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Wild und frei

Wild und frei

Titel: Wild und frei
Autoren: Elizabeth Lane
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ließ die Arme herunterhängen und sah sie mit den unschuldigen Augen eines Kindes an.

17. KAPITEL
    “Dickon!” Rowenas Knie gaben vor Erleichterung nach, als sie den einfältigen jungen Mann erkannte.
    “Mistress?” Er blinzelte sie an, sein Blick so sanft wie der eines Kindes.
    “Du hast mir einen Schreck eingejagt, Dickon. Was machst du denn hier um diese Zeit?”
    “Wandern. Es gibt so viel zu sehen, wenn niemand unterwegs ist. Vögel. Hasen. Warum habt Ihr den Falken freigelassen, Mistress?”
    “Es war Zeit für den Falken, nach Hause zu fliegen.” Rowena sah ihn mit einem traurigen Lächeln an. “Warum bist du nicht auf dem Gut geblieben?”
    Dickon sah verlegen nach unten auf seine Stiefel, und eine Locke seines strohblonden Haares rutschte ihm in die niedrige Stirn, aber er gab keine Antwort.
    “Dir hat etwas Angst gemacht, nicht wahr? War es Master Savage?”, fragte sie, während sie sich an die Qualen erinnerte, die er im Kellerverlies ausgehalten hatte.
    Dickons einzige Antwort war, dass er seine Lippen zusammenpresste und die Unterlippe trotzig hervorschob.
    “Na ja, es ist schon gut. Komm mit mir zum Haus zurück”, sagte sie und dachte, dass es keine schlechte Idee wäre, ihn bei sich zu haben. “Es ist zwar noch etwas zu früh, um Bessie anzutreffen, aber wir werden sicher ein Stück übrig gebliebene Pastete für dich in der Speisekammer finden.” Dann, als sie seinen zögerlichen Gesichtsausdruck bemerkte, fügte sie hinzu: “Du brauchst keine Angst zu haben. Master Savage hat diesen Ort verlassen, er kommt nie wieder.” Als sie die Worte aussprach, war es, als würde ein Messer in ihrem Herzen umgedreht, aber andererseits machte sie einen weiteren kleinen Schritt vorwärts auf dem langen Weg, das Unabänderliche hinzunehmen.
    “Komm jetzt.” Sie zerrte an seinem kraftlos herunterhängenden Arm. “Der Wilde ist nicht mehr da, wenn ich es dir doch sage. Es ist niemand im Haus außer ein paar Dienern und Master Bosley, und der hat letzte Nacht so viel getrunken, da wird er wahrscheinlich …”
    Sie hielt inne, als sie gewahr wurde, wie sich Dickons hellblaue Augen vor Entsetzen weiteten. Er trat einen Schritt zurück, als wollte er wie ein zu Tode erschrockenes Tier davonstürzen. Erst da fiel ihr wieder ein, wann und wo sie ihn zuletzt gesehen hatte. Es war am Bett ihres Vaters, am Tag von Sir Christophers Tod.
    Sie packte sein Handgelenk so heftig, dass ihre Fingernägel kleine rote Halbmonde auf seiner Haut hinterließen. “Was hast du in der Kammer meines Vaters gesehen?” Ihre Stimme krächzte beinahe, so begierig war sie, mehr zu erfahren. “Sag es mir, Dickon! Du musst!”
    Er zitterte mittlerweile, und Tränen liefen über sein kindliches Gesicht. “Es war Master Bosley. Er und der alte Master haben sich gestritten, wurden immer böser miteinander. Ihr habt mir gesagt, ich soll im Zimmer bleiben, aber ich hatte so viel Angst, da hab ich mich hinterm Vorhang versteckt.” Er wischte sich die Tränen aus den Augen und versuchte, sich zu beherrschen. “Sie haben weitergekämpft, und dann hat Master Bosley ein Kissen genommen und es dem alten Master aufs Gesicht gedrückt. Oh, Mistress, ich wollt Euerm Vater ja helfen, aber ich hatte solche Angst … so viel Angst …” Seine Stimme verlor sich in einem weinerlichen Schluchzen.
    “Ganz ruhig …” Rowena streichelte ihm über den von Weinkrämpfen geschüttelten Rücken, während sie im Innersten schauderte, als sie sich die grässliche Tat vorstellte, deren Zeuge Dickon geworden war, und die Angst, die ihn davon abgehalten hatte, Sir Christopher zu Hilfe zu kommen. Aber es hatte keinen Sinn, jetzt die Schrecken der Vergangenheit noch einmal zu durchleben, da man doch nichts mehr daran ändern konnte. Ihr Vater war dahingegangen, und das Einzige, was sie jetzt noch für ihn tun konnte, war, seinen Mörder vor Gericht zu bringen.
    “Hör mir gut zu, Dickon!” Sie griff nach seinen rundlichen, geröteten Händen und hielt sie fest. “Du brauchst keine Angst zu haben. Es war richtig von dir, in dem Zimmer bei meinem Vater zu bleiben, wie ich es dir befohlen hatte. Aber jetzt gibt es noch einen letzten Dienst, den du mir und deinem Master erweisen musst. Versprichst du, das zu tun?”
    “Jawoll, Mistress.” Seine Finger zitterten zwar in ihrer Umklammerung, aber er sah sie aus klaren Augen und mit ernstem Blick an. “Was muss ich tun?”
    “Nur dies. Lauf und such den Wachtmeister Simon Butler. Du weißt doch, wo
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