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Wienerherz - Kriminalroman

Wienerherz - Kriminalroman

Titel: Wienerherz - Kriminalroman
Autoren: emons Verlag
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diesem Zustand die Höhenstraße hinauf- und auch noch in den Waldweg gekommen sein.«
    »Kann man schaffen. Wenn man, wie gesagt, den Zustand gewohnt ist.«
    Canella musste es wissen. Er hatte selbst eine Zeit lang gesoffen, bis Freund ihn zur Vernunft gebracht hatte.
    »Sonst etwas Ungewöhnliches? Auffälliges?«
    Canella trat die Zigarette aus.
    »Gar nichts. Weder im noch um das Auto. Seine Handys haben wir in den Hosentaschen gefunden. Bekommst du. Suizid, nach allem, was meinen Part betrifft. Von mir aus kannst du den Pepe beruhigen.«
    Als Petzold von der Toilette zurückkam, fand sie Doreens entgangenen Anruf auf dem Display ihres Mobiltelefons. Außerdem hatte sie eine Kurznachricht erhalten:
    »Bin ein paar Tage in Paris. Melde mich, wenn ich zurück bin. Lg D«.
    Paris. Auch eine schöne Stadt. Petzold legte das Handy zurück und schielte durch die Tür ins Nebenbüro zu Lukas Spazier. Ihr Kollege saß konzentriert vor seinem Computer und bemerkte sie nicht.

Wo waren die Zeiten
    Freund verfluchte Wanek. Ihre Erkenntnisse hatten ihm eine Laus ins Hirn gesetzt. Die meiste Zeit ruhte sie. In diesen Phasen wollte Freund den Akt schließen. Justament dann rührte sie sich wieder. Wenn Florian Dorin keinen Selbstmord begangen hatte? Der Faktenlage nach war die Wahrscheinlichkeit dafür sehr gering. Freund müsste Ermittlungen einleiten, Befragungen der Angehörigen, schmerzhafte. Genug zu tun hatte seine Gruppe ohnehin. Die Leiche ohne Kopf aus der Lobau war noch immer unidentifiziert, sie hatten weder Verdächtige noch Motive. Bei dem erschossenen Drogendealer von letzter Woche kamen sie auch nicht weiter.
    Er staute sich durch den Abendverkehr in den fünften Bezirk. Zeit zum Abwägen. Aber eigentlich hatte er sich schon entschieden.
    In der Rittergasse fand er sogar einen Parkplatz. Er kam nicht besonders gern her, obwohl es eine der vielen netten Ecken in Margareten war, die Straßen seiner Kindheit und Jugend. In der Altbauwohnung im dritten Stock, zu der ihn der enge Fahrstuhl brachte, hatte sich seither nichts verändert. Aus seinem Kinderzimmer war später ein Hobbyraum für seinen Vater geworden. Jetzt wohnten dort die Pflegerinnen.
    Seit ein paar Jahren litt sein Vater zunehmend an Demenz. Zuerst war er noch mit stundenweiser Betreuung ausgekommen. Dann hatten sie ihn zu sich genommen. Das hatte nicht funktioniert. Claudia hatte Freund die Pistole auf die Brust gesetzt. Mitten in einem der ekelhaftesten und aufsehenerregendsten Fälle, die er je zu ermitteln gehabt hatte, musste er auch noch Betreuung organisieren. Das slowakische Ehepaar hatte sich für die Anfangszeit bewährt.
    Nach Abschluss des Falles hatte er die Dinge in geordnete Bahnen gelenkt, Pflegehilfe beantragt und bewilligt bekommen. Seither wurde sein Vater rund um die Uhr betreut. Die Pflegekräfte wohnten bei ihm. Sie wechselten sich im Wochenrhythmus ab. Zum Glück hatte Freund die alte Wohnung noch behalten, als er seinen Vater zu ihnen geholt hatte. Eigentlich war sie zu groß für einen alten Mann und eine Pflegerin, aber die Miete war günstig. Bei Freund und seiner Familie hatten sie das Arbeits-Gäste-Zimmer für den Vater geräumt, aber für die Betreuerinnen wäre kein Platz mehr gewesen. Also sah er so oft wie möglich vorbei.
    Vor der Rückübersiedlung seines Vaters hatten sie ausgemistet und ausgemalt, um den Mief der vergangenen sechzig Jahre zu vertreiben. Für seinen Vater war es einerlei. Genauso wie Freunds Besuche. Er erkannte seinen Sohn ebenso wenig wie sein Heim. Nur ganz selten sprang noch eine Funke Erinnerung in seinen Geist, dann redete er die Pflegerin mit dem Namen seiner verstorbenen Frau, Freunds Mutter, an oder hielt seinen Sohn für einen längst dahingeschiedenen Arbeitskollegen. Freund blieb selten lange. Er wechselte ein paar Worte mit der gerade anwesenden Pflegerin, erkundigte sich nach ihrem Befinden, hoffte, dass sein Vater sie nicht zu sehr quälte. Körperlich war Oswald Freund noch immer der zähe Kerl, der er sein Lebtag gewesen war. Manchmal leistete Freund ihm Gesellschaft beim Abendessen, ohne selbst etwas zu sich zu nehmen. Das tat er später zu Hause mit Claudia und den Kindern.
    Heute war ein guter Tag gewesen, berichtete die Pflegerin, diese Woche war Lusiana dran. Er hatte sie weder beschimpft noch zu schlagen versucht. Die längste Zeit hatte er Opern gehört. Zeitlebens hatte ihn das beruhigt, Freund glaubte sogar, dass es das Einzige war, was Oswald Freund in seinem Leben
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