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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman
Autoren: dtv
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er sich auf und trat einen Schritt zurück, als hätte er ein schwieriges Thema angemessen bewältigt und könnte jetzt zu angenehmeren Dingen übergehen. »Sag mal, hast du das mit Freddie gehört? Sie verleihen ihm den Verdienstorden. Ist das nicht großartig?«
    Freddie Masters, der Kriegsheld. Die Welt war schon sonderbar.
    »Ja, das habe ich gehört. Ist er hier? Er wollte etwas mit mir besprechen.«
    »Er musste nach Crowmarsh, um seine Tante zu besuchen«, meinte Bill grinsend. »Er sagt, sie sei die reichste unverheiratete Tante Europas, und ihr Wunsch sei ihm Befehl. Mutter hat ihm freigegeben. Er kommt zur Schlafenszeit zurück.«
    Bill Stansbury schien es zu genießen, mit mir durch den Raum zu schlendern, mich Leuten vorzustellen und gelegentlich kleine Kommentare hinzuzufügen, die nur für mich bestimmt waren. Wenngleich ich seine Bewunderung etwas befremdlich fand, lag in seiner Begeisterung doch etwas von der Fröhlichkeit und Aufregung, die ich so schmerzlich vermisst hatte.
    »Mal sehen, Tom, wen haben wir als Nächstes … Mit Denny Houghton verschone ich dich fürs Erste – prachtvoller Bursche – wir waren zusammen in der Schule –, aber er ist eigentlich nur zur Jagd hergekommen. Mama hat darauf bestanden, weil sie so knapp an jungen Männern ist … Die Finch-Taylors kennst du natürlich. Es heißt, durch den Krieg sei der alte Horatio noch reicher geworden. Und sieht Laura nicht prächtig aus?« Bill wurde ein bisschen rot. »Sie sagt, ich wäre Harry sehr ähnlich, das ist doch verdammt anständig von ihr.«
    In ebendiesem Moment schaute Laura Finch-Taylor zu uns herüber, und ihre Augen schossen von mir zu Bill und wieder zurück, wobei ein katzenhaftes Lächeln über ihr Gesicht huschte. Dann, bevor einer von uns etwas sagen konnte, wandte sie sich wieder ihrem Mann zu, ruhig und distanziert wie zuvor. In einem Land voller Witwen erschien ihre Gattenwahl auf einmal nicht mehr exzentrisch, sondern erstaunlich weitsichtig. Ihr Lächeln blieb unergründlich wie das der Sphinx; ich hatte nie wirklich begriffen, was hinter ihren dunklen Augen vorging.
    »Dort drüben bei meiner Mutter steht Violet Eccleston«, fuhr Bill fort. »Sie ist die Tochter eines alten Freundes von Vater. Vater hatte sich vor einigen Jahren mit ihm zerstritten, doch sie haben sich versöhnt, als Harry starb. Eccleston hat ihm einen äußerst anständigen Brief geschrieben. Leider ist Violet ziemlich anstrengend. Sehr modern . Sie lebt allein in einer Wohnung und studiert in der British Library Wirtschaft.« Er sprach das Wort aus, als litte sie unter einer leicht unappetitlichen Krankheit. »Vater kann sie nicht ertragen, musste sie aber einladen, um keine alten Gräben aufzureißen. Und Mama sagt, wir hätten beim Neujahrsball ohnehin zu viele junge Frauen. Sie macht sich schreckliche Sorgen wegen der Tanzerei.«
    »Was ist mit Susan? Ich habe sie noch gar nicht gesehen.« Sie war Margots jüngere Schwester.
    »Sie kommt morgen her«, erwiderte Bill fröhlich. »In letzter Zeit ging es ihr nicht so gut. Nur übermüdet, wie die Ärzte sagen. Es war natürlich scheußlich für sie, Oliver so rasch zu verlieren. Mutter meint, sie solle besser wieder bei uns einziehen, aber Susan will nichts davon hören. Sie wohnt in Olivers Haus am Huntingdon Square …«
    Susan Stansbury war nur wenige Monate mit Oliver Eastwell verheiratet gewesen, als er starb. Er hatte zu Harrys engstem Kreis gehört, ein gutmütiger Bursche, reich und beflissen, der den geistreichen Stansburys immer ein wenig hinterherhinkte. Seine Verlobung mit Susan hatte mich überrascht, und ich hatte mich gefragt, wie um Himmels willen sie Oliver für den Rest ihres Lebens ertragen sollte. Nun, da sich diese Frage erübrigt hatte, bekam ich ein äußerst schlechtes Gewissen.
    »Und Margot?«, fragte ich beiläufig und fuhr fort, die versammelten Gäste zu betrachten. »Wie ist es ihr ergangen?«
    »Du kennst ja Margot!«, sagte Bill mit einer lässigen Handbewegung. »Wie immer. Natürlich war es schlimm, Julian aufdiese Weise zu verlieren. Es hieß immer, sie seien füreinander bestimmt. Und es war sicher schrecklich, ihn all die Monate so zu erleben. Letztlich war es ein Schock, als er plötzlich starb, aber auch ein Segen, für ihn und Margot. Sie war furchtbar durcheinander wegen der ganzen Sache, aber sehr tapfer.«
    Vom anderen Ende des Raums her erklang leises Gelächter, als wollte sie ihre Widerstandskraft betonen. Margot Stansbury hielt stand, auch
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