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Wilder Oleander

Wilder Oleander

Titel: Wilder Oleander
Autoren: Kathryn Harvey
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hellgrüne Augen.
    »Ich meine all diese Filmstars! Ich bin Sissy Whitboro. So viele auf einmal kriegen wir in Rockford, Illinois, nicht zu sehen. Es dürfte wohl unangebracht sein, den einen oder anderen um ein Autogramm zu bitten.«
    Coco schätzte Sissy auf Anfang dreißig, so alt, wie sie selbst war. Blasse Haut, das karottenrote Haar zu einem strengen Knoten am Hinterkopf geschlungen. Baumwollenes Hemdblusenkleid und zweckmäßiges Schuhwerk. Unverkennbar die typische Hausfrau. »Ich glaube, die wollen lieber in Ruhe gelassen werden«, meinte Coco, obwohl sich da einer allzu auffällig in Positur warf, ein ehemals berühmter Action-Star, der seine Glanzzeit hinter sich hatte (hatten das nicht alle?) und den Niedergang seiner Karriere mit Direct-to-Videos, Filmen, die gar nicht erst in die Kinos, sondern gleich als Video in den Handel gelangten, aufzuhalten versuchte. Sein Gesicht war durch zu häufige Schönheitsoperationen grotesk verzerrt, und was man über sein Privatleben tuschelte, gereichte ihm auch nicht gerade zur Ehre – den Dienstboten war es untersagt, ihm in die Augen zu schauen, und sie mussten sich im Rückwärtsgang aus dem Zimmer entfernen.
Er
zumindest dürfte sich geschmeichelt fühlen, um ein Autogramm gebeten zu werden.
    »Ich für meinen Teil könnte mir einen Urlaub wie diesen gar nicht leisten«, merkte Sissy an. »Ich habe ihn bei einem Preisausschreiben gewonnen.«
    Coco bedachte sie mit einem erstaunten Blick. »Ich auch. Nur kann ich mich überhaupt nicht erinnern, an einem teilgenommen zu haben. Ich finde Preisausschreiben nicht sehr interessant.«
    »Ich auch nicht. Wie mag das Ihrer Meinung nach zugegangen sein? Nach dem, was ich über The Grove gehört habe, hat man es dort nicht nötig, Preisausschreiben zu veranstalten und dann an x-beliebige Leute Ferienaufenthalte in einem solch exklusiven und teuren Ambiente zu verschenken.«
    »Wir werden schon noch herausbekommen, was es damit auf sich hat.«
    »Ich wollte erst gar nicht fahren«, sagte Sissy und rührte in ihrem geeisten Fruchtcocktail herum. »Aber mein Mann bestand darauf. Ich hätte mir einen Urlaub verdient, meinte er. Komisch, dass der Preis nicht für zwei war. Ich wollte Ed und die Kinder nicht allein lassen, aber er hat gesagt, ich wäre schön blöd, wenn ich darauf verzichten würde, dort Urlaub zu machen, wo Prominente ihre Ferien verbringen.«
    Ihr Blick streifte den Filmstar, der sich gerade mit Appetithäppchen versorgte. Auch wenn er nicht mit seinem Markenzeichen, der Peitsche und dem weichen Filzhut, auftrat, wirkte er noch immer sexy. Wo war seine Freundin, der Sitcom-Star? Fuhr er
allein
nach The Grove? Sissy erschauerte wohlig, als sie daran dachte, dass er, wenn es der Zufall so wollte, im Flieger neben ihr sitzen würde.
    Während sie fortfuhr, sich über verschiedene Filmstars auszulassen, spähte Coco zwischendurch immer mal wieder zu
dem Typen mit der verspiegelten Brille. Bei dem Gedanken an den eigentlichen Grund, weshalb sie den Preis angenommen hatte, kam ihr urplötzlich so etwas wie eine Erleuchtung. War
er
etwa derjenige welcher?
    Sie grinste in sich hinein. Wäre das nicht der Hammer, wenn sich der Mann, den sie suchte, als Polizist entpuppte?
    Endlich erfolgte der Aufruf, sich an Bord zu begeben. Als Sissy ihr Glas abstellte, entglitt ihr die unter den Arm geklemmte Handtasche und landete auf dem Boden. »Ich mach das schon«, sagte Coco und bückte sich danach. Und im selben Augenblick, da sie nach dem Lederriemen der Tasche griff, durchfuhr sie ein Blitz.
    Sie bedachte Sissy mit einem fragenden Blick, beschloss aber, nichts zu sagen. Es ging sie nichts an. Jedenfalls stand Mrs.Ed Whitboro aus Rockford, Illinois, während ihres Aufenthalts in The Grove eine große Überraschung bevor.
    Nachdem sie ihre Plätze eingenommen und sich angeschnallt hatten, wanderten Cocos Gedanken über den Zwischengang ins Cockpit, wo der gut aussehende Pilot im Begriff war, seine Checkliste durchzugehen.
    Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen.
Kaum hat die Maschine ihre Flughöhe erreicht, stellt der Kapitän den Jet auf Autopilot, setzt sich die Mütze auf und tritt lächelnd vor die Passagiere. Als er auf Coco zukommt, verweilt sein Blick auf ihr, sein Lächeln jetzt durchtrieben, verschwörerisch. Aus nächster Nähe sind in seinem Gesicht Falten auszumachen, die von Reife zeugen, und aus seinen Augen spricht jahrelange Erfahrung. Er hat Einsätze im Golfkrieg geflogen, 747 er nach Frankreich,
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