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Wilde Rose der Prärie

Wilde Rose der Prärie

Titel: Wilde Rose der Prärie
Autoren: Linda Lael Miller , Ralph Sander
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weinte gleichzeitig, während sie sich so an seinem Genick festklammerte, als müsse sie ansonsten ertrinken.
    „Holt!", rief John, als er den Feldrand erreicht hatte, aber er hatte Mühe, nur dieses eine Wort über die Lippen zu bekommen.
    Auf dem Gesicht des Neuankömmlings zeichnete sich ein vertrautes Grinsen ab. „Ja, Sir, ich bin es wirklich."
    John machte einen weiteren Schritt auf ihn zu und wollte seinen Augen noch immer nicht trauen. Tränen ließen ihn alles nur verschwommen sehen, und seine Kehle war so zugeschnürt, dass kein Grashalm hindurchgepasst hätte, nicht einmal dann, wenn er ihn mit einem guten Whiskey hätte herunterspülen können. Mit einer Hand strich Holt über Tillies Rücken, die sich noch immer an ihm festklammerte. „Wie ich sehe, ist meine kleine Schwester groß geworden." Hoffnung regte sich bei John Cavanagh, wie er sie seit Langem nicht mehr verspürt hatte. „Wirst du bleiben?", fragte er und wischte sich mit dem Arm über den Mund. „Bis ihr genug von mir habt", entgegnete Holt amüsiert.
    „Jetzt umarm ihn endlich, Pa", rief Tillie außer sich vor Freude. „Sonst glaubst du nicht, dass er wirklich da ist."
    John machte einen weiteren, etwas wackligen Schritt, dann legte er die Arme um den Mann, den er nach wie vor als seinen Sohn ansah. Beide verharrten sekundenlang in der Umarmung, bis John merkte, wie ihm Tränen über sein altes schwarzes Gesicht liefen.
    „Komm mit nach drinnen", brachte er heraus, als er sich von Holt löste. „Da du hier bist, wird Tillie sofort kochen wollen."
    Holt sah sich um und bemerkte die windschiefe Scheune, die stellenweise umgedrückten Zäune, das magere Vieh und die ebenso mageren Pferde. Wäre John nicht so verdammt glücklich gewesen, seinen Jungen wiederzusehen, dann hätte er sich vermutlich geschämt. Aber es war später noch Zeit genug, all die Fragen zu beantworten, die dem Jungen ins Gesicht geschrieben standen. Dann konnte er ihm immer noch berichten, wie Templeton und die Banker alles versuchten, um ihn zu vertreiben.
    Im Moment gab es jedoch wichtigere Dinge, über die sie sich unterhalten mussten. „Hast du mir ein Bild von deinem kleinen Mädchen mitgebracht?", fragte John, der zwischen Holt und Tillie dahinhumpelte, als sie zu dritt zum Haus gingen. Holt zog seine Brieftasche aus der Jacke und hielt ihm eine Daguerreotypie hin, die John sofort an sich nahm. Er blieb stehen und sah sie sich genauer an, wobei sich seine Kehle abermals zuzuschnüren begann. „Sie ist Olivia wie aus dem Gesicht geschnitten."
    „Lass mich auch mal gucken", bettelte Tillie. „Lass mich auch mal." Widerwillig gab John ihr das Bild.
    Tillie stieß einen kleinen Freudenschrei aus und nahm den Anblick in sich auf. „Du hättest sie mitbringen sollen", beklagte sie sich. „Warum hast du das nicht gemacht?"
    Besänftigend legte Holt eine Hand auf ihre Schulter. Tillie war inzwischen achtundzwanzig, aber sie war noch immer so naiv wie ein kleines Kind, was mit den Komplikationen zusammenhing, die während ihrer Geburt aufgetreten waren. „Dafür ist die Strecke zu weit", erklärte er ruhig. „Außerdem geht sie dort zur Schule." Er sah zu seinem Pferd, das sich das texanische Gras schmecken ließ. Wenigstens hatten sie noch das Gras. „Aber ich habe dir trotzdem was mitgebracht. Es ist in der linken Satteltasche."
    Sofort raffte Tillie ihren Rock und lief zu dem Wallach. Zumindest für den Moment hatte sie vergessen, dass sie ihm etwas zu essen machen wollte. „Ich erhielt einen Brief von Frank Corrales", sagte Holt, während Tillie die Satteltasche öffnete und darin zu wühlen begann. „Er schrieb, jemand wolle dich von deinem Land vertreiben. Sieht ganz so aus, als wusste er, wovon er da redete." Tillie zog eine Puppe heraus, die lange schwarze Locken und das gleiche kaffeebraune Gesicht hatte wie sie selbst.
    „Wo zum Teufel hast du denn eine farbige Puppe aufgetrieben?", wollte John wissen. „Hab ich unterwegs gekauft." Zufrieden sah er mit an, wie Tillie die Puppe gegen ihre flache Brust drückte und im Kreis zu tanzen begann. Im nächsten Moment machte er wieder eine ernste Miene. „Wer ist hinter dem Land her, John? Ich kenne Gabes Version, aber ich möchte es gern von dir hören."
    John rieb sich das Kinn. Wenn Holt sich erst einmal etwas vorgenommen hatte, dann würde er nicht wieder loslassen. „Ein Mann namens Templeton. Sein Land grenzt an unseres, und er will das Gras für sein edles englisches Vieh." Tränen stiegen ihm
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