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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition)
Autoren: Lena Klassen
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zu geben, ich könnte überleben. Ich werde nie erfahren, ob sie um Luckys Willen uns beiden die Rettung gegönnt hat, oder ob sie uns beide sterben sehen wollte. Ich werde nie erfahren, was größer war, ihre Liebe oder ihr Hass.
    Moon weiß nichts von Alfred, nichts von meiner wahren Hoffnung, die mit jeder Stunde schwindet. Wir haben noch vier Tage. Ich einen halben Tag weniger als Lucky. Oder sind es nur noch drei? Und wir sind nicht draußen, nicht bei Alfred und seiner Arznei, die bis zum fünften Tag wirkt, sondern hier. Immer noch in Neustadt.
    Sie machen keinerlei Anstalten, uns durchs Tor in die Wildnis zu entlassen.
    Der Husten würgt mich, zwingt mich in die Knie. Blut tropft aus meinem Mund auf den Boden, sprenkelt die helle Marmorfarbe mit fröhlichen Tupfern. Meine Träume sind gleich hinter meinen Augen. Ganz nah.
    Die Toten. Der See. Dunkle Gestalten schleichen unter den Bäumen umher, in denen die Vögel wispern. Orion sitzt am Ufer. Und die Schwäne fliegen. Jeska singt, und sie fliegen auf, in den Himmel. Sie fliegen und fliegen.
    Der Minister kommt nicht selbst. Vor dem, was wir in uns tragen, schreckt sogar der ehrwürdige Dr. Jubel Mozart zurück. Er schickt Happiness Zuckermann, gehüllt in einen riesigen weißen Anzug, eine Atemmaske vor dem Gesicht.
    »Es gibt ein Medikament gegen Morbus Fünf«, sagt sie als Erstes. »Es ist erst kürzlich entwickelt worden und streng geheim. Also ist noch nichts verloren. Du bekommst es, wenn du uns verrätst, wo wir Savannah Mozart finden.«
    Ich habe es ihnen gesagt. Die drei Hügel, habe ich mit einem blutigen Schwall aus meinem Mund ausgespuckt. Da wollten die Damhirsche hin.
    Das ist jetzt einen Tag her. Die Hubschrauber sind geflogen. Eine ganze Flotte, wetten? Aber sie haben nichts gefunden. Ich wusste nicht einmal, ob es da draußen irgendwo drei Hügel gibt. Aufs Geratewohl habe ich mir etwas ausgedacht. Selbst jetzt funktionieren die klaren Gedanken noch. Oder nicht? Plötzlich bin ich mir nicht sicher. Habe ich gesagt: drei Hügel? Oder habe ich vom Weißen Bach gesprochen?
    Irgendwann habe ich die drei Hügel erwähnt, ich bin mir sicher, aber ich weiß nicht mehr, wann. Das Fieber, das mich schüttelt, ist wie meine alte graue Wolke. Die Gedanken sind träge geworden, auf sie ist kein Verlass, hin und wieder tauchen sie auf und geben sich den Anschein von Weisheit, aber was sie zu mir sagen, ist wirr und nicht immer verständlich.
    Das Tor, sagen sie. Drängend. Immer lauter, sie schreien es mir ins Ohr. Du musst raus, durchs Tor! Du musst Alfred finden, solange noch Zeit ist!
    Ich habe nicht damit gerechnet, dass die Regs mich so lange festhalten würden, dass man mich hier sterben lässt. Ich will rausgeworfen werden aus Neustadt, zusammen mit Lucky.
    Die Tür geht auf, und hinter der Maske glänzen Happiness Zuckermanns Augen. »Du hast gelogen, Kind. Sag mir die Wahrheit. Willst du wirklich sterben?«
    Es ist das Fieber, das meine Zunge lockert. Ich rede im Traum. »Drei Hügel.«
    »Damit können wir nichts anfangen! Seit du es Frau Mozart gesagt hast, suchen wir danach. Wir brauchen mehr Informationen! Ich meine es gut mit dir, glaub mir. Ich will nicht, dass du stirbst.«
    Wenn ich Truth Mozart eine Lüge erzählt habe, was habe ich dann hier verraten?
    »Am Weißen Bach ist auch kein Lager. Verdammt, wo sind sie?«
    »Ich weiß nicht«, flüstere ich.
    Verdammt, hat sie gesagt. Oh Frühlingswetter, ich bin schockiert, und mitten in der Hitze und dem Fieber sitzen meine klaren Gedanken und lächeln über jeden, der seine wilden Gefühle offenbart.
    »Der Glücksminister wird nicht zulassen, dass ihr geheilt werdet, solange er seine Tochter nicht wiederhat.«
    Das Fieber wirft mich aufs Bett, neben Lucky, der den Arm um mich legt und mir ins Ohr hustet.
    Wir werden sterben.
    Etwas in mir ist besorgt. Was hast du alles erzählt? Vom Fluss? Vielleicht sogar von Alfred? Wie konntest du nur! Ich bin enttäuscht von mir, aber die Wolke dämpft den Schrecken.
    Stimmen vor der Tür.
    Die Klappe ist offen, daher höre ich alles. Ich erkenne Happiness, dann spricht eine Person, deren Stimme mir vertraut ist. Es ist die Stimme meines Vaters.
    »Sie brauchen mehr Zeit? Tut mir leid, die kann ich Ihnen nicht geben«, sagt er, so ruhig, als würde er sich über die Qualität des falschen Kaffees am Frühstückstisch beschweren.
    »Wir müssen die Kinder behandeln«, beharrt Happiness. »Peas weiß noch mehr, da bin ich mir sicher, aber die Zeit
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