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Wigges Tauschrausch

Wigges Tauschrausch

Titel: Wigges Tauschrausch
Autoren: Michael Wigge
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auch, dass es bei dem Hunde-Song um mehr ging als um Coatis Belustigung – er wollte einen Eindruck von meinem musikalischen Talent bekommen.
    Höflich erkläre ich ihm, dass ich (außer heute am Strand) noch nie gesungen habe und auch keine besonderen Talente bei mir in dieser Richtung sehe. Coati lässt sich davon nicht beeindrucken und verweist auf den Vertrag, in dem steht, dass ich mindestens 2 x 8 Rapzeilen schreiben und rappen muss. Ich willige mit einem sehr unguten Gefühl ein, da ich nicht die Verantwortung dafür tragen möchte, wenn ein toller Song plötzlich in pure Peinlichkeit ausartet.
    Aber das ist noch nicht alles, es gibt noch eine zweite Bedingung. Als Gegenleistung für diesen Tausch möchte er von mir eine weitere, noch peinlichere Gegenleistung, hier und jetzt am Venice Beach. Denn er möchte auch meine schauspielerische Leistung gerne testen.
    Ich spiele den heimlichen Liebhaber von Coatis Frau, der von ihm in flagranti erwischt wird und nun die ganze Wut eines betrogenen Puerto Ricaners zu spüren bekommt. Und alle können zusehen.
    Aber ich will diesen Gutschein unbedingt haben, er könnte Gold wert sein. Kaum haben wir uns die Hand gereicht, um die Sache zu besiegeln, schreit Coati mich wie von der Tarantel gestochen lautstark auf Spanisch an. Als der erste Schrecken weicht, wird mir klar, dass wir uns schon mitten in der Szene befinden. Coatis Schreierei nimmt kein Ende, und seine spanischen Flüche sind nicht von schlechten Eltern.
    »Hombre, muy peligroso, muerto, rapido, la mujer, sexo, sexo, sexo!«
    Skateboarder und Radfahrer halten erschrocken an. Eine Frau fragt mich verängstigt, ob ich Hilfe brauche. Doch ich darf ihr leider nicht antworten. So verteidige ich mich auf Deutsch.
    »Coati, Coati, es tut mir leid, das mit deiner Frau! Es war keine Absicht, ist einfach so passiert und wird nie wieder vorkommen! Bitte alles, nur keine Gewalt!«
    Doch Coatis lateinamerikanisches Temperament kommt nicht zur Ruhe, er treibt mich auf den Fahrrad- und Inlineskateweg am Strand, so dass alle Passanten erschrocken stehen bleiben müssen. Er schreit immer weiter auf Spanisch auf mich ein, als würde ihn seine Eifersucht in den Wahnsinn treiben. Und dann, ganz unerwartet, wechselt er ins Englische und schreit:
    »Los jetzt, fünf einarmige Liegestütze, hopp, hopp! Mach schon!«
    Ich dachte bis zu diesem Zeitpunkt immer, dass ich nie fünf Liegestütze auf einem Arm machen könnte – doch es geht. Wahrscheinlich treibt mich die Angst vor dem Geschrei wirklich zu Höchstleistungen an. Als ich den fünften Liegestütz schaffe, fangen die Passanten an, sichernsthafte Sorgen um mich zu machen, und fragen immer wieder, ob ich Hilfe brauche. Doch schon ist der Spuk vorbei, die Szene abgedreht, und Coati Mundi ist wieder der lustige kleine Mann, der sich vor Lachen kaum halten kann. Die Passanten sind total verwirrt und schauen uns erschrocken an. Coati gratuliert mir, schüttelt meine Hand und überreicht mir den Gutschein für die 25 prozentige Beteiligung am Song.
    Dann also gleich ab mit Coati ins Studio. Zusammen mit Kameramann Jakob entwickele ich zwei Rap-Strophen mit jeweils 16 Zeilen, die Coati später mit seinen eigenen Songeinlagen und Melodien mischen wird. Hier das Ergebnis:
     
    Jeder weiß es – das ist die Mission des Jahres.
    Ohne Geld zum Haus, und keiner glaubt, dass es wahr ist.
    Nummer eins, bin in Mainz, der Apfel ist gleich nicht mehr meins.
    Nummer zwei, Apfel weg, Zigaretten eingesteckt.
    3,4,5,6,7,8, Barterman ist aufgewacht.
    In der Schweiz dann 9 und 10, und ich muss nach Indien gehen.
    Tausch für Tausch nach oben, ja es stimmt, der Weg ist sehr weit,
    Handeln ist nicht immer leicht, und manchmal tut’s mir sehr leid.
    Schlitten, Tee und rohes Fleisch, Barterman, was soll der Scheiß?
    Hochgetauscht, dann Niederlage, so vergehen viele Tage.
    Mit feinster Seide vollgepackt von Indien nach Australien.
    Der Reiche lacht und jubelt: Gib den Krokos die Fressalien.
    Tansania, Kenia, ups, ich bin in Afrika.
    B arterman will Edelsteine, doch hier lauert die Gefahr,
    Deshalb auf den höchsten Berg, natürlich will ich hoch raus.
    Die Aussicht lässt mich träumen, und ich denke an ein Hochhaus.
     
    Wach auf, los jetzt, bin in Südamerika,
    Keine Palmen und kein Strand, dafür aber Tauschmekka.
    Bin verwirrt, wo bin ich hier, alle sprechen deutsch mit mir,
    Schützenfest und Volksmusik, hab ich mich wohl im Land geirrt.
    Auto, Vogel, Nasenbär, doch der Letzte mag nicht
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