Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
gingen raschen Schritts Hand in Hand Richtung Gipfel und hofften, noch vor dem Regen dort anzulangen und ihr Zelt aufschlagen zu können. Stewie sagte, wenn sie am nächsten Tag aus dem Wald kämen, würden sie mit dem Wagen nach Südosten fahren, Richtung Bridger-Teton-Forest.
    Als sie auf die grasende Rinderherde stießen, spürte Stewie, wie sich dunkler Zorn in ihm breitmachte.
    » Diese Schafsköpfe!«, stieß er hervor. » Wenn sie nicht den Holzfirmen gestatten, alle Bäume auf Kosten der Steuerzahler zu fällen, dann lassen sie die Rancher ihre Rinder hier weiden, damit sie das ganze Gras auffressen und in die Bäche scheißen können.«
    » Warum umgehen wir die Herde nicht einfach?«, fragte Annabel.
    » Das ist nicht der Punkt«, versetzte er geduldig. » Natürlich können wir sie umgehen, aber es ist eine Frage des Prinzips. Rinder gehören nicht in diese Wälder – sie zerstören, was vom Ökosystem noch übrig ist. Du hast wirklich noch viel zu lernen, Darling.«
    » Ich weiß«, erwiderte sie entschlossen.
    » Die Rancher hier lassen ihre Rinder auf öffentlichem Land – auf unserem Land – weiden, und zwar nicht nur auf Kosten von uns Steuerzahlern, sondern auch auf Kosten der Tierwelt. Sie zahlen ungefähr zehn Dollar pro Hektar und sollten doch das Zehnfache dafür berappen. Am besten wäre natürlich, sie würden gänzlich verschwinden.«
    » Aber brauchen wir nicht Fleisch?«, fragte sie. » Du bist schließlich kein Vegetarier, oder?«
    » Hast du den Cheeseburger vergessen, den ich in Cameron zu Mittag gegessen habe?«, gab er zurück. » Nein, ich bin kein Vegetarier, obwohl ich mir manchmal wünsche, ich hätte die Kraft, einer zu sein.«
    » Ich hab es mal mit fleischloser Kost probiert, aber das hat mich träge gemacht«, gestand Annabel.
    » Die Rinder hier im Westen liefern nur fünf Prozent des Rindfleischs, das wir im gesamten Land essen«, sagte Stewie. » Der ganze Rest kommt aus dem Süden, aus Texas, Florida und Louisiana, wo es viel Gras und viel privates Land gibt, auf dem die Tiere weiden können.«
    Er hob einen Kiefernzapfen auf, warf ihn zwischen den Bäumen hindurch und traf ein Rind genau auf die Schnauze. Es muhte aufgebracht, drehte sich um und trottete schwerfällig davon. Der Rest der kleinen Herde von gut zehn Tieren folgte. Sie zogen lärmend davon, zertrampelten Äste und traten mit den Hufen faustgroße Erdklumpen aus dem schwarzen Mutterboden.
    » Ich wünschte, ich könnte sie zurück auf die Ranch jagen, auf die sie gehören«, sagte Stewie und blickte den Rindern nach. » Am liebsten würde ich sie dem Bauern auf den Hals schicken, der die Weiderechte für diesen Teil der Bighorns gepachtet hat.«
    Ein Tier hatte sich nicht bewegt. Es stand einfach nur da und glotzte die beiden an.
    » Was mag mit dem los sein?«, fragte Stewie.
    » Zisch ab!«, rief Annabel. » Huschhusch!«
    Stewie verkniff sich ein Lächeln und nahm den Rucksack ab. In den letzten Minuten war die Temperatur um fast zehn Grad gefallen, und Regen war unausweichlich. Der Himmel hatte sich verfinstert, und schwarze Wolken verhüllten den Gipfel. Der plötzliche Tiefdruck hatte den Wald stiller werden lassen, die Geräusche gedämpft und den Rindergeruch verstärkt.
    Stewie Woods ging auf das Rind zu, und Annabel folgte ihm im Abstand weniger Schritte.
    » Mit diesem Tier stimmt etwas nicht«, sagte Stewie und wollte herausfinden, was da im Argen liegen mochte.
    Als er nah genug gekommen war, erblickte er alles auf einmal: dass das Rind wie die übrige Herde hatte weglaufen wollen, aber mit einem Nylonseil angebunden war; die ängstlich verdrehten Augen des Tiers; den unförmigen Umriss von etwas Großem, Rechteckigem, das ihm auf den Rücken gebunden, dort aber völlig fehl am Platze war; den dünnen Draht der Antenne, die zitternd aus dem Paket auf dem Rücken des Tiers sah.
    » Annabel!«, rief Stewie, fuhr herum und wollte ihre Hand nehmen, doch sie hatte ihn überholt und stand nun zwischen ihm und dem Rind.
    Sie bekam die volle Wucht der Druckwelle ab, als das Tier detonierte. Die Explosion zerstörte die Ruhe der Berge mit der Wucht eines knochenzermalmenden Vorschlaghammers.
    Sechs Kilometer entfernt hörte ein Feuerwächter die kehlig klingende Explosion und hetzte mit einem Fernglas ans Geländer seines Wachturms. Über einer rot umrandeten Wolke aus Rauch und Staub sah er eine Douglastanne raketengleich in die Luft steigen, für einen Moment wie schwerelos schweben und dann in den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher