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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
Autoren: dtv
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an weiblicher Gesellschaft gemangelt, um sie auszuleben.
    In jenem letzten Sommer, als Margots Vorliebe für Julian immer deutlicher wurde, genoss er sichtlich ihre Gesellschaft. Für mich schien er eher der Sammler zu sein als der Liebhaber, und das sagte ich ihr auch. Es war am Abend des Rosenballs, und ich hatte Margot seither nicht mehr gesehen. Es war bemerkenswert, dass dies unsere letzten Worte gewesen waren.
    In der Großen Halle drängten sich bereits die Gäste, als Margot mich hinunterführte. Es war ein schönes Bild. Die Lampen tauchten den alten Raum in ein anheimelndes Licht, und das riesige Kaminfeuer zischte und knackte mit gottloser Wildheit. Vor diesem Hintergrund nahmen sich die tadellos zurechtgemachten Gäste seltsam tröstlich aus. Die strengen schwarzen Umrisse der Männer wirkten durch die fließenden pastellfarbenen Frauenkleider weicher. Erst der Krieg hatte mich die beruhigende Gewissheit, die Menschen in Abendgarderobe verströmten, schätzen gelehrt.
    Die Gesellschaft war in etwa so groß wie früher, nur hätte ich damals jeden einzelnen Gast gekannt. Nun ließ ich Margot ziehen und blieb zurück, um die Szene zu betrachten und den Gesichtern Namen zu geben.
    Den Londoner Bankier und seine Frau, die sich mit dem alten Colonel Rolleston unterhielten, hatte ich schon in Hannesford gesehen, wenn auch nur selten und nie vor Weihnachten. Vermutlich zwei von Margots Langweilern. Daneben standen die Finch-Taylors, die regelmäßig eingeladen wurden. Laura Finch-Taylor war in meinem Alter, ihr Ehemann deutlich älter, etwa wie Sir Robert, und er schien sich seit unserer letzten Begegnung im Umfang verdoppelt zu haben. Die beiden unterhielten sich mit einem gut aussehenden Mann von etwa vierzig, den ich nicht kannte.
    Als Margot auf sie zuging, drehten sich alle drei um. Diese Wirkung hatte sie immer. Daran hatte sich zumindest nichts geändert.
    In der Mitte des Raums hielt Lady Stansbury neben einem hochgewachsenen jungen Mann von achtzehn oder neunzehn Jahren Hof. Als er mich entdeckte, löste er sich aus der Gruppe und kam zu mir herüber.
    »Hallo, Tom«, begrüßte er mich freundlich. »Erinnerst du dich an mich?«
    »Bill!« Das jüngste Kind der Stansburys war bei meinem letzten Besuch dreizehn gewesen. »Meine Güte, bist du gewachsen. Ich hätte dich nie und nimmer erkannt.«
    Was auch stimmte. Bill Stansbury war ein unauffälliges Kind gewesen, ein bisschen ehrfürchtig gegenüber seinen älteren Geschwistern und etwas blass, als hätten sie ihm das ganze Licht genommen. Ich erinnerte mich an seine stille Bewunderung für Harry.
    »Wir sind alle so froh, dass du es einrichten konntest. Freddie Masters sagt, es sei dein letzter Urlaub. Stimmt das?«
    »Sieht so aus.« Ich hatte mir schon lange abgewöhnt, definitive Aussagen über meine Zukunft zu machen.
    Der junge Mann lächelte warmherzig. »Wenn Freddie das sagt, wird es wohl stimmen. Er hat meistens recht. Ich wage zu behaupten, dass dir die Armee sehr fehlen wird, wenn eserst vorbei ist. Ich sollte dich warnen, das Zivilleben ist ganz schön öde.«
    Erst da dämmerte mir, dass Bill Stansbury alt genug war, um selbst Uniform getragen zu haben. Der Gedanke war ziemlich schockierend.
    »Das kann schon sein«, erwiderte ich ernst. »In welchem Regiment hast du gedient?«
    »Bei den Devonshires, genau wie Harry. Natürlich habe ich es erst rübergeschafft, als alles vorbei war, was ich ziemlich ärgerlich fand. Denny Houghton da drüben ist es ähnlich gegangen. Er hat den Krieg auch verpasst. Es ist schrecklich, dass wir unseren Beitrag nicht leisten konnten.« Er senkte die Stimme und beugte sich zu mir. »Aber nach dem, was mit Harry und Reggie passiert ist, war Mutter natürlich außer sich bei dem Gedanken, dass ich auch gehe. Und Vater … Du weißt ja, wie sehr er Harry geliebt hat. So wie wir alle. Es hat den alten Herrn ganz schön mitgenommen.«
    »Und Reggie?« Ich schaute mich um. »Jemand hat mir erzählt, er erhole sich gut.«
    »Oh, ja, ganz hervorragend! Du weißt ja, Reggie war immer ein Kämpfer.« Er wirkte etwas verlegen, als er das sagte. »Er ist heute Abend nicht hier. Ihm ist noch nicht nach Gesellschaft zumute. Er will noch ein bisschen im Sanatorium in Cullingford bleiben. Die Einrichtung ist ausgesprochen gut, es sind viele Offiziere da. Die Ärzte und Schwestern arbeiten ausgezeichnet.« Er beugte sich noch weiter vor. »Tom, ganz unter uns, Mutter möchte mit dir über Reggie sprechen …«
    Dann richtete
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