorgt, um den sie von ihm, Jean Küppers, gebeten worden war, wäre sie jetzt nicht zur Entgegennahme seiner Selbstanzeige gezwungen.
    »Soll das heißen«, fragte der Wachtmeister scharf, »daß Sie irgend etwas auf uns abwälzen wollen?«
    »Nein«, antwortete Schang, einen Gipfel seiner Würde erklimmend, »ich löffle mir meine Suppen selber aus.«
    Die Tür ging rasch auf, Anne Selzer wurde auf der Schwelle sichtbar. Sie zögerte, blickte herum, entdeckte Schang, trat ein und wandte sich an ihn.
    »Was machst du hier?«
    »Ich … ich spreche mit dem Wachtmeister.«
    »Was sprichst du mit ihm?«
    »Nichts Wichtiges.«
    »Ich will es wissen.«
    Schang preßte die Lippen zusammen. Er war entschlossen, die Auskunft zu verweigern, und erwartete vom Wachtmeister dasselbe. In diesem Sinne blickte er ihn, ein Auge zukneifend, an. Der Wachtmeister jedoch unterlag einem Mißverständnis.
    »Herr Küppers weiß nicht«, sagte er, »wie er sich ausdrücken soll, Fräulein Selzer. Ich bin dabei, seine Selbstanzeige zu Protokoll zu nehmen.«
    »Seine was?«
    »Seine Selbstanzeige. Er hat die Brandstiftung an dem Wagen auf dem Parkplatz Ihres Lokals begangen.«
    »Wer behauptet das?«
    »Er selbst. Daher seine Selbstanzeige. Dies besagt der Name einer solchen Anzeige, Fräulein Selzer.«
    »Blödsinn!« Anne kehrte sich wieder Schang zu: »Du sagst dem Wachtmeister sofort, daß das ein Riesenblödsinn ist!«
    »Was?«
    Schang schaute völlig entgeistert drein.
    »Was soll ein Riesenblödsinn sein, Fräulein Anne?« setzte er hinzu.
    »Daß du den Wagen in Brand gesteckt hast.«
    Schang gab sich einen Ruck.
    »Doch, das habe ich!«
    »Schang«, sagte Anne, ganz knapp vor ihn hintretend, »du lügst! Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, daß du lügst, hörst du! Und wenn du das nicht gleich zugibst, wenn du dem Wachtmeister nicht sagst, daß du ihn angelogen hast, spreche ich mit dir nie mehr ein Wort, verstehst du! Ich sehe dich nie mehr an!«
    Schangs Augen waren weit vor Entsetzen.
    »Fräulein Anne …«
    »Dann bist du für mich ein für allemal erledigt!«
    »Aber …«
    »Wir sind dann geschiedene Leute, Schang!«
    »Ich … ich wollte doch nur …«
    »Du wolltest doch nur die Polizei auf den Arm nehmen«, fiel ihm Anne ins Wort. »Das möchtest du doch sagen, nicht? Weiß der Teufel, warum du das wolltest, aber die Polizei auf den Arm zu nehmen, ist jedenfalls verboten und wird geahndet vom Gesetz. Mit einer Geldstrafe wirst du also rechnen müssen. Wenn du knapp bei Kasse bist, schieße ich dir den Betrag vor oder schenke ihn dir ganz, das werden wir schon sehen. Das Wichtigste ist, daß wir Freunde bleiben, meinst du nicht auch?«
    »Ja«, stieß Schang hervor. Man hörte den Stein, der ihm vom Herzen fiel, geradezu plumpsen.
    Anne ließ von ihm ab und widmete sich dem Wachtmeister. Dazu bestand sicherlich auch eine gewisse Notwendigkeit. Anne setzte deshalb ihr verführerischstes Lächeln auf und sagte zu ihm: »Ich bin froh, daß ich kein Mann bin.«
    Der Wachtmeister, nicht faul, antwortete: »Ich bin auch froh, daß Sie kein Mann sind. Als Mädchen gefallen Sie mir viel besser.«
    »Ich bin deshalb froh, kein Mann zu sein, weil dadurch auch keine Gefahr besteht, ein Polizeibeamter sein zu müssen.«
    »Aha«, grinste der Wachtmeister.
    »Aber es gibt bei uns auch Beamtinnen.«
    »Werden die auch so angelogen wie die Beamten?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wie hoch mag denn die Geldstrafe sein, mit der unser Schang rechnen muß?«
    »Das kann ich nicht sagen. Das ist Sache eines Richters.«
    »Wenn er's erfährt …«
    Die bildhübsche Anne blickte dabei dem jungen Wachtmeister, der noch lange nicht jenseits von Gut und Böse war, vielversprechend in die Augen. Und er, nicht faul, hatte zur Erwiderung den gleichen Blick parat.
    »Von Herrn Küppers«, sagte er, »wissen wir, daß schon manchmal erwogen wurde, ihn einer gewissen Untersuchung zu unterziehen.« Er räusperte sich mehrmals. »Nicht jeder kann ein Einstein sein … in diesem Sinne, Sie verstehen, was ich meine, Fräulein Selzer. So gesehen, fühle ich mich, das will ich damit sagen, nicht auf den Arm genommen von ihm. Irgendein Protokoll muß also nicht angefertigt werden.«
    »Danke«, hauchte Anne mit der ganzen Hingabe ihrer Seele – wohlgemerkt:
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