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Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Wiedersehen mit Mrs. Oliver

Titel: Wiedersehen mit Mrs. Oliver
Autoren: Agatha Christie
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eigenen Sorgen beschäftigt sind als mit der Weltpolitik«, bemerkte er.
    »Meinethalben kann die Welt untergehen«, sagte Alec Legge bitter. »Ich scheine mich auf der ganzen Linie zum Narren gemacht zu haben.«
    »Ja, vielleicht haben Sie etwas unbedacht gehandelt, aber im Großen und Ganzen haben Sie einfach Pech gehabt.«
    Alec Legge starrte ihn an.
    »Wer hat Ihnen den Auftrag gegeben, mir nachzuspionieren? War es Sally?«, fragte er empört.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Da sich offiziell nichts ereignet hat, bin ich zu der logischen Schlussfolgerung gelangt, dass Sie in privatem Auftrag hergekommen sind.«
    »Sie irren sich«, erwiderte Poirot. »Ich habe Sie niemals beobachtet. Als ich hierher kam, habe ich nicht einmal von Ihrer Existenz gewusst.«
    »Woher wollen Sie dann wissen, dass ich Pech hatte oder mich zum Narren gemacht habe?«
    »Nur weil ich nachgedacht und einiges kombiniert habe«, antwortete Poirot. »Soll ich eine kleine Vermutung aussprechen, und wollen Sie mir sagen, ob sie richtig ist?«
    »Sie können so viele Vermutungen aussprechen, wie Sie wollen, aber erwarten Sie nicht, dass ich meinen Kommentar dazu abgebe«, erklärte Alec Legge.
    »Ich glaube, dass Sie vor ein paar Jahren, ebenso wie andere Wissenschaftler, für eine bestimmte politische Partei Sympathie und Interesse gezeigt haben«, begann Poirot. »Bei Leuten Ihres Berufes steht man diesen Sympathien automatisch misstrauisch gegenüber. Ich bin davon überzeugt, dass Sie sich niemals ernsthaft kompromittiert haben, aber dass Ihnen nahe gelegt wurde, auf eine Weise Stellung zu nehmen, die Ihnen nicht passte. Daraufhin versuchten Sie, sich zurückzuziehen, und Sie fanden sich bedroht. Man verlangte, dass Sie einen bestimmten jungen Mann treffen sollten – ich bezweifle, dass ich seinen Namen jemals erfahren werde. Für mich wird er wohl immer der junge Mann im Schildkrötenhemd bleiben.«
    Alec Legge lachte plötzlich laut und herzlich.
    »Das Hemd war wirklich ein Witz, nur hatte ich damals keinen Sinn für Humor.«
    Hercule Poirot fuhr fort:
    »Die Sorge um das Schicksal der Welt und um Ihre eigenen Probleme ließ Ihnen keine Zeit für Ihr Privatleben, und es wäre deshalb für eine Frau fast unmöglich gewesen, mit Ihnen glücklich zu sein. Leider hatten Sie nicht den Wunsch, sich mit Ihrer Frau auszusprechen; und das war ein Jammer, denn ich halte Ihre Frau für treu und anhänglich. Sie hätte sich bestimmt auf Ihre Seite gestellt, wenn sie gewusst hätte, wie verzweifelt unglücklich Sie waren. Statt dessen begann sie, Sie mit ihrem früheren Freund Michael Weyman zu vergleichen, und der Vergleich fiel nicht zu Ihrem Vorteil aus.«
    Poirot stand auf.
    »Ich möchte Ihnen den Rat geben, Ihre Sachen so schnell wie möglich zusammenzupacken, Ihrer Frau nach London zu folgen, sie um Verzeihung zu bitten und ihr alles zu erzählen, was Sie durchgemacht haben.«
    »Das raten Sie mir also«, meinte Alec Legge. »Und darf ich fragen, was Sie das angeht?«
    »Es geht mich gar nichts an«, erwiderte Hercule Poirot und ging zur Tür. »Aber ich habe immer Recht.«
    Es folgte ein kurzes Schweigen; danach brach Alec Legge in ein wildes Gelächter aus.
    »Sie werden lachen«, sagte er, »ich werde Ihrem Rat folgen. Eine Scheidung ist verflucht teuer, und außerdem ist es eigentlich eine Schande, wenn man es nicht fertig bringt, die Frau, die man liebt, zu halten. Finden Sie nicht? Ich werde nach Chelsea in ihre Wohnung gehen, und wenn ich dort Michael Weyman vorfinden sollte, werde ich ihn mit seinem handgestrickten Schlips erwürgen. Das würde mir einen Riesenspaß machen.« Plötzlich breitete sich ein charmantes Lächeln über sein Gesicht. »Bitte verzeihen Sie mir meine widerlichen Temperamentsausbrüche, und tausend Dank!«
    Er schlug Poirot so herzlich auf die Schulter, dass dieser strauchelte und fast hinfiel. Die Freundschaft des jungen Mr Legge war unbedingt schmerzhafter als seine Feindschaft.
    M. Poirot verließ das Mühlenhaus auf schmerzenden Füßen; er blickte zum dunklen Abendhimmel empor und fragte sich: Wohin gehe ich jetzt?

20
     
    A ls Hercule Poirot hereingeführt wurde, blickten der Polizeichef und Kommissar Bland interessiert auf. Der Polizeichef war nicht sehr gut gelaunt. Bland hatte es nur durch große Beharrlichkeit erreicht, dass er seine private Verabredung für den heutigen Abend abgesagt hatte.
    »Jawohl, Bland, ich weiß, dass der kleine Belgier früher eine Kanone war«, hatte er zugegeben, »aber die
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