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Wilde Rose der Prärie

Wilde Rose der Prärie

Titel: Wilde Rose der Prärie
Autoren: Linda Lael Miller , Ralph Sander
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ging weiter.

4. Kapitel

     
    Gabe glaubte zu träumen. Der Gefängniswärter Roy stand auf der anderen Seite der Zellentür und hielt ein mit einem karierten Küchentuch abgedecktes Tablett in den Händen, von dem ein verführerischer Duft ausging, der ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.
    Er setzte sich auf, zwinkerte kurz und hob die Beine aus dem Bett. Missmutig stellte der Wärter das Tablett ab und griff nach dem Schlüsselbund. Nicht zum ersten Mal spielte Gabe mit dem Gedanken, den Mann zu überwältigen, was ein Leichtes sein würde. Nicht so einfach würde es dagegen sein, auch die Wachen am Zugang zu den Zellen zu überwinden. Wahrscheinlich war, dass sie ihn sofort erschossen, wenn er den Versuch wagte.
    „Dieser Freund von Ihnen muss aber ein stattliches Bankkonto haben", murmelte Roy, drückte vorsichtig die Tür auf und schob das Tablett in die Zelle. „Das ist ein richtig vornehmes Abendessen aus dem Hotel gegenüber."
    Roy warf die Zellentür wieder zu und schloss ab, während sich Gabe dem Essen widmete. „Ich werd verrückt", flüsterte er und hockte sich hin, um das Küchentuch umzuschlagen. Das war Rindfleisch, und sogar ein Rippenstück! Dazu gab es einen ganzen Berg Kartoffelpüree, das in Bratensoße schwamm, und grüne Bohnen, die mit Speck und Zwiebeln gekocht worden waren.
    Gabe spürte, wie ihm das Blut aus dem Kopf schwand.
    „Ich hätte nicht gedacht, dass du überhaupt einen Freund hast", meinte Roy, der sich noch nicht entfernt hatte.
    Mit dem Tablett auf dem Schoß setzte sich Gabe quer auf das Feldbett. Seine Hand zitterte, als er nach der Gabel griff. „Was gibt's denn heute bei dir zu Abend, Roy?", fragte er.
    „Was es bei mir zu Abend gibt, geht dich gar nichts an", konterte Roy, schien jedoch nach wie vor nichts Besseres zu tun zu haben, als vor der Zelle zu stehen. Vielleicht wollte er wenigstens den Geruch dieses Essens genießen.
    Mit der Gabel löste Gabe ein Stück Fleisch ab, das zart wie Butter war. Fast wurde er ohnmächtig, als er den ersten Bissen auf der Zunge spürte.
    „Wer ist der Kerl eigentlich?", hakte Roy nach.
    „Geht dich nichts an", antwortete er mit vollem Mund.
    „Für jemanden, der bald aufgeknüpft wird, bist du ziemlich vorlaut."
    Gabe hatte genug damit zu tun, den zweiten Happen von seinem Rippchen zu genießen, sodass er auf die Bemerkung nicht eingehen konnte. Sein Magen verlangte knurrend nach mehr.
    „Hoffentlich glaubst du jetzt nicht, dass er dich hier rausholt. Das kann keiner außer dem Gouverneur."
    Das Püree schmeckte so gut wie das Fleisch, und die Soße ... die Soße war einfach göttlich. „Mach dich lieber auf einigen richtigen Ärger gefasst", entgegnete Gabe kauend. „Holt Cavanagh hat die Wucht eines voll beladenen Güterzugs, wenn er sich erstmal was in den Kopf gesetzt hat. An deiner Stelle würde ich mich ihm nicht in den Weg stellen."
    Roy wurde blass, was Gabe fast so sehr freute wie das Essen vor ihm auf dem Tablett. „Cavanagh? Heißt so nicht auch der Rancher, der sich mit dem Templeton-Haufen streitet?"
    Gabe lächelte, auch wenn der Name Templeton bei ihm alte Wunden aufriss. „Genau so heißt er."
    „Die können aber nicht verwandt sein", erklärte Roy.
    „Wirklich nicht?", entgegnete Gabe, während er ein paar Bohnen und ein großes Stück Speck aufspießte.
    John Cavanaghs altes Herz blieb fast stehen, als er aufsah und am Feldrand den Reiter entdeckte, der so wie sein Pferd von den letzten Sonnenstrahlen des Tages erfasst wurde. Er rieb sich über sein stoppeliges Kinn, stützte sich auf dem langen Stiel der Sense ab und blinzelte ins Licht.
    Tillie, die neben ihm arbeitete, ließ ihre Sense ins Gras fallen und flüsterte: „Das ist Holt." Dann lief sie los, wobei sie über den Saum ihres Kattunrocks stolperte, hinfiel und gleich wieder aufstand, um weiterzulaufen.
    Nein, das konnte nicht Holt sein, überlegte John. Der war in Arizona, wo er auf der Ranch seiner Familie mithalf und seine Tochter großzog.
    Der Reiter stieg aus dem Sattel und breitete die Arme aus, während Tillie auf ihn zulief. Mit einem Freudenschrei fiel sie ihm um den Hals.
    Gott im Himmel, es war tatsächlich Holt.
    Nun ließ auch John seine Sense fallen, obwohl er nicht der Typ Mann war, der achtlos mit seinen Werkzeugen umging, und beeilte sich, trotz seines Rheumas so schnell wie möglich zu den beiden zu gelangen.
    Holt wirbelte Tillie im Kreis herum und gab ihr einen schmatzenden Kuss auf die Stirn. Sie lachte und
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